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Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Sander
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Entscheidungen. Sollte ich Verstärkung anfordern? Körperkraft anwenden? Die Waffe ziehen? Alles tausendmal geübt und durchgezogen. Leider nur mit Kriminellen.
    »Wie siehst du denn aus?« Sie zeigte auf mein Hemd, das noch von zwei Knöpfen zugehalten wurde.
    Das Stiegenhauslicht erlosch und ließ uns im Dunkel zurück. Vielleicht war Bettina verschwunden, sobald das Licht wieder anging? Oben drückte jemand einen Taster. Falsch gedacht. Hoffentlich hatte ich meine Shorts richtigherum an. Es war unangenehm zugig. Bratengeruchsreste und Kohldüfte drangen herein. Vom warmen Bett ins kalte Wasser. Auf den Atem konzentrieren. Kühlen Kopf bewahren. Ich stellte mir die Konsequenzen einer Bettina-Julia-Begegnung vor, allesamt unschön. Rein technisch mochten wir getrennt sein, aber dieses Detail würde mich nicht retten. Bettinas Ausbrüche bargen immer eine gewisse Sprengkraft.
    Treppab hüpfende Schritte näherten sich.
    »Na, Sie haben wohl immer was in Arbeit«, sagte Willi Weichselbaum laut und vergnügt. »Nach Bulgarien brauchen Sie sicher nicht.« Er zwinkerte uns im Vorbeigehen zu.
    Ich nahm mir vor, ein ernstes Wort mit ihm zu reden.
    Bettinas Augen verengten sich merklich.
    »Er macht eine Kur«, erklärte ich schnell. »In Bulgarien.«
    Aus der Wohnung drang ein Poltern. Julia musste gegen die Lampe gestoßen sein.
    »Hast du Besuch?«, fragte Bettina ungläubig. Die Enthüllungsjournalistin hatte Blut geleckt.
    Nun lag tatsächlich ein Notfall vor. Julia räkelte sich im Reaktorbecken und nur eine dünne Ziegelwand stand zwischen mir und einer Katastrophe. Ich wischte mit dem Handrücken über den Mund und hoffte, damit Lippenstiftspuren zu beseitigen. Wenigstens hatte ich meinen Brennstab unter Kontrolle.
    Ich entschied mich dafür, Verstärkung anzufordern. »Poldi«, krächzte ich.
    »Poldi ist bei dir?«
    »Er ist völlig verzweifelt«, sagte ich. »Wir haben ein bisschen getrunken.« Ich zupfte an meinem verknitterten Hemd.
    »Wieso  … «
    »Wegen Susi.«
    »Susi?«, rief Bettina alarmiert. »Hat sie ihn verlassen? Betrogen?«
    Ich nickte, hob meine Schultern und breitete die Hände aus. »Ihm geht’s sehr schlecht«, sagte ich mit Grabesstimme.
    »Susi war immer schon so flatterhaft«, sagte Bettina. »Der arme Poldi.«
    »Er soll erst mal bei mir übernachten.«
    »So ein Miststück.«
    »Und morgen sieht die Welt schon ganz anders aus«, sagte ich hoffnungsvoll.
    »Dich sieht sie auch immer so an, diese Schlampe.« Sie stellte ihre Tasche wieder ab. »Ach, ihr Männer«, sagte sie mit sanfterer, beinahe mütterlicher Stimme. »Eure Gefühle in Alkohol zu ertränken, ist keine Universallösung.« Sie lächelte gönnerhaft. »Sag ihm, er muss mit ihr reden, das ist das Einzige, was hilft.«
    Ich versprach, Poldi gut zuzureden.
    »Da lasse ich euch lieber allein«, sagte sie. »Ich werde bei Mama übernachten.« Bettina holte befriedigt Luft. »Die Susi. Das war ja nur eine Frage der Zeit.« Sie kniete sich zur Tasche und kramte darin.
    Vom Keller her hörte ich Flaschenklirren.
    »Deine Pistole lasse ich dir aber da«, sagte sie und stand mit meiner Steyr GB in der Hand wieder auf.
    In meinen Ohren brauste es. Bewaffnet war sie also auch. Hoffentlich blieb Julia drinnen.
    Willi Weichselbaum stieg mit zwei Bierflaschen die Treppe hoch. Er starrte auf die Waffe wie ein Goldfischglasbewohner. Klugerweise verkniff er sich diesmal jede Bemerkung und verschwand schnell nach oben.
    »Poldi kann froh sein, dass er einen Freund wie dich hat.« Bettina reichte mir die Pistole.
    Magazin heraus, Schlitten zurück. Nicht geladen. Gut.
    »Und sag ihm, er soll sich ein anderes Aftershave suchen«, murmelte sie. »Seines riecht so süßlich.« Sie gab mir eine Plastiktüte mit Reservemagazinen und Munition.
    »Danke, Bettina«, sagte ich mit letzter Kraft.
    Sie ging wieder. Ich schloss die Tür und lehnte mich dagegen. Jetzt war Stressabbau gefragt.

8
    Julia war nach einem schnellen Frühstück gefahren. Ich saß in Shorts und T-Shirt mit einer zweiten Tasse Kaffee am Tisch und kritzelte auf einem karierten Block herum.
    Kasberger lieferte Informationen über lohnenswerte Diebstahlsobjekte und wurde dafür bezahlt. Bloderer gab die Infos weiter. Dass er selber einbrechen ging, glaubte ich nicht. Wann sollte er das machen, neben seinem Job, der Informantenbetreuung und dem Muskeltraining? Ich malte ein Schiff mit Schornstein.
    Laut Poldi wurden derzeit viele Einbrüche verübt. Möglich, dass ein Teil davon auf

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