Geliebte Myriam, geliebte Lydia
ihr ebenfalls hatte füttern lassen und verschiedene körperliche Bedürfnisse, darunter auch das Bedürfnis nach Waschen, gestillt hatte, drängte ich meine zwei Süßen trotz meinem immer noch andauernden Kopfweh, an die gemeinsame Arbeit zu gehen. Und was war unsere gemeinsame Arbeit? Ihr werdet euch erinnern: die gründliche Erforschung unseres Labyrinths, um nach Möglichkeit den Faden der Ariadne zu finden, der uns den Weg nach draußen zeigen sollte. Von diesen Aussichten, nämlich aufstehen und an die Arbeit gehen zu müssen, zeigte sich Myriam zwar nicht besonders begeistert, und sie hätte es eigentlich bei weitem vorgezogen, liegen zu bleiben und ihre diversen Wehwehchen auszukurieren, ließ sich aber sehr leicht breitschlagen und sah die Notwendigkeit und Dringlichkeit unseres Unternehmens vollkommen ein; das heißt, die Dringlichkeit eigentlich weniger, denn sie war überzeugt, daß sich die Szenen des gestrigen Abends nicht wiederholen würden - der Videofilm sei gedreht, sie selber bekehrt -, und bis zu unser Erschießung am 1. März sei ja noch genügend Zeit - der wievielte sei heute eigentlich? Ich rechnete nach und kam auf den 19. Februar. Na eben, noch Zeit genug!
Aber wie gesagt, sie machte dann trotzdem, ohne viel zu jammern, mit; vielleicht war sie gerührt von meiner Weigerung, sie allein zu lassen. Und so brachen wir also unverzüglich auf und begannen systematisch unser gesamtes Labyrinth abzusuchen. Wir erkannten sehr bald, daß das, wenn man's einigermaßen gründlich machen wollte, und anders hatte es gar keinen Sinn, extrem viel Arbeit bedeutete, und daß Myriams Annahme, es sei eh nicht dringlich, wir hätten noch genügend Zeit, eine ausgesprochene Fehleinschätzung war. Mich persönlich interessierte natürlich die Hotelsuite mit dem rußgeschwärzten Plafond und den griechischen Inschriften ganz besonders, nicht nur wegen der griechischen Inschriften als solcher, sondern weil beides klarerweise Indizien dafür sind, daß sie in christlicher Zeit von Eremiten bewohnt gewesen ist; und die müssen ja irgendwo zumindest hineingekommen und wohl auch versorgt worden sein. Und irgendwie hatte ich das unbestimmte Gefühl, ja, war sogar überzeugt, daß das nicht über das Schwarze Loch geschehen sein kann.
Ob wir bei dieser Suche Erfolg hatten? Also, dieser erste Tag der Suche, dieser 19. Februar, erwies sich jedenfalls als absolut erfolglos, vielleicht, weil wir uns heute bemühten, erst einmal einen ersten Überblick zu gewinnen - ich legte sogar einen Plan an -, und dabei naturgemäß nicht mit der erforderlichen Gründlichkeit vorgingen, vielleicht aber auch, weil wir alle drei noch nicht gerade in Topform waren, sondern an allen möglichen Wehwehchen laborierten.
Was Myriam betrifft, so hätte ich gern einmal mit ihr allein gesprochen; ich hatte das dringende Bedürfnis, sie zu fragen, was sie eigentlich über meine nächtlichen Aktivitäten dachte. Aber dafür war, solange wir unterwegs waren, sowieso keine Zeit, und außerdem war natürlich ständig meine Lydia dabei. Aber eins fiel mir trotz allem auf, ja, war unübersehbar: Myriam stöhnte zwar immer wieder über dieses und jenes, war aber andererseits stets relativ guter Dinge und brauchte kein einziges Mal getröstet zu werden. Erst als wir Feierabend machten, wenn ich das so nennen darf, und wieder in unsere Ferienwohnung zurückgekehrt waren, um ein spätes Mittagessen oder frühes Abendessen zu uns zu nehmen - ein tolles Menü wahrhaftig: Brot und dazu Mineralwasser, Datteln und Orangen -, da ergab sich zum ersten Mal eine wenn auch kurze Gelegenheit, als nämlich Lydia in unserem Luxusklo verschwand. Und ich war gerade dabei, vorsichtig anzufragen, ob sie mir böse sei, oder irgend sowas - da fiel sie mir, bevor ich noch den Mund auftun konnte, auf einmal stürmisch um den Hals und preßte sich an mich, küßte mich aber nicht, sondern schaute mir nur ernst in die Augen. Auf sowas war ich nun absolut nicht gefaßt. Ich war so verblüfft, daß ich sie nur sprachlos anstarren konnte; zugleich spürte ich, wie mein Körper durch die Berührung mit ihrem jungen, weichen, anschmiegsamen Körper in einen jähen Erregungszustand geriet. Schließlich rief ich einfach aus: 'Myriam!' Das heißt, ich rief natürlich nicht wirklich, sondern ich flüsterte, so leise es ging, aber mit einer ganz besonderen Intensität, so daß es mir im Moment wie Rufen vorkam. Und sie schaute mir auch weiterhin, an mich gepreßt, in die Augen und
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