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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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– schon damals kannte man Kidnapping – nur nannte man es anders. Es war eine Felsenhöhle mit einem kleinen vergitterten Loch als Fenster. Eine dicke Falltür versperrte eine Tiefe, wo man Gefangene oder unliebsame Konkurrenten einfach hineinwarf. Wer unten landete, in diesem Verlies, hatte wenig Chancen, wieder nach oben zu kommen. Wir fanden tatsächlich die Knochen von vierundvierzig Menschen! Ein Arzt und ich haben die Skelette in der Pathologie des Krankenhauses von Georgetown zusammengesetzt. Sogar Frauen waren darunter, sechs Frauen.«
    »Damals lebte Mama noch …«, warf Annette ein.
    Es klang ganz harmlos, nur so als Ergänzung zu Rainherrs Erläuterungen, aber es war eine deutliche Kampfansage: Du sitzt auf einem Platz, der meiner Mutter gebührt. Alles hier hat sie mit Paps aufgebaut. Sie lebt nicht mehr, aber sie ist noch immer um uns! Du wirst es nie schaffen, sie zu verdrängen, so schön du auch bist!
    Paps liebt dich, nicht wahr? Er hat dich an der Reling geküßt, damit ich es sehe. Du bist seine Geliebte, man kann ihm das nicht übelnehmen. Schließlich ist Mama schon lange tot … Aber du bist die erste Frau, die er mitgebracht hat in unser Haus …
    Er hat bestimmt viele Frauen in den Armen gehalten in den vergangenen Jahren, ich habe sie nie gesehen, nie kennengelernt, nie mit einer gesprochen. Dich aber bringt er in unser Haus …
    Sieh mich nur forschend an, Joanna Tabora. Du wirst Mama nie verdrängen …
    »Wir haben vier Jahre an diesem Haus gebaut«, erzählte Rainherr unbeirrt weiter. »Als es fertig war, luden wir den Gouverneur ein. Er ging überall herum, sah sich alles an und sagte dann in seiner unterkühlten britischen Art: ›Es ist erstaunlich, welche Leistungen Menschen in Ihrem Zustand zustande bringen können! Gratuliere, Sir. Nun fangen Sie nur nicht an und setzen die Piratentradition fort!‹ Das war ein Scherz. Im nächsten Jahr kaufte ich die Fischfabrik mit einem englischen Teilhaber, später die Schildkrötenverarbeitungsbetriebe.«
    Rainherr schwieg abrupt. Er trank sein Glas aus und setzte es hart auf die steinerne Balustrade. »Kurz darauf starb meine Frau«, sagte er hart.
    »Paps hat Mama sehr geliebt …«, ergänzte Annette den Satz ihres Vaters anscheinend harmlos.
    »Das glaube ich.« Joanna umklammerte mit beiden Händen fest ihr Glas. »Sie muß eine tapfere, mutige und wundervolle Frau gewesen sein, wenn sie das alles mit aufgebaut hat.«
    »Sie war sanft und still und so blond wie ich«, fuhr Annette verträumt fort. »Niemand traute ihr zu, daß sie Paps in seinen Ideen unterstützen würde. Aber sie tat alles, was er wollte. Sie liebte ihn eben … abgöttisch. Da fällt mir gerade ein, als Paps den alten Oberst erwähnte, daß der einmal sagte: ›Mrs. Rainherr, ich muß es loswerden: Ihre Liebe zu diesem Phantasten von Mann ist für mich ein Wunder!‹ Ich stand neben Mama und begriff damals noch nicht, was er damit meinte. Heute … heute verstehe ich es.«
    Sie schlug die langen Beine übereinander und räkelte sich in den Polstern des Korbsessels.
    »Es wird nie wieder eine Frau geben, die hier, auf dem Piratenfelsen, mit Paps, dem Meer, der Sonne, dem Himmel und der Einsamkeit glücklich ist.«
    »Aber Sie sind es doch, Annette …«, sagte Joanna leise.
    »Ja. Ich bin auch wie meine Mutter.«
    Damit war der Krieg erklärt. Joanna und Andreas begriffen es sofort und bemühten sich, keinen Blick miteinander zu wechseln.
    Rainherr stand von der Balustrade auf und trug die Gläser zur Bar zurück.
    »Annette«, sagte er und bemühte sich, seiner Stimme einen neutralen Klang zu geben. »Zeigst du bitte Frau Tabora ihre Zimmer?«
    »Gern, Paps.«
    Sie sprang aus dem Korbsessel. »Im Ostbau oder im Westbau?« Sie wandte sich an Joanna. »Hier hat jeder Teil des Hauses seine besondere Geschichte. Im Ostteil haben wir die Skelette gefunden, im Westteil waren die Lagerhöhlen der Piraten.«
    »Die Westzimmer!« sagte Rainherr und sortierte völlig sinnlos die gebrauchten Gläser auf der Bartheke. Er stellte sie wie Soldaten nebeneinander, ausgerichtet wie zu einer Parade.
    »Es sind auch die schönsten Zimmer«, fügte er hinzu. »Von einer eigenen Terrasse aus kann man über eine Treppe direkt den Swimming-pool erreichen.«
    Er wartete, bis Joanna hinter Annette die offene Halle verlassen hatte. Von der Seite kam Juan auf die Terrasse und schleppte einen großen Metallkoffer auf der Schulter. Er enthielt Joannas persönliche Dinge: Kleider, Wäsche,

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