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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Er ist sieben Jahre älter als ich. Zwei ältere Schwestern sind noch im Babyalter gestorben.
    Wir wohnten in Assiut zwar in einem eigenen Haus, aber dennoch äußerst beengt, weil in ihm auch noch die Großeltern, eine Urgroßmutter und jede Menge Onkel und Tanten, mit oder ohne Kinder, wohnten. Darum mußte ich mit meinem Bruder ein Bett teilen. Wir hatten somit zum Schlafen weniger Platz zur Verfügung als hier.
    Soweit ich mich zurückerinnern kann, schlief ich also stets allein mit meinem Bruder in einer kleinen Kammer im selben Bett. Und soweit ich mich zurückerinnern kann, war das stets so, daß mich mein Bruder im Schlaf berührte ... zwischen den Schenkeln berührte; ich merkte es, wenn ich zufällig wach wurde, und weiß noch genau, daß mir das ursprünglich, nachdem der erste Schreck überwunden war, sehr angenehm gewesen war oder, um es genauer auszudrücken, Lustgefühle bereitet hatte; später bereitete es mir dann allerdings keine Lustgefühle mehr. Am Anfang hat er mich also, wie gesagt, nur mit der Hand berührt. Aber mit der Zeit ging er dazu über, mir das Nachthemd richtig hinaufzuziehen, sich auf mich draufzulegen und mit mir etwas zu machen, was ich in meiner kindlichen Unschuld natürlich nicht verstand. Aber ich hatte von allem Anfang an das unbestimmte Gefühl, daß das unrecht ist, denn es war ein Körperteil betroffen, der für mich immer nur „pfui“ gewesen war - ich meine: ich war in der Überzeugung aufgezogen worden, daß dieser Körperteil und alles, was damit zusammenhängt, schädlich, häßlich und strengstens verboten ist.
    Trotzdem wehrte ich mich nicht gegen meinen Bruder. Ich habe mich kein einziges Mal gewehrt, kein einziges Mal in den vielen Jahren. Jetzt werdet ihr fragen: warum nicht? Nun, erstens habe ich eben selbst ein gewisses Lustgefühl verspürt, und ich weiß noch, daß ich manches Mal schon mit klopfendem Herzen darauf wartete, daß mein Bruder zu mir ins Bett kommen würde; da ich ja die Jüngere war, mußte ich stets wesentlich früher zu Bett gehen als er.
    Dann hat es wieder Zeiten gegeben, wo ich meinen Bruder und das, was er mit mir machte, abgrundtief verabscheute, besonders, wenn er mir, was oft vorkam, weh tat. Aber ich wehrte mich trotzdem nicht. Warum nicht? Ganz einfach: weil er doch der ältere Bruder war. Einem älteren Bruder widersetzt man sich nicht, ganz besonders als jüngere Schwester. So war ich eben erzogen worden. Man fürchtet seine Autorität, die durch Sitte und Gesetz geheiligt ist, und man fürchtet die Reaktion der übrigen Familienmitglieder, falls man seine Autorität verletzt.
    Und schließlich wehrte ich mich auch deshalb nicht, weil ich durch ein verborgenes Schuldgefühl zurückgehalten wurde - ein verborgenes Schuldgefühl wegen der Lustgefühle, die ich ja immer selbst verspürte. Und übrigens: hätte ich mich gewehrt, so würde es natürlich ohnehin nichts genutzt haben, denn er war ja viel stärker als ich.
    Und warum habe ich mich nicht bei meinen Eltern oder sonst einem Mitglied unserer zahlreichen Familie beschwert? Ganz einfach: weil ich fürchten mußte, selbst die Bestrafte zu sein.
    Inzwischen habe ich eine wissenschaftliche Untersuchung gelesen, laut der so etwas in unserem Land außerordentlich häufig vorkommen soll.
    Die Jugendlichen sind, so diese Studie weiter, Opfer einer Gesellschaft, die Sexualität als Sünde betrachtet - außer im Rahmen eines offiziellen Ehevertrags. Aber ansonsten ist jegliche Form sexueller Betätigung strengstens verboten - abgesehen von den nächtlichen Samenergüssen der Jungen. Lacht nicht! So wird es, fast wörtlich, in den Schulen den Jugendlichen beigebracht; das Kapitel heißt: „Sitten und Traditionen“. Dort wird auch darauf hingewiesen, daß Masturbieren genauso schädlich wie der Verkehr mit Prostituieren und daher verboten sei. Und so gibt es eben nur eine weibliche Person, der sich ein Junge oder junger Mann relativ leicht und ungestraft nähern kann - seine jüngere Schwester.
    Ihr seht also, es handelt sich hier um ein sehr verbreitetes Problem. Ich weiß nicht, wie es die anderen Jungen, die sich an ihrer jüngeren Schwester vergreifen, halten, ob sie gleich der Schwester das Geheimnis für sich behalten oder ob sie es an die große Glocke hängen, wie man im Deutschen sagt.
    Mein Bruder hängte es jedenfalls irgendwann einmal an die große Glocke, das heißt, er erzählte es in seinem Freundeskreis herum, wahrscheinlich, um mit seiner sexuellen Erfahrung zu

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