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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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halt, als ob mich seine Frage brennend interessieren würde, und erwähnte, während mir der Kellner irgend so eine undefinierbare Suppe einschenkte, Barbara habe da von einem Buch gesprochen ... Und jetzt war der Herr Schroll sowieso nicht mehr zu halten und holte trotz dem Protest seiner Frau das Buch hervor, blätterte darin und hielt es mir anschließend unter die Nase; dazu sagte er: 'Der Herr Heuberger war so nett und hat mir sein Buch über die Pyramiden geborgt. Na, was soll ich sagen? Sie haben mit Ihrer vernichtenden Kritik an diesen Theorien sicher recht, das glaub' ich schon. Trotzdem sind mir da mehrere Dinge noch völlig unklar. Das hier sind, kommt mir vor, die zentralen Aussagen über Zweck und Funktion der Pyramiden. Darf ich sie Ihnen vorlesen?'
    Dazu ermunterte ich ihn, und er begann: 'Hier fängt's an: „Die Pyramiden waren keine Gräber, sondern es sind gewaltige orgonische Generatoren, die Orgon-Energie, also Prana, sammeln und auf die Erde leiten.“ Bitte, können Sie mir erklären, was das heißen soll?'
    „Hm, ich fürchte, ja. Orgon heißt, glaub ich, eine in der Zwischenkriegszeit von einem österreichischen Arzt namens Wilhelm Reich postulierte kosmische Energie, die irgendwas mit der männlichen Potenz zu tun hat. Und Prana ist meines Wissens ein Sanskrit-Wort und bedeutet im Hinduismus so viel wie Lebensatem und Lebensenergie. In esoterischen Kreisen wird es als feinstoffliche Lichtnahrung bezeichnet, die angeblich feste Nahrung ersetzen kann. Nur, was das alles mit den Pyramiden zu tun haben soll, ist mir schleierhaft. Aber vielleicht lesen Sie weiter?“
    'O ja, gern!' rief er aus und begann weiterzulesen: '„Die Kammern im Innern der Pyramiden dienten als Einweihungstempel, in denen die zukünftigen Pharaonen geheimen Ritualen unterzogen wurden und in denen sie sich so lange aufhalten mußten, bis sie völlig mit dieser Lebensenergie aufgeladen waren. Das gab ihnen gewaltige magische Kräfte, um das Reich zu regieren, die imposanten Bauwerke zu errichten und den kulturellen Fortschritt energisch voranzutreiben.“' Er blickte zu mir auf: 'Any comment?'
    'Well, yes!' erwiderte ich im gleichen Stil. 'Erstens scheint der Verfasser dieses Ergusses die ägyptischen Könige mit elektrischen Batterien zu verwechseln. Aber jetzt kapier' ich wenigstens, wieso vorher von Generatoren die Rede war. Naja, und zweitens frag' ich mich, ob ein Staatsmann wirklich magische Kräfte braucht, um ein Land zu regieren. Na gut, brauchen tät' er sie vielleicht schon, vor allem die Innenminister und Polizeichefs, aber wie wir alle wissen, sind sie grad bei denen sehr wenig verbreitet. Und drittens: „den kulturellen Fortschritt voranzutreiben“. Das ist, mit Verlaub, ein doppelter Schwachsinn. Seit wann wird denn kultureller Fortschritt durch magische Kräfte vorangetrieben? Noch dazu von den Politikern! Sowas kann nur einer schreiben, der von Kultur keine Ahnung hat. Und überdies kann er keinerlei Ahnung von den alten Ägyptern haben, sonst wüßte er nämlich, daß denen an nichts weniger gelegen war als am sogenannten Fortschritt. Im Gegenteil, jede Veränderung war ihnen ein Greuel; für sie sollte immer alles so bleiben, wie's war. Daher auch diese erstaunliche Kontinuität ihrer Kultur über mehr als drei Jahrtausende, nicht wahr? Geht's noch weiter?'
    'Ja', sagte Herr Schroll nachdenklich und las weiter: '„In den Sarkophagen wurden die künftigen Pharaonen und die Hohepriester lebendig eingeschlossen. Wenn sie wahre Nachkommen der Götter waren, so gelang es ihnen, gewaltige Kräfte zu aktivieren und ohne fremde Hilfe den schweren Deckel wieder zu öffnen ...“'
    'Was?' entfuhr's mir vor Überraschung. 'Steht das wirklich so dort?'
    'Ja, ja, natürlich!'
    'Ich kann's nicht fassen ... Lesen Sie bitte weiter?'
    Und er las weiter: '„Bestanden sie die Prüfung nicht ...“'
    '... das heißt also: konnten sie den schweren Sarkophagdeckel nicht ohne fremde Hilfe wieder öffnen, nicht wahr?'
    'Hm - offenbar ja. Also: „Bestanden sie die Prüfung nicht, so wurde ihr Leichnam nach neun Tagen von den Priestern entfernt, und die Kammer der Macht war bereit für die nächste Prüfung eines designierten geistigen Führers.“'
    Herr Schroll schaute mich fragend an. Offensichtlich war er fertig. Ich war's aber auch. Ich schüttelte eine Zeitlang fassungslos den Kopf und erklärte sodann: 'Muß man zu so einem Schwachsinn noch irgendwas sagen? Ich denke, der richtet sich selbst ... Übrigens glaube ich

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