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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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verdient.

    4. Teil

    Though this be madness, yet there is method in it
    (SHAKESPEARE)

    Sodann stürmte ich aber mit Myriam ins Hotel hinein, und dort wurden wir überaus herzlich begrüßt, nicht nur vom Personal, sondern vor allem auch von einem sehr freundlichen, untersetzten Herrn, der mich frappant an einen sogenannten Lachenden Buddha erinnerte, sich auf englisch als Chef des Hauses vorstellte und wiederholt beteuerte, wie froh er sei, daß wir da seien; wir seien reichlich spät angekommen, und er habe sich um uns schon echt Sorgen gemacht. Während anschließend Myriam irgendwelche Formulare ausfüllte, machte ich mit Hilfe meiner Zimmerliste die Zimmerverteilung und vergaß dabei nicht Götzis Auftrag, unsere zwei Süßen, nicht wahr, in unsere Nähe zu geben; und bei all dem gab's wirklich nicht die geringsten Probleme.
    Sobald ich mit der Schlüsselverteilung fertig war, pflanzte sich der Lachende Buddha erneut vor mir auf und fragte mich äußerst höflich, wenn auch in etwas ernsterem Ton als zuvor, ob er mit mir ein Wörtchen reden dürfe, bevor ich zum Abendessen gehe. Ja, selbstverständlich dürfe er, sagte ich leicht verwundert, und daraufhin führte er mich zu einer Seitentür, die ich bisher nicht beachtet hatte, eine Glastür, und auf der stand in großen lateinischen Lettern drauf: CHEZ PHILIPPE und darunter GIFT SHOP. Er hielt sie mir formvollendet auf, machte das Licht an und ließ mich unter Verbeugungen eintreten. Es war tatsächlich ein ganz typischer 'Gift Shop' mit den üblichen Souvenirs, wie wir sie in den wenigen Tagen, die wir jetzt schon im Lande waren, wohl schon zu Tausenden gesehen hatten, von - natürlich nachgemachten - altägyptischen Skarabäen bis zu den Papyrusmalereien, wie wir sie im Papyrusinstitut bewundert hatten; außerdem entdeckte ich jede Menge Schmuck. Ja gut, und was sollte ich da? War er etwa Hellseher? Wußte er, daß ich heute noch die Babsi zu verführen hatte? Und sollte ich daher als Geschenk für sie irgendein schönes und möglichst wertvolles Schmuckstück erstehen? Aber warum hatte er dann den Götzi nicht auch hergeführt? Hatte unsere liebe Lydia nicht das gleiche Recht auf ein schönes Geschenk?
    Aber nein, der Lachende Buddha war natürlich gar kein Hellseher und wollte auch nicht, daß ich ihm was abkaufe, weder für die Babsi noch für sonst jemanden. Was er von mir wollte, war nur, daß ich meine Leute auf seinen 'Gift Shop' aufmerksam mache und sie zum Einkaufen animiere, und dafür versprach er mir sogar eine schöne Provision. Na bitte! Wenn's nicht mehr ist - diesen Gefallen kann ich ihm natürlich gern tun, noch dazu unter solchen Umständen! Und über mein diesbezügliches Versprechen freute er sich wie ... na, sagen wir: wie ein Kind und stellte mir als nächstes eine Spezialität seines Hauses, wie er betonte, vor: goldene Anhänger, in die der Name der zukünftigen Trägerin in Hieroglyphenschrift eingraviert werde: das dauere nicht länger als 24 Stunden und finde erfahrungsgemäß großen Anklang bei den weiblichen Touristen, also (in besserem Deutsch) bei den Touristinnen; wenn ich das meiner Gruppe ganz besonders empfehlen könne? Ja, aber gern! Das werde mir eine Ehre sein.
    Da fiel mein Blick wieder auf das Schild CHEZ PHILIPPE - GIFT SHOP, und ich fragte ihn, wer denn hier Philippe heiße. Der Eigentümer, antwortete er schmunzelnd, und das sei er selber. Ah, er heiße Philippe? erwiderte ich erstaunt. Ja, er sei nämlich Christ oder, wie die Europäer sagten, Kopte. Und zugleich entblößte er seinen Unterarm und zeigte mit sichtlichem Stolz auf das dort prangende gleichschenkelige Kreuz. 'Luxor', belehrte er mich anschließend, 'ist nämlich eine vorwiegend christliche Stadt.'
    'Ah', sagte ich, 'da haben's die Christen in Luxor bestimmt leichter als anderswo in Ägypten?'
    'O ja, sicher!' bestätigte er meine Vermutung. 'Obwohl - wir leiden hier natürlich genauso unter den Terroranschlägen der islamischen Fundamentalisten und deren Folgen wie alle anderen Ägypter. Wenn das noch lang so weiter geht ... Schauen Sie, die Touristen bleiben aus! Es gibt keine Arbeit mehr, kein Geschäft mehr!' Er machte jetzt ein äußerst bekümmertes Gesicht. 'Stellen Sie sich vor, um 70 Prozent ist der Tourismus geschrumpft! Und das alles nur wegen einer Handvoll Verrückter, die unser Land zu einem zweiten Iran machen wollen! Na, „eine Handvoll“ stimmt vielleicht nicht ganz, vielleicht sind es mehr als eine Handvoll; so genau weiß das ja

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