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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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gerade auch unter den jungen Menschen, und die raubt ihnen jede Hoffnung. Wo suchen sie Trost? Natürlich in den Moscheen. Und Moscheen sind in den letzten Jahren zu Hunderten im ganzen Land gebaut worden, sogar in den entlegensten Wüstendörfern, und selbstverständlich auch in dem wuchernden Moloch Kairo. Da darf sich niemand wundern, daß die Fundamentalisten solchen Zulauf haben.'
    'Ja, ja', murmelte ich und warf unseren zwei Gefangenen einen nachdenklichen Blick zu. 'Oder wenn der Direktor eines kleinen Provinzmuseums befürchten muß, daß er von einer wichtigen Neuentdeckung in unmittelbarer Nähe überhaupt nichts hat, sondern alles an das große Museum in der fernen Hauptstadt geht.'
    Daraufhin zuckte Ruschdi nur mit der Schulter, schaute nachdenklich in die Ferne und sagte dann: 'Das ist aber genauso zu verurteilen, wenn nicht noch mehr! Hat er nicht eine schöne, gut bezahlte und angesehene Stelle? Bei ihm ist das reiner Ehrgeiz, das sag' ich dir! Übrigens sind wir schon da.'

    5. Teil

    Die Szene wird zum Tribunal
    (SCHILLER)

    Mit dieser letzten Bemerkung hatte Ruschdi jedenfalls unbestreitbar recht. Wir waren da. Die Fähre legte an, und der Touristenpolizist, der bis jetzt gemütlich mit Achmad geplaudert hatte - nur einmal hatte ich beobachtet, wie er in so ein Funkgerät hineinsprach -, begann mit einemmal hektisch um die beiden Gefangenen herumzuzappeln. Schließlich packten er und Achmad gemeinsam den Verwundeten und trugen ihn davon, und Ruschdi sagte was zum Herrn Inspektor der Altertümer, und der erhob sich würdevoll und stolzierte den anderen nach, und Ruschdi und ich folgten ihm auf dem Fuß. 'Weißt du, hier sind wir jetzt in Luxor', flüsterte mir Ruschdi zu. 'Hier wird er bestimmt kein Aufsehen erregen wollen!'
    'Nein, nein, das glaub' ich auch nicht', flüsterte ich zurück. 'Da müssen wir ihn nicht noch zusätzlich demütigen, indem wir ihn in die Zange nehmen.'
    Und er verhielt sich auch wirklich ganz erwartungsgemäß; oder vielleicht ließen wir ihm auch einfach keine Möglichkeit, irgendwas zu unternehmen, denn an Land, das heißt, oberhalb der Stufen, die von der Landungsbrücke zum Parkplatz hinaufführen, wurden wir bereits erwartet. Da stand nämlich schon der grüne Heinrich, oder wie man halt in Ägypten dazu sagt, und davor stand eine ganze Kompanie Polizei - na, eine ganze Kompanie war's natürlich nicht, aber mehr als genug -, und die sperrten Mund und Nase auf, von den Augen ganz zu schweigen. Aber sie wußten wenigstens, was sich gehört, denn im Nu hatten sie Achmad und dem Touristenpolizisten ihren angeblichen Kollegen abgenommen und im Innern des Fahrzeugs verstaut. Beim Herrn Inspektor der Altertümer zögerten sie sichtlich, aber dann rissen sie sich doch zusammen und geleiteten ihn quasi ins Innere; gerade, daß sie nicht tiefe Bücklinge vor ihm machten. Als nächste stiegen wir ein und leisteten ihm Gesellschaft, das heißt, Ruschdi, Achmad und ich; der Touristenpolizist blieb zurück und mußte wahrscheinlich weiterhin seinen Dienst auf der Fähre versehen. Die gesamte Besatzung drängte ebenfalls herein, und jetzt ging ein unglaubliches Geschnatter los, so daß ich's fast nicht merkte, wie wir losfuhren. Mich selber beachteten sie aber kaum, und wenn, dann warfen sie mir höchstens kurze, erstaunte Blicke zu und rümpften dabei die Nase. Naja, letzteres war ihnen wirklich nicht zu verdenken, denn wir saßen in dem Fahrzeug natürlich extrem dichtgedrängt; und wie mein verstaubtes, verdrecktes und verschwitztes Gewand, das ich heute auf Myriams Rat wieder anhatte, duftete, das könnt ihr euch vielleicht denken. Auf die Idee, daß ich eines der drei Entführungsopfer sein könnte, ist übrigens, wie's aussah, keiner gekommen, und es scheint ihnen auch weder Ruschdi noch Achmad erzählt zu haben. Aber ich versteh's eh: mit unseren zwei Gefangenen waren sie ausreichend beschäftigt, und außerdem war deren Geschichte auch ungleich spannender als die meine.
    Naja, dieser Zustand dauerte ohnehin nicht lang - fünf Minuten, wenn's hochkommt. Dann gab's einen Ruck, und der Wagen stand, die Türen wurden aufgerissen, und die Besatzung begann hinauszuströmen. Und um den Verwundeten kümmerte sich keiner? O doch, es vergingen nur ein paar Augenblicke, und dann standen schon welche mit einer Tragbahre da, und in die wurde er hinausgehoben. Nun nahm man sich auch des Herrn Inspektors der Altertümer an und geleitete ihn unter großen Höflichkeiten aus dem Wagen, und

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