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Geld im Mittelalter

Geld im Mittelalter

Titel: Geld im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Le Golf
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aus denen ihre täglichen Kursschwankungen zum Pariser und zum Tourneser Pfund zu ersehen waren. Die königliche Rechnungsprüfung setzte, wie wir bereits gesehen haben, erst Anfang des 14. Jahrhunderts mit der Einrichtung einer »Hofzahlmeisterei« (chambre aux deniers) ein, die seit 1320 der Rechnungskammer (chambre des comptes) unterstand. Im 13. Jahrhundert mussten die Kronbeamten und die Bauern dreimal pro Jahr das Geld zum Schatzamt bringen und ihre Buchführung vorlegen: am Tag des hl. Remigius, später an Allerheiligen, an Mariä Lichtmess und an Christi Himmelfahrt oder am achten Tag nach diesen Hochfesten.
    Mithin organisierte die Monarchie der Kapetinger ihre Finanzen und insbesondere ihre Rechnungsführung vergleichsweise früh, doch hat sich bis heute nur ein kleiner Teil der königlichen Abschlussrechnungen erhalten, für die frühe Periode lediglich drei Rollen der Jahre 1202/03, die Ferdinand Lot und Robert Fawtier 1932 veröffentlichten und als den ersten Haushalt der Monarchie bezeichneten. 36 Daraus geht hervor, dass die Einnahmen des Königtums 197 042 Pariser Pfund und 12 Sous und die Ausgaben 95 445 Pfund betragen haben. Ludwig der Heilige, der die Krondomäne im Jahr 1240 durch den Erwerb des Mâconnais vergrößerte und die Wälder sorgsam pflegen ließ (sie machten ein Viertel der Erträge aus den Ländereien aus), verlangte einen möglichst genauen Bericht über seine Einnahmen. Erhalten sind jene aus den Jahren 1234, 1238 und 1248; die Abschlussrechnung der königlichen Prévôts und Baillis vom Himmelsfahrtstag des Jahres 1248 wird als ein Meisterwerk der Dokumentation angesehen und diente lange als Vorbild. Damit bestätigt die Regierung Ludwigs des Heiligen die Einschätzung von Marc Bompaire, dass »Münzgeld als ein bevorzugtes Prestigemittel, als Einheitsfaktor, aber auch als Einkommensquelle an der Entstehung des modernen Staates teilhatte«. Wie er betont, war neben diesem politischen Aspekt auch die »Monetarisierung« der Ökonomie für die wachsende Verbreitung und Bedeutung des Münzgeldes förderlich. Der brasilianische Historiker João Bernardo kommt in einer groß angelegten Studie 37 zu dem Schluss, dass die Verbreitung des Geldes in Europa während des langen 13. Jahrhunderts vor allem mit dem Übergang der familiär-persönlichen Lehnsverhältnisse zu einer künstlich-unpersönlichen Staatsfamilie zusammenhängt. Geld wäre nach seinem Dafürhalten folglich ein bestimmender Faktor des sozialen Wandels.
    Weit entfernt von solchen Erwägungen kümmerte sich Ludwig der Heilige wie alle Christen seiner Epoche, die in erster Linie auf ihr Seelenheil bedacht waren, in seiner Eigenschaft als König auch um das Seelenheil seiner Untertanen. Seine Bemühungen, das Königreich mit einer starken Münze auszustatten, gründeten vor allem in seinem Bestreben, auch im Güterverkehr Gerechtigkeit walten zu lassen. Zweifellos kannte er die Begriffsbestimmung Isidors von Sevilla und hatte sie verinnerlicht: moneta kommt von monere , »mahnen«, weil sie vor allen Arten von Betrug und Fälschung, sei es des Metalls, sei es des Gewichts, warnt. Es ist ein Kampf gegen die »schlechte« Münze, die Falschmünze, falsa moneta , oder die »betrügerische« Münze, defraudata moneta , ein Bemühen um die »gute«, die »wahre und ehrliche« Münze. Dank dieser moneta , die ihm in wachsenden Mengen zufloss, konnte der König sich einen Wunsch erfüllen, der in der christlichen Religiosität, wie wir noch sehen werden, im 13. Jahrhundert einen noch höheren Stellenwert besaß als ehedem: die caritas . Der König war ein großer Almosenspender, und diese Almosen wurden zum Teil in Naturalien, zum Teil in barer Münze gegeben. Auch hier kann also ein wachsender Umlauf von Münzen im 13. Jahrhundert beobachtet werden.
    Ein eigenartiger Organismus: die Hanse
    Seit dem 12. Jahrhundert entwickelte sich noch ein anderes Gebilde, das kein Staat war, zu einer wirtschaftlichen, sozialen und politischen christlichen Großmacht und bezog den Norden und Nordosten der Christenheit in die kommerzielle Revolution des 13. Jahrhunderts ein: die Hanse. Sie nahm Gestalt an, als die Stadt Lübeck als Tor in Richtung Osten 1158 gegründet wurde. Rasch gelangte die Stadt an die Spitze der Hanse und behielt diese Position bei. Die Hanse bestand aus Kaufmannsverbänden der wichtigsten Handelsstädte der Region, die ihre Aktivitäten ausweiteten und den Handel der Flamen und deutscher Kaufleute, vor allem der zahlreichen

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