Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
Vom Netzwerk:
zugeben, daß sie im Grunde recht hatte. Und bevor sie darauf was erwidern konnte, sagte ich: 'Und was schlägst du vor?'
    Ihre Antwort war ebenso prompt wie eindeutig: 'Einen anderen Weg! Einen Weg über die Berge!'
    'Über die Berge? Du mit deinen Spielzeugsandalen?'
    'Ich bin bis jetzt über alle Felsen gekommen! Und besser ein schwieriger und meinetwegen gefährlicher Weg als eine Begegnung mit ihnen!'
    Dieser Argumentation hatte ich allerdings nichts entgegenzusetzen, und so blieb ich vorerst stumm und bohrte nachdenklich in der Nase. Dafür meldete sich jetzt wieder Lydia zu Wort und sagte: 'Du meinst also, so weiter', und dabei deutete sie talaufwärts, 'und dann irgendwo hinauf?'
    'Ja, unbedingt! Bis hierher können sie fahren, dahinter sind wir sicher. Dieser Felssturz ist wahrhaft ein Wink des Schicksals! Und wißt ihr, was ich euch sage? Gehen wir gleich! Später können wir dann rasten, so oft wir Lust haben. Aber hier sind wir noch nicht genügend sicher.'
    Lydia sprang auf und rief: 'Ja, gehen wir gleich! Du hast vollkommen recht!', und dabei warf sie mir einen auffordernden und trotzdem zugleich unheimlich süßen Blick zu. Myriam sprang ebenfalls auf, schnappte sich den Freßsack, den bisher Lydia getragen hatte, und schulterte ihn und warf mir dann einen ganz ähnlichen Blick zu. Na, was sollte ich da noch anderes tun oder sagen? Von zwei so charmanten Augenpaaren so süß aufgefordert zu werden - welcher Mann könnte da widerstehen? Zumal wo ich ihnen in der Sache ohnehin absolut recht geben mußte.
    Also dann auf! Ich erhob mich schwerfällig und überdies ausgiebig stöhnend, hielt mir einen Moment die Hand auf die Stirn, um mein bohrendes Kopfweh zu beschwichtigen, schulterte hierauf Sack und Tasche und murmelte schließlich: 'Na dann! Was sein muß, muß sein!' Und damit setzten sich meine zwei Süßen wortlos in Bewegung, und ich ihnen nach.
    Wir hatten also, seitdem wir unserem Verlies entkommen waren, die Bergkante mit unserem Felssturz praktisch umrundet oder waren vielmehr dabei, sie zu umrunden, und gingen nun daran, durch dieses enge Felsental, vorerst gottlob im Schatten der südwestlichen Felsen, talaufwärts zu ziehen. Und wir hatten eben erst das Gewirr der zahllosen Felsbrocken, zwischen denen wir uns hatten durchschlängeln müssen, hinter uns gelassen, als wir's hörten - ein leises, fernes Dröhnen, das sich wie das Summen einer Wespe anhörte. Da blieben meine zwei Süßen abrupt stehen und erstarrten zur sprichwörtlichen Salzsäule oder vielmehr zu zwei Salzsäulen, und ich blieb ebenfalls stehen und horchte und versuchte zu bestimmen, aus welcher Richtung das Geräusch herkam. Nun, es kam eindeutig von hinten, also vom unteren Teil des Felsentals. Ich drehte mich um und hielt Ausschau.
    War was zu sehen? Jawohl, es war was zu sehen: eine winzige Staubwolke war in der Ferne zu sehen, die es vorher dort ganz bestimmt noch nicht gegeben hatte, und in ihrer Mitte ein noch winzigerer dunkler Punkt. Und es war nicht zu übersehen, daß besagte winzige Staubwolke mit dem noch winzigeren dunklen Punkt in ihrer Mitte zusehends größer wurde, und im gleichen Ausmaß wurde das leise Dröhnen zusehends lauter. Und bald war es eindeutig als Motorlärm zu erkennen, und fast gleichzeitig war der inzwischen beträchtlich angewachsene dunkle Punkt nun als Fahrzeug zu erkennen.
    Da kreischte auf einmal Myriam auf - und sie kreischte wirklich, das kann ich euch versichern - in den höchsten Tönen kreischte sie: 'Sie kommen! Sie kommen! Fort von hier! Rasch!', drehte sich um und begann zu rennen. Ich muß sagen, ihr Kreischen jagte mir einen größeren Schrecken ein als die eben gemachte Entdeckung und versetzte mich einen Moment lang in echte Panik, und ich bin überzeugt, der Lydia ging's nicht anders, und wir stürzten beide in höchster Aufregung der Myriam nach; und dabei war ich wahrscheinlich nahe daran durchzudrehen, weil ich die rasenden Kopfschmerzen nicht mehr auszuhalten glaubte.
    Trotzdem holte ich Myriam, vermutlich einfach wegen des geeigneteren Schuhwerks, sehr rasch ein und rannte darauf eine Zeitlang neben ihr her. Und das war gut so, denn bei ihrem langsameren Tempo bekam ich mit der Zeit wieder einen etwas klareren Kopf, erinnerte mich, warum wir eigentlich dieses lustige Wettrennen veranstalteten, und schaute mich kurz um. Und dabei erkannte ich, daß das Fahrzeug hinter uns schon so nahe war, daß uns die Insassen schon fast ausmachen müßten - wenn wir Pech hatten,

Weitere Kostenlose Bücher