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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf die in der Sonne weiß leuchtende Anlage in den Felsen, auf die Blumengärten und die Terrassen. Seine Handbewegung war umfassend, war stolz.
    »Das ist deine neue Welt, Joanna. Nun ist es deine Entscheidung!«
    Sie nickte und war ganz still, während Rainherr die ALTUN HA an die Mole steuerte. Ein Mann in verwitterter Matrosenkluft wartete schon und nahm das Tau an, das Juan ihm zuwarf.
    »Das ist Jack«, stellte Rainherr vor. »Er kennt alle Meere. Jetzt ist er bei mir als Gärtner.«
    Ein großer, hellbrauner deutscher Schäferhund lief die Treppe zum Strand hinab und rannte bellend über die Mole.
    »Und das ist Mr. Ben. – Mein Gott …«, er legte den Arm um Joannas Schulter und zog sie an sich, »wir haben es geschafft! Joanna, wir haben es geschafft! Das neue Leben hat begonnen!«
    Sie nickte stumm und starrte die Gestalt an, die leichtfüßig hinter dem Hund die Treppe hinunterhüpfte. Das lange, bis über die Schultern flatternde hellblonde Haar leuchtete in der Sonne. Das Mädchen trug hellblaue Mini-Shorts und ein einfaches weißes T-Shirt mit dem Aufdruck: I LIKE PAPA. Das Mädchen war groß und schlank und von jener unfertigen Schlaksigkeit, die sechzehnjährigen Mädchen oft anhaftet.
    Auf halber Höhe der langen Treppe blieb es stehen, legte die rechte Hand als Sonnenschutz über die Augen und blickte hinüber zu der Yacht.
    Ein fremdes Schiff.
    Warum benahm sich dann aber Mr. Ben so toll, als wenn Herrchen nach Hause gekommen wäre?
    Der Hund sprang jaulend auf der Mole hoch und behinderte den alten Jack, das Tau um den Polder zu schlingen. Dann erkannte das Mädchen den am Bug winkenden Juan und ließ die Hand von den Augen sinken.
    »Und das ist sie also …«, sagte Joanna leise.
    »Ja, das ist Annette.«
    »Ein hübsches Mädchen …«
    »Das junge Abbild ihrer Mutter.«
    »Sie wird mich nicht akzeptieren, Andres …«
    »Das wollen wir sehen!«
    Er faßte ihre Hand und zog sie aus dem Ruderhaus. Draußen, vor der Reling, legte er den Arm um Joanna und zog sie an sich. Mit einem plötzlichen Ruck riß er sie zu sich herum und küßte sie.
    Nur eine Sekunde dauerte die Überrumpelung, dann stieß sie sich mit beiden Fäusten von ihm ab.
    »Du bist verrückt!« keuchte sie. »Andres, das war der größte Fehler bei dieser Ankunft. Noch bevor sie mich kennt, haßt sie mich schon …«
    Langsam stieg jetzt Annette die Treppe zum Strand hinab. Ihre Lippen waren zusammengekniffen. Auf der untersten Stufe blieb sie stehen und warf mit beiden Händen das lange Haar über ihre Schultern zurück.
    »Sie bleibt stehen …«, sagte Rainherr ernst. »Früher, wenn ich zurückkam, lief sie mit Mr. Ben um die Wette mir entgegen. Beide rissen mich fast um …«
    Er ließ Joanna los und wartete, bis das Fallreep über die Mole geschoben war und Juan an Land sprang.
    »Komm«, sagte er und reichte Joanna seine Hand. »Komm in dein neues Leben. Ich möchte den sehen, der uns daran hindern will …«
    »Wäre es nicht besser, du gingst erst allein zu deiner Tochter und erklärtest ihr alles?«
    »Nein!«
    Er zog sie zum Fallreep und umfaßte wieder ihre Schultern. »Das ist eine Sache, die müssen wir gemeinsam durchstehen …«
    Begrüßungen, auch wenn sie höflich sind – oder gerade, weil sie besonders höflich sind –, können tief verwunden. Schon eine erste Begegnung, ein erster Blick oder Händedruck können Mauern aufrichten, können Abgründe aufreißen.
    Man kann sich umarmen und im gleichen Augenblick wissen: Diesen Menschen kannst du nicht ausstehen! Seine Gegenwart erzeugt dir Übelkeit. Lächle, lächle, wahre die Form – aber dieses Lächeln, aus den Mundwinkeln heraus, ist eisig, ist festgefroren, wird nie auftauen.
    Die Höflichkeit eines Gletschers, sozusagen.
    Nachdem Andreas Rainherr und Joanna Tabora an Land gegangen waren und Mr. Ben, unbelastet von Vorurteilen, an seinem Herrn hochgesprungen war und ihn fast umgerissen hätte, vor Freude jaulend, als empfinde er das Glück wie einen Schmerz, kam endlich auch Annette näher.
    Sie trat aus dem Schatten der Felsentreppe heraus und rief zunächst mit heller Stimme: »Ben! Hierher! Bei Fuß, Ben!«
    Der Hund duckte sich, blinzelte Rainherr an und konnte sich nicht entschließen. »Du bleibst jetzt hier«, sagte Rainherr leise und kraulte ihn zwischen den Ohren. »Jetzt bin ich ja wieder da – und so schnell gehe ich auch nicht wieder weg …«
    »Sei nicht so sicher, Andres.«
    Joanna stand neben Rainherr und blickte Annette entgegen.

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