Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
Melanie fragte sich, wieso sie ihre Zeit je mit einem solchen Lackaffen vergeudet hatte. Das Publikum wurde still, und die Sitzung begann. In der folgenden Stunde wurde eine lange Liste an Baurechts- und Erschließungsfragen vorgetragen und erörtert – doch in dieser Liste kam Melanie seltsamerweise nicht vor. Sie hätte zusammen mit den anderen Ladenbesitzern von Morne Bay da oben stehen und ihre Erweiterungspläne vorstellen sollen. Stattdessen saß sie im Publikum und musste mit ansehen, wie die Projekte der »ehrenwerten« Geschäftsleute unterstützt wurden.
Melanie wusste, dass die meisten von ihnen nicht so sittenstreng waren, wie sie sich gaben. Priscilla Lawrence, der ein altmodisches Bed-and-Breakfast gehörte, besaß außerdem die größte Sammlung antiker Spanking-Fotos des ganzen Staates. Ed Jenkins leitete das Eisenwarengeschäft, aber die Eisenwaren, die er wirklich schätzte, hatten vor allem etwas mit den Genitalien seiner Freundin zu tun. Und dann waren da die Ratsmitglieder, die genug geheime Fetische und Laster hatten, dass man eine ganze Enzyklopädie über alternative Sexualität füllen konnte. Melanie war ein ebenso guter Mensch wie jeder andere von ihnen, ihr Geschäftssinn war allerdings deutlich besser, und hinsichtlich ihrer Fähigkeit, Geld zu verdienen, konnte ihr keiner von denen das Wasser reichen. Der einzige Unterschied war, dass sie ihre Sexualität offen zur Schau stellte und nicht wie alle anderen verheimlichte.
Dem angewiderten Ausdruck auf Nathans Gesicht nach zu urteilen, gingen seine Gedanken in dieselbe Richtung. Als die Sitzung ihren Lauf nahm, fragte sich Melanie, warum er sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, sie hierher zu bringen. War dies die letzte Stufe seiner Bestrafung, dass sie sich ihrer Enttäuschung stellen musste? In diesem Fall traf sie das noch härter als das Spanking, das Nathan ihr am Vortag verpasst hatte. Als sie Ethel Billingsley lauschte, die ihren Plan vorstellte, einen Handarbeitsladen zu eröffnen, der einen Teil seiner Einnahmen spenden würde, damit ein neues Heim für ausgesetzte Katzen aufgebaut werden konnte, beschloss Melanie, dass Nathan ein Monster war, das sich besonders durch psychologische Grausamkeit auszeichnete.
»Hast du mich gestern nicht schon genug gefoltert?«, zischte sie.
»Wart es nur ab«, versicherte er ihr.
»Warum sind wir hier? Ich stehe nicht auf der Tagesordnung, und das weißt du!«
»Du nicht, aber ich!«
»Und zu guter Letzt«, kündigte Harrison Blake an und warf seinem College-Freund einen bewundernden Blick zu, »wird uns Nathaniel Wentworth über die Fortschritte des neuen Historischen Museums von Morne Bay auf den neuesten Stand bringen.«
Die Ratsmitglieder applaudierten, als Nathan aufstand und seinen Platz auf dem Podium einnahm. Pagan drückte Melanies Hand.
»Das wird der Knaller!«, flüsterte sie.
»Die Arbeiten am Museum gehen wie geplant voran«, sagte Nathan. »Dank Dean DaSilva und seinen Männern liegen wir voll im Zeitplan, und wir sollten am ersten Mai wie geplant eröffnen können.«
Die Ratsmitglieder murmelten zustimmend. Harrison applaudierte. Melanie verdrehte die Augen und versuchte, sich nicht zu übergeben, als Dean DaSilvas Name genannt wurde.
»Aber ich bin heute hierhergekommen, um eine neue Herangehensweise an unser Projekt vorzuschlagen«, fuhr Nathan fort. »Wenn ich mich über die Geschichte einer Gemeinde informiere, dann suche ich nach den Schlüsselmomenten für ihr Entstehen, nach den Zutaten, die sie einzigartig machen. Heutzutage lebt Morne Bay vor allem vom Tourismus, aber ursprünglich waren es die Händler, die sich hier im neunzehnten Jahrhundert ansiedelten, die dieser Stadt Leben eingehaucht haben. Darius Morne war ein gerissener Geschäftsmann, aber er war auch ein Genussmensch. Er liebte weltliche Genüsse, und er gab viel Geld aus, um diese zu befriedigen. Bevor er diese Gegend mit seinem Reichtum belebte, existierte hier kaum mehr als ein ums Überleben ringendes kleines Fischerdorf. Wären Darius Morne, seine Frau Amélie und ihre Gier nach dem Exotischen nicht gewesen, dann gäbe es hier heute möglicherweise nichts außer ein paar alten Bojen, die am Strand herumliegen.«
Nathan machte eine Pause, um seine Worte sacken zu lassen. Die Blicke der Ratsmitglieder hatten ihren kriecherischen Ausdruck verloren und wirkten jetzt eher wütend. Harrison sah aus, als ob er gleich implodieren würde. Nathan grinste und öffnete die Ledermappe.
»Vor einigen
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