Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
Vom Netzwerk:
mit Roland sprach, von Chef zu Chef sozusagen. Ihre Anwesenheit hier war nur ein weiteres Indiz für Deans persönliche Apokalypse. Er hatte keine Ahnung, wozu die alte Frau fähig war, sondern wusste nur, dass sie gefährlich und sehr mächtig sein musste. Und dass sie gelegentlich Menschen verspeiste. Eine Gewohnheit, die sie mit noch jemandem anders teilte, den er kannte.
    »Sie sind Lysanders Partnerin«, erklärte er, als die Puzzlestücke sich zusammenfügten. »Und Bai Shens Mutter. Sie haben Kevin und Ku-Ku angeheuert, damit sie Miri und Owen entführen und den Jadestein stehlen.«
    »Ja.«
    Miri protestierte. »Sie ... schreckliche Frau!«, sagte sie. »Wie konnten Sie Owen so hintergehen? Warum haben Sie uns in dieser Weise benutzt?«
    »Es stand einfach zu viel auf dem Spiel, um es dem Zufall zu überlassen«, erwiderte Long Nu ungerührt. »Und ich habe immer nur versucht, Sie zu beschützen. Wäre alles nach Plan verlaufen, wäre es doch niemals zu diesem Durcheinander gekommen.«
    »Mit Durcheinander meinen Sie den Tod all dieser Menschen? Die für Sie gearbeitet haben?« Dean schüttelte den Kopf. »Sie wussten genau, wer Ihre Leute umgebracht hat, und haben es zugelassen. Sie haben nicht den kleinen Finger gerührt, als die Kerle gefressen und bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Und sehen Sie sich jetzt an: Es interessiert Sie nicht im Geringsten, was mit denen passiert ist.«
    »Sie können denken, was Sie wollen.« Die Stimme der Frau klang so spröde und kalt, dass Dean eine Gänsehaut bekam. Lauf weg, riet ihm sein Instinkt. Mach, dass du hier wegkommst.
    Aber er konnte immer noch die Leute sterben sehen, fühlte die Hitze der Flammen, hatte selbst in Flammen gestanden und konnte einfach nicht fassen, dass jemand mit Long Nus Macht von Lysanders Taten gewusst hatte, wusste, wozu er fähig war, und keinen einzigen Versuch unternommen hatte, ihn aufzuhalten. Wenn er an all die Probleme dachte, die dann hätten gelöst werden können ...
    »Sie sind feige«, sagte er.
    Long Nu reagierte. Dean sah nicht, wie sie sich bewegte, kam nicht einmal dazu, einen Schrei auszustoßen, als sie ihn auch schon auf die Matratze presste. Auf ihrem Hals traten Schuppen hervor, strahlende, schillernde Schuppen. Sie bog den Rücken, ihre Arme wurden länger, die Muskeln dehnten sich. Dean hörte ein Knacken von Knochen, und Long Nus Taille war plötzlich länger als ihre Beine geworden, die gar keine Beine mehr waren, sondern ein Schwanz, auf dessen Rückgrat Federn sprossen. Ihr Rock rutschte hoch und ließ grüne Haut zum Vorschein kommen.
    Dean kam sich neben der alten Frau recht klein vor, ein winziger Mann, und er ächzte unter ihrem Gewicht. Long Nus Schultern und Kopf waren zwar noch menschlich, doch auf dem Rest ihres Körpers rasselten Schuppen, und ihre Krallen klickten. Dean wollte diese Krallen gar nicht ansehen, aber da gruben sie sich schon wie Schraubstöcke in seine Arme hinein.
    Miri versuchte, Long Nus Hals zu packen, doch die alte Frau schüttelte sie fast beiläufig ab. Miri brach mit einem schmerzhaften Keuchen auf dem Bett zusammen. Dean hätte auch gern gekeucht, denn seine Brust schmerzte höllisch, aber er biss die Zähne zusammen, während er in Long Nus blasses, runzliges Gesicht starrte. Ihre Wangen leuchteten golden, und die Augen glühten wie Sonnen. »Hören Sie damit auf«, sagte er. »Sofort.«
    »Nein«, erwiderte sie. »Ich will, dass Sie mir zuhören. Sie sollen jedes Wort hören, das ich sage. Sehen Sie mir in die Augen, und begreifen Sie, was diese Menschen für mich bedeutet haben. Ich hätte alles getan, um sie zu beschützen. Ich hätte mein Leben für sie gegeben, wenn ich das vermocht hätte. Aber ich habe ein Versprechen gegeben, Dean Campbell, vor sehr langer Zeit schon. Und es gibt einige Dinge, an die auch ich gebunden bin!«
    Er hörte zu. Er sah in ihre glühenden, unmenschlichen Augen, während sie redete - und er glaubte ihr. Er konnte nicht anders. Trotzdem macht all dies dein Verhalten nicht besser, dachte er. Als sie den Blick schließlich abwandte, spürte er, wie sich etwas in seinem Herzen bewegte, ein Zucken, als würde sich goldene Energie sammeln, nachdem eine Feder ausgelöst worden war. Long Nus Hände flogen von seinen Schultern, und sie stürzte mit einem leisen Schrei nach hinten, hockte dort auf ihrem zusammengerollten Schwanz, so dass nur noch ihr Kopf und ihre Schultern zu sehen waren. Als Dean ihren Körper betrachtete, gefangen zwischen Tier und

Weitere Kostenlose Bücher