Geliebte Feindin
vollkommen die Beherrschung zu verlieren und gewaltsam in sie zu dringen.
In einigen Minuten hatte er bestimmt wieder Gewalt über seine Empfindungen, dachte er. Und wenn sich sein Herzschlag beruhigt hatte, wenn das Atmen nicht mehr so weh tat und sich der stechende Schmerz in seinen Lenden gelegt hatte, dann würde er einen neuen Versuch wagen.
Einem Mädchen die Unschuld zu rauben war eine verdammt harte Arbeit, dachte er, und da er keinerlei Erfahrung hatte, wie man eine Frau umwarb oder wie man mit einer Jungfrau umging, fühlte er sich einfach überfordert.
Wenn er als alter Mann an diese qualvolle Nacht zurückdenken würde, könnte er vielleicht darüber lachen, aber im Moment war er beileibe nicht in heiterer Stimmung. Am liebsten hätte er seine Braut gepackt und geschüttelt, bis ihr Verstand normal funktionierte, während er sich zur gleichen Zeit wünschte, daß sie sich nicht vor ihm fürchtete.
Sara zitterte am ganzen Leib. Sobald Nathan von ihr abgerückt war, hatte sie sich befreit gefühlt, und jetzt sehnte sie sich auf einmal wieder nach seinen Küssen.
Als sie Nathans Miene gewahrte, erschrak sie zu Tode. Er sah aus, als ob er Lust hätte, sie anzubrüllen. Sie atmete tief durch und drehte sich so, daß sie ihn direkt ansehen konnte. »Nathan?«
Er antwortete nicht. Er hatte die Augen geschlossen und preßte die Kiefer fest zusammen.
»Du bist mir doch nicht böse?«
»Nein.«
Sie glaubte ihm nicht, trotzdem streckte sie die Hand aus, um seine Brust zu berühren.
Er zuckte zurück, als ob ihre Finger glühende Eisen wären. »Möchtest du es nicht mehr tun?« fragte sie. »Begehrst du mich nicht mehr?«
Sie nicht mehr begehren? Am liebsten hätte er ihre Hand gepackt und ihr gezeigt, wie sehr er sie begehrte. Aber er tat es nicht, das hätte ihr bestimmt Todesängste eingejagt.
»Sara, laß mir eine Minute Zeit«, bat er mit abgehackter Stimme. »Ich fürchte …« Er beendete seine Erklärung nicht, weil er ihr hätte sagen müssen, daß er sie nicht berühren konnte, ohne sie sofort zu nehmen. Diese Eröffnung hätte sie nur noch mehr in Alarmbereitschaft versetzt, deshalb schwieg er lieber.
»Du brauchst dich nicht zu fürchten«, wisperte sie.
Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Er öffnete die Augen. Sie konnte doch nicht im Ernst annehmen … der mitleidige Glanz in ihren Augen sagte ihm, daß sie tatsächlich meinte, er hätte Angst.
»Um Gottes willen, Sara, ich habe keine Angst.«
Ihre Fingerspitzen wanderten leicht über seine Brust, und er hielt ihre Hand fest, bevor sie seinen Bauch erreichte. »Hör auf damit«, befahl er.
»Du hast doch Erfahrung mit Frauen, oder nicht?«
Seine Antwort war ein Grunzen.
Sie lächelte. »Du magst es doch, wenn ich dich küsse, Nathan?«
Großer Gott, diese Frage hatte er ihr vor kaum einer Viertelstunde gestellt, als er ihr die Angst nehmen wollte! Er hätte Tränen gelacht, wenn die Qual in diesem Augenblick auch nur ein wenig erträglicher gewesen wäre. Diese Frau behandelte ihn so, als ob er die Jungfrau wäre …
Gerade, als er beginnen wollte, ihr den Kopf zurechtzusetzen, rutschte sie ein wenig näher zu ihm. »Magst du es?« beharrte sie.
»Ja, natürlich.«
»Dann küß mich, bitte.«
»Sara, küssen ist nicht das einzige, was ich tun möchte. Ich möchte dich berühren … überall.«
Er erwartete, daß sie sich wieder von ihm zurückzog. Zum Teufel, er wünschte, er könnte Geduld für diese Tortur aufbringen. Seine Nerven lagen bloß, und er konnte an nichts anderes denken als daran, wie sie sich anfühlen würde, wenn er sie in Besitz nahm.
Er schloß die Augen und brummte.
Plötzlich fühlte er, wie sie seine Hand nahm und auf ihren Busen legte.
Er rührte sich nicht von der Stelle, und auch sie blieb reglos liegen. Sie sahen sich lange in die Augen, und Nathan war neugierig, was sie als nächstes tun würde, während sie darauf wartete, daß er sein Werk vollendete.
Es dauerte nicht lange, bis Sara unruhig wurde. Er strich ganz leicht über ihre Brust, und diese Berührung zauberte flatternde Schmetterlinge in ihren Bauch und machte sie mutiger. Sie streichelte mit ihren Zehen seine Beine und beugte sich langsam vor.
»Ich hasse es, wie in einer Falle gefangen zu sein«, flüsterte sie zwischen ihren federleichten Küssen. »Aber jetzt fühle ich mich frei, Nathan. Bitte, hör jetzt nicht auf. Für mich ist das alles zu neu – wirklich.«
Er liebkoste ihre Wange. »Ich habe nicht vor, aufzuhören«,
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