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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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wunderte sich über gar nichts; entweder war ihr das Bergeversetzen nichts Neues mehr, oder sie war schon zu erschöpft, um sich noch über irgendwas zu wundern. Und zuletzt lagen da zuunterst eine Reihe von lauter auffallend langen und relativ schmalen Trümmern, die fast wie Balken aussahen, und zwischen ihnen war's pechschwarz. Und die begannen sie jetzt genauso zur Seite zu räumen, und dabei gingen sie auf einmal mit ganz auffälliger Vorsicht zu Werk und tanzten wie auf Eiern rund um diese länglichen Felstrümmer herum. Und je mehr sie davon wegräumten, umso größer und merkwürdiger wurde das Pechschwarze dazwischen, oder genauer: darunter, und bald sah es so aus, als ob da entweder eine Kohlenader zutage träte oder aber ein sogenanntes Schwarzes Loch zwar nicht in den Sternenhimmel, wohl aber in die Unterwelt führen würde. Da mir dieses seltsame Phänomen keine Ruhe ließ, trat ich neugierig näher, und ich merkte zu meiner Überraschung, wie's auf einmal wärmer wurde, oder genauer: wie warme Luft aus dem Pechschwarzen aufzusteigen schien; aber einer von ihnen trieb mich auf der Stelle mit ausgebreiteten Armen wieder zurück, und ich war mir noch immer nicht sicher, was es war.
    Naja, das war nicht weiter schlimm, denn, wie es sich herausstellte, sollte ich's ohnehin früh genug erfahren. Aber vorher geschah noch was anderes. Einer hob vom Boden den Strick auf, der uns schon so wohlbekannt war, und - ja was? Wollte er uns damit schon wieder anbinden? Doch nein, um uns kümmerte er sich jetzt überhaupt nicht, sondern ging mit dem Strick zur nächstgelegenen Felswand, wickelte ihn, das heißt, das eine Ende von ihm, um eine vorspringende Felsnase und warf den Rest in seiner ganzen beträchtlichen Länge - ja, jetzt kommt's: der ganze Strick verschwand in dem Pechschwarzen, und damit war ein für alle Mal klargestellt, daß das doch keine Kohlenader ist, sondern ein Schwarzes Loch, das offenbar in die Unterwelt führt. Die Bestätigung folgte auf dem Fuß: im nächsten Moment leuchtete eine Taschenlampe auf und beleuchtete zwar nicht das Schwarze Loch, sondern den Stapel unserer Säcke und der Kanister, und jetzt passierte folgendes: einer hängte sich einen von diesen Säcken um, packte einen Kanister und ging auf das Schwarze Loch zu; ein anderer zauberte aus seiner Jackentasche ein Band, wickelte dieses rund um den Bauch des ersten und befestigte daran den Kanister; und ein dritter ergriff den in das Schwarze Loch hineinhängenden Strick und hielt ihn einfach fest. Und jetzt fiel der Lichtkegel endlich auf das Schwarze Loch selbst. Jawohl, es war wirklich ein Loch, ein Felsenschacht, und er schien senkrecht ins Innere von Mutter Erde hinunterzuführen, und ich fühlte mich spontan an Jules Vernes 'Reise zum Mittelpunkt der Erde' erinnert. Und in ihm war also dieser irrsinnig lange Strick verschwunden. Und der mit dem umgehängten Sack und dem angebundenen Kanister hängte sich jetzt die Taschenlampe mit Hilfe einer Schnur um den Hals, umfaßte den Strick und - man höre und staune - ließ sich an diesem einfach in das Schwarze Loch hinein und hangelte sich Hand über Hand in die Unterwelt hinunter, in Richtung Mittelpunkt der Erde, und mit ihm verschwand allmählich auch das Licht der Taschenlampe im Bauch von Mutter Erde.
    Na sowas! dachte ich nur, und dann dachte ich eine Zeitlang gar nichts mehr, vielleicht, weil ich, vom Licht der Taschenlampe geblendet, momentan auch nichts mehr sehen konnte. Sobald ich im Mondlicht wieder was erkennen konnte, fiel mein Blick auf Myriam, und mir fiel auf, daß sie ein furchtbares Gesicht machte und daß ihre Augen entsetzt aufgerissen waren. Meine Lydia schaute dagegen eher gleichmütig drein; wahrscheinlich hatte sie ein reines Gewissen und fürchtete sich nicht vor den Teuferln, die der aus der Unterwelt heraufbringen könnte. Im übrigen dauerte es nicht übertrieben lang, und es wurde im Schwarzen Loch langsam wieder hell, und dann stieg unser Freund frisch und fröhlich aus diesem heraus, aber ohne Teuferl und auch ohne Sack und Kanister. Er belud sich von neuem mit einem Sack und einem Kanister und kraxelte von neuem in die Unterwelt hinunter, und das wiederholte sich so lange, bis alle vier Säcke und alle drei Kanister von der Oberwelt verschwunden waren.
    Na gut. Und was stand jetzt als nächstes auf dem Programm? Ich meine, ich hätte ja schon was gewußt. Ich hätte nämlich schon dringend einmal schiffen müssen, aber wie sollte ich ... Doch siehe da:

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