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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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schwindlig, ihm war übel. Er versuchte sich das Feuer als Traum vorzustellen, doch es gelang ihm nicht. Die Hitze war noch zu nah.
    Seine Fingerknöchel streiften die Brust, knapp über seinem Herzen. Er fühlte eine vertraute Narbe. Doch direkt darunter ertastete er noch etwas, etwas anderes, eine Wölbung, die da nichts zu suchen hatte. Dean öffnete die Augen.
    Es war eine Strieme, eine gebogene rote Linie wie eine Schwiele oder eine blutige Tätowierung, die von einem scharfen Messer herrühren konnte. Dean betastete sie, fuhr mit den Fingern den Rand entlang. Das tat weh. Es war der erste Schmerz, den er empfand, seit er die Augen geöffnet und das Feuer gesehen hatte, den Traum.
    Vielleicht war es aber auch gar kein Traum gewesen. Dean erinnerte sich an diese kleinen Hände, an das Gefühl von Fingern, die sich so kräftig in seine Brust gruben und schließlich um sein Herz legten. Und zudrückten. Er erinnerte sich an diese Stimme in seinem Kopf. Und an das Feuer.
    Alles das war so real gewesen. Real genug, um zu töten. So wirklich war es, dass es angesichts desjenigen, dem er in den letzten drei Tagen nachgejagt war, beinahe einen Sinn ergab. Das konnte bei seinem Glück nur eines bedeuten.
    Er saß mal wieder mächtig in der Tinte.
    Nacht in Taipeh. Sie lockte eine ganz andere Sorte Menschen hervor. Dean fuhr mit dem Aufzug ins Foyer, umringt von den Schlanken und Strahlenden, von Männern und Frauen, die wie polierte Diamanten funkelten, auf Hochglanz getrimmt und zu einem Abend vorgeblicher Freude und ernster Beziehungspflege bereit. Kleine Spiele der Reichen, mit einem Weinglas in der Hand. Ein kleines Tänzchen hier, ein Liedchen da. Lassen wir heute Nacht die Sau raus.
    Dean fühlte sich wie eine lahme Gans in einem Käfig voller Schwäne. Unrasiert, mit ungebügeltem Hemd, geradezu ungepflegt in Jeans und schmuddeligen Turnschuhen - und für sein verschlissenes Transformers -T-Shirt und die abgeschabte Jeansjacke würden ihm noch weitere intellektuelle Pluspunkte abgezogen werden. Mode à la Wal-Mart. Er hatte nicht mal geduscht, und wahrlich, mittlerweile brauchte er dringend eine Dusche. Drei Tage war er jetzt schon wegen dieses Auftrags unterwegs, rannte wie ein Bluthund durch die Straßen, und das in der sommerlichen Hitze Taiwans. Als würde man den Ironman-Wettkampf in einer Sauna veranstalten, und zwar ohne Pause, ohne eine Gelegenheit auszuruhen. Jedenfalls nicht bis zum Tagesanbruch, und Dean war davon überzeugt, dass es besser war, wach zu bleiben.
    Die Galle kam ihm hoch, aber er schluckte den Ekel wieder herunter.
    Lächle, sagte er sich grimmig. Nicht gerade jetzt, weil es diese netten Leute in Panik versetzen würde. Aber lächle. Zaubere dir ein verdammtes Lächeln in dein verfluchtes Herz, du Hundesohn.
    Denn nur so würde er die Kraft aufbringen können, aus dem Aufzug zu treten, das Hotel zu verlassen und sich dem Rest dieser Nacht zu stellen. Es gab keine andere Möglichkeit. Wenn er nicht lächelte, würde er weinen oder sich zum Sterben hinlegen. So kam er aber nicht weiter. Dean hatte einiges zu erledigen. Er musste weitermachen. Es gab Menschen, die sich auf ihn verließen, Leben mussten gerettet werden, und wenn das bedeutete, den fröhlichsten Hundesohn auf diesem Planeten zu spielen, dann würde er das eben tun, verflucht, selbst wenn es ihn umbrachte.
    Was gut passieren konnte. In seiner Brust pochte noch immer der Schmerz. Dean drückte die geballte Faust an den Schenkel. Er wollte, dass diese geheimnisvolle Wunde pochte. Die letzten dreißig Minuten hatte er nackt vor dem Spiegel gestanden und auf diese merkwürdige Schnittwunde gestarrt, bis er nichts anderes mehr sah. Er konnte sie nicht mit einem Schulterzucken abtun. Vielleicht hatte er in den letzten drei Tagen genug Mist gesehen, der sich für Alpträume eignete, aber das hier war physisch, einfach da, vorhanden, und er hatte sich die Verletzung nicht selbst zugefügt. Deans Fingernägel waren sauber, und nichts in der Nähe seines Bettes hätte einen solchen Schnitt verursachen können. Nichts lag da, womit er sich hätte schneiden oder kratzen können, es sei denn, sein Verstand spielte ihm einen Streich. Vielleicht war er ja allmählich vollkommen durchgeknallt.
    Die Aufzugtüren öffneten sich. Dean betrat ein achteckiges Vestibül, das von dunklem Marmor und goldfarbenen gläsernen Lampen eingerahmt wurde. Er nahm den Duft von Orchideen und Lilien wahr; in der Luft perlten das sanfte Murmeln von Stimmen, die

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