Geliebte Betrügerin
auszusetzen, ein Kind aufzuziehen.« Lord Reynard verbeugte sich vor Beth. »Obwohl ich sicher bin, dass im Falle dieser bewundernswerten jungen Lady die Freude den Schmerz bei weitem überwiegt.«
Beth machte einen kleinen Knicks.
Verflucht richtig, die Freude wird den Schmerz überwiegen, hätte Kerrich gerne gesagt. Vor allem, weil die junge Lady für eine nützliche Arbeit angelernt wird, sobald diese Farce vorüber ist und ich dann nichts mehr mit ihr zu tun habe.
Aber so viel Aufrichtigkeit konnte er sich nicht leisten. »Ich werde die Gerüchte geradewegs abstreiten.«
Lord Reynard lachte lauthals.
»Sie haben ja Recht«, reagierte Kerrich auf den unausgesprochenen Tadel. »Damit würde ich nur Öl ins Feuer gleßen.«
Erneut erwies sich Miss Lockhart ihres beachtlichen Gehalts würdig. »Ich werde die Gerüchteküche in Schach halten.«
Die beiden Männer schauten sie erstaunt an.
»Ich werde immer an Ihrer Seite sein. Wo immer Sie mit Beth hingehen, gehe ich auch hin. Und zwar nicht als Anstandsdame, sondern als Anlass für neuerlichen Klatsch.« Sie lächelte kühl und faltete ihre Hände. »Lassen Sie uns den Tratsch nicht abstreiten, Mylords, sondern lassen Sie uns die Gerüchte selbst in die Welt setzen und lenken. Ich werde da eine kleine Bemerkung machen und dort eine Anspielung. Und bald wird ganz London wissen, dass Lord Kerrich die verwaiste Tochter eines …« Sie zögerte.
»Eines Hausangestellten ist, der dabei ums Leben gekommen ist, als er etwas Gutes für Lord Kerrich getan hat.«
Kerrich konnte kaum glauben, dass es Beth war, die da gesprochen hatte. Er hob das Monokel und starrte sie an. Sie sah immer noch aus wie zuvor. Schmutzig, scheu und vielleicht ein wenig erstaunt über die eigene Tollkühnheit.
»Oder geht das nicht?« Ihre Stimme war etwas höher als normalerweise.
»Es wird sehr gut gehen.« Miss Lockhart lächelte voller Bewunderung.
»Wirklich realistisch«, stimmte Lord Reynard zu. »Klingt, als hätte es Devon wegen seiner Gewissensbisse getan und nicht aus Nächstenliebe. Du bist ein kluges Mädchen.«
Beth lächelte. Auf den schmalen Wangen erschienen zwei Grübchen, und ihre Augen leuchteten vor Freude.
»Zwei kluge Frauen.« Kerrich war alles andere als erfreut und betrachtete mit kalten Augen Miss Lockhart, während er die Einzelheiten durchdachte. »Wirklich raffiniert.«
Kapitel 7
Im forschen Tonfall der Lehrerin sagte Miss Lockhart: »Falls das alles ist, Mylords, dann gehen wir jetzt. Unser Findelkind benötigt ein Bad.«
»Bitte nicht«, flüsterte Beth, als Pamela sie zur Tür hinausschob.
Kerrich und sein Großvater schauten den beiden schweigend hinterher.
Dann klopfte Lord Reynard mit dem Gehstock auf den Boden. »Exzellenter Charakter für eine Frau. Und sie sieht auch gut aus.«
»Ja.« Kerrich hatte nicht gewusst, dass die Augen seines Großvaters derart nachgelassen hatten.
Im Foyer war Lewis zu hören. »Guten Tag, Miss Lockhart. Und wer ist wohl diese kleine Lady?«
»Das ist Beth. Beth, das ist Lord Kerrichs Cousin, Mr. Athersmith.«
Kerrich hörte Beth eine Begrüßung flüstern.
Ein Mädchen. Er konnte sich in etwa vorstellen, was Lewis denken musste, nachdem ihm Kerrich zuvor die Geschichte von dem zähen Straßenjungen aufgetischt hatte, den er angeblich so bewundert hatte.
Kerrich ging zur Tür. Während Beth und die Gouvernante die Treppe hinauf verschwanden, fauchte er Lewis an. »Ich habe sie für einen jungen gehalten.« Sein Tonfall hätte Provokation genug sein müssen.
Aber Lewis, der gute Junge, tat so, als sei es ganz normal, dass Kerrich ein solcher Irrtum unterlaufen war. »Ich kann mir vorstellen, wie das passiert ist.« Lewis trug einen Mantel, ein Paar derber Stiefel und einen breitkrempigen Hut, den er tief ins Gesicht gezogen hatte.
Kerrich musterte ihn von oben nach unten und fragte: »Gehst du irgendwo hin, Cousin?«
Lewis gab bereitwillig Auskunft. »Ich habe ein paar Besorgungen zu machen, und es regnet schon wieder.«
»Nimm die Kutsche.«
»Ich würde mir nie anmaßen -«
»Absolut keine Anmaßung«, sagte Kerrich und war sich sicher, dass Lewis sich nur deshalb nicht anmaßte, die Kutsche zu benutzen, weil er nicht wollte, dass jemand seine Aktivitäten mitbekam. »Du sollst keine Widrigkeiten erdulden müssen. Ich bin mir darüber im Klaren, dass du aus reiner Gefälligkeit für mich arbeitest.«
Aus der Bibliothek kam die Stimme seines Großvaters. »Wer arbeitet für dich, Junge?«
Lewis wurde
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