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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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als letztes stiegen wir aus, nämlich Ruschdi, Achmad und ich. Wir befanden uns in einem von ziemlich abweisend wirkenden Gebäuden mit vergitterten Fenstern umgebenen Hof, auf dem hauptsächlich Uniformierte herumrannten. Ich hatte aber nicht viel Zeit, mir die Umgebung genauer anzuschauen, denn wir wurden gleich in das Gebäude, vor dessen Eingang der grüne Heinrich gehalten hatte, hineingeführt - wir drei und der Inspektor der Altertümer -, und vor uns wurde der Verwundete auf seiner Tragbahre hineingetragen. Es schien ihm übrigens schon besser zu gehen, oder er fühlte sich jetzt auf der Tragbahre einfach wohler; jedenfalls stöhnte er nicht mehr. Er war aber keineswegs bewußtlos oder auch nur benommen, sondern hatte die Augen offen und beäugte seine Umgebung ausgesprochen aufmerksam und beäugte immer wieder auch mich. Das fand ich einerseits irgendwie beunruhigend, andererseits registrierte ich mit einer gewissen Erleichterung, daß seine Blicke bei weitem nicht mehr so haßerfüllt waren, wie ich's von der Hotelsuite noch in Erinnerung hatte.
    Wir wurden also über mehrere Stufen in das Gebäude hineingeführt, über eine Treppe ging's in den ersten Stock hinauf, dort wanderten wir durch lange Gänge, die mich sehr an Kafka erinnerten, und schließlich betraten wir einen großen und, abgesehen von einem Bild des ägyptischen Staatspräsidenten, ziemlich kahlen Raum, in dem hinter einem riesigen Schreibtisch ein äußerst wohlbeleibter und äußerst würdig aussehender Uniformierter saß; das heißt, die Uniformjacke hing hinter ihm auf der Stuhllehne, aber er erhob sich sogleich schwerfällig und mit einem unbeschreiblich gelangweilten und sogar griesgrämigen Ausdruck im Gesicht von seinem Stuhl, schlüpfte in seine Uniformjacke und ließ sich sofort wieder in seinen Stuhl fallen; und der krachte unter seinem Gewicht, daß ich schon glaubte, im nächsten Moment bricht er durch und landet rücklings auf dem Fußboden, und begann in einer Art vorauseilender Heiterkeit, falls man das so sagen kann, zu schmunzeln. Mir fiel aber auf, daß die anderen keineswegs schmunzelten, sondern im Gegenteil furchtbar ernst, um nicht zu sagen: ehrerbietig oder gar unterwürfig, dreinschauten, besonders die Polizisten, die obendrein noch stramm salutierten, was mich, ehrlich gesagt, zusätzlich belustigte. Allerdings mußte ich dafür einen strafenden, ja, vernichtenden Blick von seiten des Dickwanstes hinter dem Schreibtisch einstecken. Ich müßte lügen, wenn ich behaupten wollte, daß mich dieser Blick völlig kalt ließ; ein bißchen hat er mich schon gestört, aber ich hab' mich nicht weiter darum geschert, und was mich zu dem Zeitpunkt viel mehr störte, das war mein Hunger und mein Durst.
    Während wir, und damit meine ich jetzt: Ruschdi, Achmad, mich und die meisten Polizisten, uns an der dem Schreibtisch und dem Dickwanst gegenüberliegenden Wand aufstellten, wurde die Tragbahre mit dem Verwundeten vor dem Schreibtisch niedergestellt, und der Inspektor der Altertümer wurde gleich daneben postiert. Den stierte der Dickwanst jetzt als nächstes an und machte dabei große Augen. Und dann fiel sein Blick auf den Verwundeten, und da drohten ihm die Augen beinahe herauszukugeln, so daß ich mir auf die Lippen beißen mußte, um nicht schon wieder Anstoß zu erregen; so komisch sah das aus. Dann redete er die beiden kurz an, zuerst den Verwundeten und dann den Inspektor der Altertümer, und die gaben ebenso kurze Antworten, und ich hatte den zwingenden Eindruck, daß alle zwei gute Bekannte von ihm waren. Im Fall des Inspektors der Altertümer wunderte mich das natürlich weniger, aber beim Verwundeten ... Am Ende war er doch ein richtiger Polizist? Hierauf redete, nein: herrschte er uns an - uns ganz allgemein, die wir wie aufgefädelt vor ihm an der Wand standen, und zwar mit wirklich äußerst ungnädiger Stimme und ebensolcher Miene, und dann begann einer meiner Mitaufgefädelten in furchtbar unterwürfigem Ton zu reden, und nach ihm redete, schon etwas weniger unterwürfig, Ruschdi, der übrigens neben mir stand, oder vielmehr: ich hatte mich neben ihn gestellt. Er redete sehr lang und deutete dabei immer wieder auf mich. Das Gesicht des Dickwanstes blieb während diesem gesamten Vortrag völlig unbewegt, das heißt, immer gleich würdevoll, immer gleich gelangweilt und immer gleich griesgrämig. Naja, er litt halt auch unter Hunger und Durst; das konnte man ja verstehen, nicht? Andererseits hat Ruschdi unter

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