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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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glaubte rein zu träumen, und ich hatte einen Moment lang wirklich sowas wie einen Tagtraum: mir kam vor, als ob mir feierlich der Ehrenring für Verdienste um die Republik Ägypten angesteckt würde, und weil ich mir doppelte Verdienste um die Republik Ägypten erworben habe, werden mir sogar zwei Ehrenringe angesteckt; und weil meine Verdienste um die Republik Ägypten so groß sind, sind auch die Ringe so groß, daß sie nicht auf die Finger passen, sondern nur auf die Handgelenke. Und dann bricht rauschender Beifall los ...
    In dieser Phase fiel mir auf, daß da doch eine gewisse Diskrepanz bestand, eine Diskrepanz zwischen Traum und Wirklichkeit, denn der rauschende Beifall, das wurde mir jetzt plötzlich bewußt, den gab's nur in meiner Phantasie. Hier klatschte keiner Beifall, und es war in Wirklichkeit auch nichts zu hören, kein Geräusch, kein Laut - außer diesem blöden arabischen Sprüchlein, das dieser Kerl noch einmal aufsagte. Halt - das gibt ja plötzlich einen Sinn! Das ist ja gar nicht Arabisch! Das soll ja Englisch sein! Hat der nicht soeben was von 'arrest' gesagt? 'Under arrest'? Ja, spinnt der total? Spinnen die total? Spinnt der Dickwanst total?
    'Are you crazy?' rufe ich voller Empörung aus und spüre im nächsten Moment einen brennenden Schmerz im Kopf und gleich darauf einen stechenden Schmerz in der Magengegend, und mir wird plötzlich speiübel, und mich würgt's im Hals, und dann kotze ich ihnen den ohnehin nicht allzu sauberen Fußboden voll. Schwindlig ist mir obendrein, und ich muß mich an die Wand lehnen, und ich fühle mich auf einmal so schwach ... Ich möchte hinausschreien: 'What are you doing? What's the matter? What have I done to you?' und ähnliches von der Sorte, aber ich bringe jetzt keinen artikulierten Laut heraus, ich lalle nur, und mir wird fast schwarz vor den Augen, und mir graust vor meinem eigenen Erbrochenen; und ich weiß noch, daß mir die Frage durch den Kopf schoß: woher eigentlich, wenn ich doch seit dem Frühstück nichts mehr gegessen habe?
    Nur im Unterbewußtsein dürfte ich registriert haben, wie Achmad auf mich zustürzte und mir unter die Arme griff und wie mehrere von meinen Mitaufgefädelten an mir vorbei rannten und aus dem Zimmer sausten und wie gleichzeitig die Tragbahre mit dem Verwundeten hinausgetragen wurde. Viel bewußter war's mir schon, als kurz danach einer mit einem Kübel und einem Fetzen hereingehuscht kam, sich vor mir zu Boden warf und mit größtem Eifer die Bescherung, die ich angerichtet hatte, aufzuwischen begann. Er war immer noch auf den Knien vor mir und wischte immer noch eifrig, als wiederum die Tür aufsprang und hintereinander zwei Kerle hereinspaziert kamen: einer von denen, die vorhin hinausgesaust waren, und in seinem Schlepptau - und jetzt riß ich trotz meiner Benommenheit vor Überraschung die Augen auf - niemand anderer als der Touristenpolizist, der uns vor drei Tagen auf der Nilfähre zuerst mehr oder weniger bedroht und uns dann, nachdem wir uns zu erkennen gegeben hatten, auf eine ganz reizende Art geholfen hatte. Na, der fiel sichtlich aus allen Wolken, wie er mich da so zugerichtet sah, und redete ganz bestürzt den Dickwanst an, und jetzt glaubte ich sogar zu verstehen, was er sagte. Ja, ja, das ist eigentlich eine recht wirkungsvolle Methode, eine Fremdsprache zu lernen - was meint ihr? Nun, der Dickwanst gab als Antwort nur ein höchst ungnädiges Schnarren von sich, das ich unmöglich verstehen konnte und das mir der Touristenpolizist daher freundlicherweise übersetzte. Ich werdet euch erinnern, daß er gebrochen Deutsch spricht. Er teilte mir also mit, ich sei verhaftet wegen illegalem Waffenbesitz und wegen illegalem Erwerb kultureller Güter des ägyptischen Staates, und ob er meine Tasche öffnen dürfe; er müsse sie leider durchsuchen.
    Ah, daher weht der Wind! Und illegaler Erwerb kultureller Güter des ägyptischen Staates? Na, das geht garantiert auf jenen verhängnisvollen Papyruskauf am anderen Nilufer! Und wer hat den eingefädelt und offenbar von langer Hand vorbereitet? Na, wer wohl? Und ich blickte auf, um unserem angeblichen Freund und Helfer den Vorwurf ins Gesicht zu schreien, und dabei wurde mir er erst bewußt, daß er gar nicht mehr herinnen lag und schon längst hinausgeschafft worden war; und überdies fühlte ich mich ohnehin viel zu schwach und war auch viel zu schockiert, um irgend jemandem was ins Gesicht schreien zu können.
    Ob er meine Tasche aufmachen dürfe? Wieder hörte

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