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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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diesem Jade-Artefakt, an diese Männer, die über den Tod und das Sterben sprachen, davon redeten, dem Leben vorzeitig ein Ende zu setzen, und dies nur deshalb, weil sie seiner so verflucht überdrüssig waren. Long Nu sah ihn an und lächelte traurig.
    »Vor langer Zeit«, begann sie ruhig, »gab es einen Mann, der nicht sterben konnte. Er war zwar nicht das einzige Individuum mit dieser Gabe, aber er war der Einzige seiner Art, der sie nicht besitzen wollte. Er sehnte sich nach dem Tod, schuf einen Bann, der ihm dies gewähren würde, und barg diesen Bann in einem Stein. Aber das ... erwies sich als schwer zu kontrollieren, also zerbrach er den Stein in zwei Stücke und verpflanzte ihn in eine Frau und einen Mann. Ich nehme an, dass es für ihn ... eine gewisse Poesie bedeutete. Welchen besseren Weg, die Sterblichkeit zu erlangen, gab es, wenn nicht durch Sterbliche? Und welchen besseren Wächter gab es für einen mächtigen Zauber als einen, der schlicht und untalentiert war?«
    »Offenbar war der Wächter aber doch nicht ... schlicht genug«, bemerkte Miri.
    Long Nu zuckte die Achseln.
    »Er hatte andere Gründe, den Stein zu zerbrechen«, sagte sie. »Indem er ihn in Menschen verpflanzte, erschuf er einen Puffer, einen Weg, der dafür sorgte, dass diese Macht nicht ... außer Kontrolle geriet. Aber trotz dieser ... zugegebenermaßen linkischen Vorsichtsmaßnahmen verstand er vor allem nie das Ausmaß dessen, was er da geschaffen hatte. Als er den Bann ersann, sollte er nur als Erlösung dienen. Die ungeheure Macht, die er beschwor, konnte die Unsterblichkeit aufheben und einen Gott in ... etwas anderes verwandeln. Aber Macht bedeutet nichts, wenn sie kein Ziel hat. Der Schöpfer dieses Zaubers versäumte daran zu denken, was nach seinem Tod geschehen würde. Indem er etwas erschuf, das immer und immer wieder benutzt werden konnte, erzeugte er auch die Möglichkeit, dass es eines Tages in die Hände von jemandem gelangte, der eine andere Vision hatte und andere ... Prioritäten.«
    »Also war er zugleich mächtig und dumm«, meinte Dean. »Aber was hat das mit uns zu tun? Hätte der Bann nicht einfach ... aussterben können?«
    »Ein weiterer Mangel an Voraussicht. Als er den Bann in Menschen verpflanzte, änderte sich seine Energie. Und zwar durch die Körper, die ihn umgaben. Und diese Veränderung gewann ein Eigenleben. Der Bann ... lebte. Dieselbe Magie, die es erlaubte zu töten, gestattete auch zu erschaffen. Und das tat sie; sie erschuf sich selbst, immer und immer wieder.«
    »Wie eine Reinkarnation«, sagte Miri gedehnt. »Aber wir sind nicht dieselben Menschen, die vor all den Jahren gelebt haben.«
    »Aber die Magie hat Sie auserwählt, hat sich in Sie verpflanzt, und schließlich wurden Sie beide zu der Magie«, erwiderte Long Nu. »Sie sind Individuen, sind beide Sie selbst, bis auf dieses eine, diese eine Transformation, die nicht nur ein Bann ist, sondern auch eine Sammlung von Erinnerungen und Geschichte, ein Behältnis, so wie die Jadefragmente, die Sie gefunden haben, und zwar ein Behältnis für die Erinnerungen und die Geschichte all derer, die die Magie vor Ihnen in sich trugen.«
    »Wie ein Buch«, bemerkte Miri, als sie verstand. »Ein Buch des ... des Lebens.«
    »Ja. Wenn Sie sterben und nur noch ein roter Stein in Ihren spröden Brustkörben übrig bleibt, wird sich die Magie mit der Zeit andere Wirte suchen, andere Menschen. So wird es weitergehen - in alle Ewigkeit, bis es auf der Welt überhaupt keine Energie mehr gibt, von der sie zehren könnte.«
    Miri seufzte. »Wie wundervoll.«
    »Wie pervers!«, widersprach Dean. »Wir schleppen diese Steine und diese Erinnerungen jetzt für den Rest unseres Lebens mit uns herum? Und wenn wir sterben, wird sich alles, was wir erlebt haben, in einen anderen ergießen? Ich weiß nicht, ob mir das gefällt.«
    »Sie dürften schwerlich eine andere W ahl haben«, antwortete Long Nu. »Und ich bedauere Sie auch nicht.«
    Dean kniff die Augen zusammen. »Sie mögen uns nicht bedauern, aber Sie werden eine Menge damit zu tun haben, den ganzen Mist unter den Teppich zu kehren. Sie wären sicher glücklicher, wenn wir diesen Teil von uns selbst niemals entdeckt hätten. Wenn wir uns niemals wiedergefunden hätten.«
    »Ja«, gab Long Nu zu. »Es wäre für uns alle sicherer gewesen. Was Sie beide in sich tragen und was Sie so zusammen erreichen können, macht Sie zu gefährlich, als dass Sie überleben sollten.«
    »Dann erschießen Sie uns doch

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