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Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Sander
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ich ihr nicht, um die Ermittlungen nicht unnötig zu kontaminieren.
    »Meinem Bekannten zufolge sind gerade in letzter Zeit viele Einbrüche verübt worden«, sagte ich. »Ich vermute, dass ein Zusammenhang besteht.«
    »Und mein Vater hat auch Informationen geliefert. Wurde er deshalb umgebracht?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Aber er dürfte so wie die anderen über sein Umfeld berichtet haben.« Dass Bloderer Richter in der Liste durchgestrichen hatte, verschwieg ich. Ich wollte nicht, dass sie schreiend zur Polizei lief, bevor ich nicht weitere Details in Erfahrung gebracht hatte.
    Sie rollte die Serviette langsam wie einen Teppich zusammen. Mein Bericht schien ihr im Magen zu liegen. »Wissen Sie, ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie wirklich etwas herausfinden. Ich meine, dass es überhaupt etwas herauszufinden gibt.« Sie sah mich an. Hinter ihren Augen schien es zu arbeiten. Nach einer Weile fragte sie: »Was werden Sie als Nächstes tun?«
    Ich dachte kurz nach. Smirnik verprügeln. Weil mir gerade nichts anderes einfiel. »Nochmal mit meinem Bekannten bei der Polizei reden. Ich halte Sie auf dem Laufenden«, sagte ich.
    »Ja bitte. Gut.« Sie winkte zerstreut den Ober herbei, verweigerte das Dessert und bezahlte.
    Ich kam mir vor wie ein Gigolo.
    Als wir uns vor dem Restaurant verabschiedeten, waren ihre Augen feucht. Während sie meine Hand schüttelte, zuckte ihr Kinn und Tränen perlten über die Wangen. Sie sank an meine Brust. Ich legte meine Arme um sie. Über ihrem duftenden Haar sah ich Autos zu, die hupend Fußgängern auswichen. Vor den Barmherzigen Brüdern standen Baucontainer und blockierten den Gehsteig.
    Mein Telefon vibrierte. Vielleicht Bettina. Ich zog es behutsam aus der Tasche.
    »Ich habe heute Nachmittag frei«, hörte ich Elisabeth sagen.
    »Mein Vater hat vielleicht unrechte Dinge getan  … «, klagte Almuth Amras. Sie bemerkte gar nicht, dass ich telefonierte.
    »Das war kriminell guter Sex am Samstag« , sagte Elisabeth.
    » … aber ich hätte mich um ihn kümmern sollen.«
    »Treffen wir uns im Café oder kommst du gleich zu mir?«
    »Heute geht’s leider nicht mehr«, sagte ich.
    »Sie haben recht, jetzt ist es zu spät«, sagte Almuth Amras. Sie hielt ihre Hand ans Gesicht, zog sie aber schnell wieder zurück, um ihr Make-up nicht völlig zu zerstören. »Ich habe mir immer vorgestellt, dass wir sanft entschlafen, wenn es soweit ist.«
    »Natürlich will ich mit dir schlafen«, sagte ich. Direktverbindung. Ohne Umweg übers Gehirn. Ich spürte einen kleinen Ruck. Almuth Amras’ Griff wurde fester.
    »Das hoffe ich doch.«
    Ich musste Elisabeth abwürgen, bevor ich mir einen Strick drehte.
    »Das war eine wunderschöne Nacht. Ich dachte, sie würde niemals enden. Hast du das auch so empfunden?«
    »Glauben Sie, dass er einen schnellen Tod hatte?«, sagte Almuth Amras.
    »Extrafein«, sagte ich. »Ein Quickie war’s nicht gerade.«
    Ihr Geheule wurde wieder lauter.
    »Du lässt mich einfach so allein? Ohne ein Wort des Trostes? Gefalle ich dir nicht mehr?«
    »Du bist eine begehrenswerte, erotische Frau«, sagte ich.
    Almuth Amras verkrallte sich in meinem Jackett. Wahrscheinlich lösten sich gerade die Nähte. Mein Hemd war nass von ihren Tränen. Eine gebeugte Dame mit grünem Federhut und riesiger Einkaufstasche schlurfte auf ihren Stock gestützt vorbei und lächelte uns versonnen zu.
    »Ich würde dich gerne trösten  … «
    »Sie sind sehr verständnisvoll«, sagte Almuth Amras.
    » …  aber nicht heute Abend«, sagte ich und steckte das Telefon wieder ein.
    Sie sah zu mir hoch. In ihren schwarz verschmierten Augen war ein Glitzern, das nicht von Tränen herrührte. »Ich verstehe. Das wäre unprofessionell, nicht wahr?«
    Schminkeflecken im Stoff. Auch das noch. Das Jackett konnte ich abschreiben.

    *

    Sechzehn Uhr. Ich saß im Auto und beobachtete den sonnenbeschienenen Eingang von SauberKraft. Nach dem Treffen mit Almuth war ich heimgefahren und ein paar Kilometer gelaufen. Ich streckte meine Beine, spürte die Muskeln und fühlte mich gut. Smirniks Autowrack war nirgends zu sehen. Ob er gegen Vandalismus versichert war?
    Gegen halb fünf fuhr der weiße Kleinbus heran. Nachdem die Putzfrauen ausgestiegen waren, parkte Smirnik den Wagen und verschwand im Firmengebäude. Gleich darauf tauchte er wieder auf und wartete an der Bushaltestelle. Er trug enge Jeans mit blauem Hemd und staubige braune Stiefeletten. Die Frauen kamen heraus und versammelten

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