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Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Sander
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juristischen Aspekte zuständig«, sagte ich.
    »Aha?«, sagte die Gelbe.
    »Aber was denn  … «, sagte die Grüne.
    »Das Laufkraftwerk am Rauschelbach«, sagte ich. »Sieben Staustufen. Wird sich hinunterziehen bis zur Donau. Kennen Sie den Assuan Staudamm?«
    »Nein.« Beide sahen mich an.
    »So ungefähr wird’s aussehen.«
    Damit würde meine gestrige Amokfahrt wenigstens nicht ganz ohne Folgen für Elisabeth bleiben. Den Rest würde mir Poldi richten müssen.
    »Spatenstich ist diesen Sommer«, sagte ich und zog den Kapuzensweater glatt. Meine Sachen von gestern waren schon etwas verdrückt. »Schöne Gegend hier.«
    »Hast du gehört?«, sagte Grün zu Gelb. »Die Lisi betoniert den Rauschelbach zu.«
    »Sie entschuldigen, ich muss mich bei meinem Chef in Brüssel melden.« Ich stieg ins Auto und wählte die Hotline. Die Damen blieben eine Weile stehen und verschwanden dann gestikulierend auf einem Feldweg.
    »Kundenservice guten Tag. Mein Name ist  … «
    »Ihre Prestigeklasse rührt sich nicht mehr«, sagte ich. Nachdem ich meine Daten diktiert hatte, wurde ich weiterverbunden. Wartemusik dudelte.
    »Schau, schau. Der Herr Kant bequemt sich anzurufen«, sagte eine vertraute Stimme.
    Julia? An der Hotline? Hatte ich ihr einen Anruf versprochen? Oder sonst etwas? Ich konnte mich nicht erinnern. »Julia, das Auto ist liegen geblieben.«
    Es hupte. Im Rückspiegel sah ich einen VW-Bus heranfahren.
    »Weiß ich. Wiederanlasssperre.« Sie kicherte hämisch. »Streng verboten. Ein Kollege hat mir gezeigt, wie das geht. Haben alle Prestigeklassemodelle.«
    Ich konnte das Wort nicht mehr hören.
    »Und GPS sowieso. Was machst du eigentlich im Lavendelweg?«, fragte sie. »Warum warst du nicht daheim?« Ich hörte Tastaturgeklapper. »Lavendelweg 8. Eine Doktor Elisabeth Mohntaler wohnt dort.«
    Das Hupen hatte nicht mir gegolten. Aus den Häusern kamen Leute und kauften Gebäck an der offenen Heckklappe. Ein paar schauten neugierig in meine Richtung.
    »Bist du bei der gewesen? Stehst du auf Ärztinnen? Hast du mich deshalb nicht angerufen?«
    Ein Postauto blieb vor dem VW-Bus stehen.
    »Wo wir’s doch so schön hatten. Besonders die zweite Runde war fantastisch.«
    Der Postler stieg aus und stellte sich auch an der Heckklappe an.
    »Also, mein Freund, wann sehen wir uns wieder?«
    Ich wollte heimfahren. Mir war alles recht. »Morgen?«, sagte ich.
    »Nein, am Wochenende geht ’s nicht, da habe ich das Servicekulturseminar.« Sie seufzte. »Mich interessiert es eh nicht. Aber Montagabend ist gut. Du holst mich um acht ab?«
    Ich stimmte zu. Sie wünschte mir einen schönen Tag. Der Motor startete willig.

    *

    Ich biss von meiner süß duftenden Semmelhälfte ab und sah Bettina vor mir, wie sie sich im letzten August über üppige Himbeerstauden gebeugt hatte. Das Marmeladenglas schimmerte blutrot. Plötzlich musste ich an Smirnik denken, wie er auf dem Gehsteig lag und schrie. Die Nacht müsste er bereits in einem Krankenhausbett verbracht haben. Das hieß, er war bereit für Phase drei.
    Durch das gekippte Küchenfenster drangen Wäscheklammernwühlgeräusche. Die Nachbarsfrau verteilte Socken und Hemden auf den Leinen. Sie bemühte sich, mit ihren Blicken meine Vorhänge zu durchdringen.
    Ich schenkte mir Kaffee nach und schaltete mein Notebook ein. Freitag der Dreizehnte. Laut orf.at sollte es heute Regenschauer und Gewitter geben. Arme Nachbarin.
    Mal sehen, ob Bloderer seinen Computer schon benutzt hatte. Ich stellte Teller und Kaffeetasse neben die Spüle. Dazu musste ich nicht einmal aufstehen. Ich meldete mich beim Trojanerserver an und fand hundertachtundsiebzig Bilddateien vor. Das hieß, er hatte ungefähr eineinhalb Stunden lang damit gearbeitet. Mein Programm hatte Bloderers Bildschirm jede Minute zweimal fotografiert und die Screenshots übers Internet geschickt. Ich konnte alles so sehen, als hätte ich im jeweiligen Moment hinter ihm gestanden.
    Ich speicherte die Dateien auf meiner Festplatte und meldete mich ab. Dann blätterte ich durch die Bilder. Desktop. Excel mit leerer Mappe1. Dann die Gehaltsdatei der Informanten. Ich vergrößerte ein wenig. In der Zeile »Ewald« hatte er 300 Euro eingetragen. Das Feld »Info« war markiert.
    Gratuliere, Ewald.
    Ein Fenster mit dem Internet Explorer. Statt einer WWW-Adresse stand eine Zahlenkombination im Adressfeld. In der Mitte ein Kästchen in dem »Buna ziua« stand und darunter »ID« und »Password«. So ähnlich wie mein Anmeldedialog.

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