Geliebte des Blitzes
ins grenzenlose Blau fliegen könnte …
»Heute bist du zu beschäftigt, um zu fliegen«, hänselte ihn Sam.
»So viel Arbeit, die mich daran hindern könnte, gibt es gar nicht.« Allein schon der Gedanke, nicht als Passagier, sondern als Pilot in einem Cockpit zu sitzen, brachte sein Blut in Wallung.
»Du musst dein Gehirn immer noch so gut wie irgend möglich abschirmen«, mahnte sie. »Wie du weißt, bin ich der festen Überzeugung, dass die Macht des Geistes der Wirkung von Drogen weit überlegen ist.«
Trotzdem reichte sie ihm das Röhrchen mit den Tabletten, die ein ACRO-Wissenschaftlerteam eigens entwickelt hatte, um Devs Gehirn vor Eindringlingen und Gedankenlesern zu schützen. Auf diese Weise wurden jene gefürchteten Gehirnvergewaltigungen abgewehrt, die Itor-Agenten ohne jede Skrupel einsetzten. Nach solchen Attacken blieben die Opfer vor Schmerzen und grausigen Erinnerungen so gut wie gelähmt zurück.
»Jetzt bist du bereit, Devlin.«
»Ja, ich weiß, Sam. Aber dafür musst du heute darauf verzichten, bei unserer nächtlichen Pokerpartie abzuräumen«, stichelte er.
Seit er im Gästequartier wohnte, hatte man ihm Berichterstattungen und Begegnungen mit Agenten vorenthalten
und nur ein paar Parapsychologen in seine Nähe gelassen. Genau genommen hatte er die ganze Zeit einfach gar nichts zu tun gehabt, doch dafür entschädigte ihn die wiedergewonnene Sehkraft.
»Oz hat den Geist verscheucht und dir das Leben gerettet«, betonte Sam. »Also sind wir ihm was schuldig. «
»Ohne jeden Zweifel machen ihm alle anderen in der Organisation die Hölle heiß.« Wie Dev wusste, war Oz, sein – mit Unterbrechungen – langjähriger Liebhaber und die Liebe seines Lebens, stark genug, um bei ACRO die Führung zu übernehmen. Aber Oz hatte zu lange nicht im Team gearbeitet und würde sich nicht allzu wohlfühlen.
»Bleibt er denn hier?«
»Ja, Sam.« Vier Monate lang hatte Dev allein über seine Erinnerungen mit Oz in Verbindung treten können. Erinnerungen voller rastloser, starker sexueller Triebe, die ihm Trost spendeten, denn sie bedeuteten, dass Oz an ihn dachte, von ihm träumte – dass er eben diese Erinnerungen teilte. »Ob er weiterhin für ACRO arbeiten wird, weiß ich nicht. Jedenfalls bleibt er hier.« Noch einmal würde er den Fehler nicht begehen, den Freund in Nacht und Nebel verschwinden zu lassen.
Vor Jahren hatte ihn der gequälte Geist eines ermordeten Ex-Itor-Agenten namens Darius verfolgt und dann im letzten Frühling erneut heimgesucht. Dev war nicht sicher gewesen, ob er die nötige Kraft besaß, um ihn zu bezwingen. Beide Male war es Oz gewesen, der ihm geholfen hatte, und jetzt war das Phantom buchstäblich tot und begraben.
Und Dev musste sich um ein anderes, noch wichtigeres Problem kümmern, das bleischwer auf seiner Seele lastete – jene Wettermaschine, die immer noch in Itors Besitz war. Wenn seine Berechnungen stimmten, müsste Wyatt inzwischen zur Stelle sein, um den Apparat zu zerstören.
Andererseits rechnete er damit, dass Schwierigkeiten niemals so leicht zu beseitigen wären. Und er fürchtete, seine bösen Ahnungen könnten sich wieder einmal bewahrheiten.
» H I, HALEY, WIR HABEN ALLE PROGNOSEMODELLE, die du benötigst.« Jeremy Bondy, seines Zeichens Hydrometeorologe bei ACRO, stand in Haley Begnauds Bürotür. Nervös wippte er auf den Zehenspitzen, sein zottiges rotes Haar fiel ihm dabei in die Augen.
»Danke«, sagte Haley. »Großartige Arbeit.« Besser als großartig, denn es war erst eine Stunde her, dass sie ins Wetterlabor gestürmt war, um eine Liste von Forderungen zu schreien und sie dann mit den Worten »Das alles brauche ich gestern, legt los!« zu beenden.
»Dein Mann und Mr. O’Malley sind da.«
»Ah, das ging aber schnell.« Sie packte ihren Laptop und ein paar Karten und eilte durch die Wetterstation, vorbei an mehreren Meteorologen, die alle an Geräten mit modernster Technologie arbeiteten. Als sie vor einem Jahr die Leitung der Division übernommen hatte, war diese Ausrüstung auf ihren Wunsch hin angeschafft worden.
»Willst du uns nicht sagen, was eigentlich los ist?«, fragte die Klimatologin Melissa Abel, als Haley an ihr vorbeirannte.
»Sobald ich es kann schon.«
Was vermutlich bedeutete, dass sie alle Leute sofort nach der Besprechung über die Wettermaschine informieren würde. Seit Monaten studierte sie Witterungsverhältnisse, versuchte herauszufinden, wie viele Maschinen existierten, und hoffte die ganze Zeit,
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