Geliebte der Nacht
staunte.
»Das sieht wundervoll aus«, sagte sie, als sie sich umsah.
Mitten im Zimmer, im Schein der Wintersonne, stand die Wiege und ein Schaukelstuhl stand in einer Ecke. Die Kommoden waren aus feinstem Holz und der Teppich weich. Alles war in zarten Pastelltönen und weder auf einen Jungen noch auf ein Mädchen ausgerichtet. Sie ging auf die Kinderwiege zu und sah sie sich an.
»Darin habe ich schon als Baby gelegen«, erzählte er und kam an ihre Seite.
»Dann ist sie sehr alt«, schmunzelte sie und sah zu ihm auf.
»Nun, ich bin auch sehr alt«, erwiderte er und grinste sie an.
Seine Geliebte sah ihn fragend an, nie hatte er ihr ver raten, wie alt er wirklich war.
»Ich werde es dir sagen, wenn du mir nicht mehr weglaufen kannst«, sagte er und zog sie an sich. »Wann wäre das?«, fragte sie und schmiegte sich an ihn.
»Ich werde es dir bald mitteilen, Cassandra«, antwortete er und küsste ihr Haar.
~ James & Cassandra ~
Aufgeregt ging Cassandra in dem Hinterzimmer der Kapelle auf und ab, sie hatte Angst vor dem, was bevorstand und ihr Kleid war immer noch nicht hergebracht worden. Margret hatte es am Morgen etwas weiten wollen und ihr versprochen es rechtzeitig zu bringen. Sie wünschte sich ein Glas Wein trinken zu können, doch der Arzt hatte ihr jede Art von berauschenden Dingen verboten und sie wusste, dass es falsch gewesen wäre.
James hielt sich bislang auf seinem Anwesen auf, am gestrigen Tag war Caleb eingetroffen und sie hatten seinen Abschied aus dem Junggesellenleben gefeiert. Nachdenklich stand der Graf im Salon und schwenkte sein Kristallglas. »Bist du aufgeregt?«, fragte Caleb, der gerade den Raum betreten hatte. Er sah auf und seinen alten Freund an.
»Nun ja, ich werde heute die Dame meiner Träume ehelichen, also ja«, antwortete James lächelnd und fuhr fort: »Ich mache mir Gedanken um Cassandra, sie hat sich eine kleine Zeremonie gewünscht und ich habe ihr diesen Wunsch erfüllt, aber ich habe das Gefühl, dass ... sie irgendwas bedrückt.«
Caleb bediente sich an James‘ Whiskey und trank einen Schluck.
»Ihre Familie wird nicht anwesend sein, vielleicht ist das der Grund für ihre Depression«, meinte er. »Ich hoffe, dass sie dennoch glücklich ist.«
Der Gast ging auf seinen Freund zu und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
»Sie ist glücklich das weiß ich«, munterte Caleb den Grafen auf.
Esra erschien im Salon und räusperte sich.
»Herr Eure Kutsche wartet«, sagte der Butler. »Danke Esra«, erwiderte James.
Er trug einen beigen Gehrock, darunter ein weißes Rüschenhemd und eine bordeauxfarbene Hose. Seine Schuhe waren aus feinstem Leder und sein Haar hatte er zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden. Er war sogar rasiert, was er sonst gerne vor sich herschob .
Cassandra knetete ihre Hände und stand an dem kleinen Fenster. Sie sah die Bauern und Händler Avabrucks bei ihrem Tagewerk und dachte, wenn sie ihnen zusehen würde, ihre Aufregung nachließ. Sie trug ein ihr hellblaues Kleid, weil Margret immer noch nicht aufgetaucht war.
»Wo ist sie nur?«, fragte sie sich leise. Cassandra war den Tränen nahe und versuchte sich zu beruhigen, doch gelang es ihr kaum. Außerdem war sie an diesem Tag ganz allein, obwohl James zu ihrem Lebensmittelpunkt geworden war, so vermisste sie ihre Familie und ihre Mitstreiter. Früher hatte sie sich gewünscht, dass, wenn sie einmal heiraten sollte, alle anwesend sein würden, die sie kannte und liebte.
Eine einzelne Träne verließ ihr Auge und sie erinnerte sich daran, dass ihr Vater sie verstoßen hatte. Sie hatte Schande über die Herzogsfamilie gebracht und vermutlich würde man in Dulanis verbreiten, dass sie umgekommen sei. Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken und sie sah zur Tür, der Knauf drehte sich langsam und die Tür öffnete sich.
»Verzeiht mir, dass ich erst jetzt erscheine, Lady Cassandra«, entschuldigte Margret sich sofort.
Sie atmete auf und lächelte die Dienstmagd an. »Das ist nicht schlimm. Vielen Dank, dass Ihr mir das Kleid bringt«, erwiderte sie und die Magd trat ein. Danach schloss Margret die Tür. Cassandra verschwand hinter dem Paravent.
James sah auf die Landschaft, an der die Kutsche vorüberfuhr. Ihm war warm ums Herz, am Abend würde sie seine Gemahlin sein und niemand könnte sie ihm mehr wegnehmen. Die Kapelle war mit weißen und roten Rosen geschmückt worden und es waren nur wenige Besucher eingeladen worden. Wichtige Freunde von James waren unter den
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