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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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ich die keineswegs unfreundliche und eher mitfühlend klingende Stimme des Touristenpolizisten vor mir. Ah, mein Arm war im Weg! Ich hielt noch meinen Ellbogen über die Tasche! Mechanisch, und ohne ein Wort zu sagen, hob ich ihn ein Stück an und schaute apathisch zu, wie er sie öffnete, sich über sie drüberbeugte und gleich als allererstes - na, was wohl? - natürlich mein Schießeisen herausfischte, mir mit schon bedeutend weniger freundlicher oder mitfühlender Miene unter die Nase hielt und anschließend mit spitzen Fingern, wie eine Trophäe schwenkend, dem genüßlich grinsenden Dickwanst brachte und vor diesem auf dem Schreibtisch deponierte. Und ebenso apathisch schaute ich zu, wie er anschließend wieder zu mir zurückkam, sich erneut über meine offene Tasche beugte und in ihr herumzuwühlen begann. Und dabei fielen ihm natürlich beide Papyri in die Hände, sowohl das einzelne Papyrusblatt als auch der Faszikel eines Papyruscodex. Wie er mir die nun aus der Tasche zog, fiel mit einem Schlag meine ganze Apathie von mir ab, und ich rief aufgeregt und mit einer Stinkwut im Bauch: 'Nicht! Die hab' ich nicht illegal erworben! Die hab' ich mit meinem guten Geld bezahlt! Das kann ich beweisen! Dafür hab' ich Zeugen!' Und gleichzeitig versuchte ich ihm meine zwei kostbaren Papyri wieder zu entreißen - mit der gebührenden Vorsicht, versteht sich; einen antiken Papyrus kann man einem natürlich nicht einfach aus der Hand reißen. Leider kam ich damit nicht weit; erstens war ich ja durch die blöden Handschellen sowieso aufs ärgste gehandikapt, zweitens ließ er die Papyri einfach nicht aus, und mit Gewalt wegreißen wollte ich sie, wie gesagt, nicht, und drittens war der ganze Erfolg meiner Bemühungen ein weiterer Hieb ins Gesicht. Der brutale Kerl, der mir die Handschellen angelegt hatte, hatte sich nämlich, wie ich erst jetzt merkte, keineswegs zurückgezogen, sondern lauerte immer noch in meiner Nähe und fühlte sich jetzt offenbar bemüßigt, seinem Kollegen beizuspringen und mich gewissermaßen aus dem Verkehr zu ziehen, und so knallte er mir eben noch eine und zog mich damit für eine Zeitlang tatsächlich aus dem Verkehr.
    Ich war immer noch ziemlich benommen, als ich spürte, wie ich an beiden Ellbogen gepackt und fortgeschleift wurde, aus dem Zimmer hinaus, durch nicht enden wollende, kafkaeske Gänge, über die Treppe ins Erdgeschoß hinunter, dort wieder durch einen langen Gang und dann wieder in ein graues, ziemlich kahles Zimmer hinein, wo schon zwei Uniformierte herumhockten und sich offensichtlich langweilten. Inzwischen hatte ich übrigens auch bereits registriert, wer die zwei waren, die mich da an den Ellbogen festhielten und durch die Gänge schleiften: der brutale Kerl auf der einen Seite und der Touristenpolizist auf der anderen. Die beiden Gelangweilten machten kein besonders erfreutes Gesicht, wie die zwei da mit mir bei ihnen eindrangen und sie in ihrer beschaulichen Ruhe störten - im Gegenteil: reichlich mürrisch klangen die Antworten, die sie meinen lieben Betreuern gaben, und mit zornig funkelnden Augen glotzten sie mich an, als sie sich mit sichtlichem Widerwillen von ihren Sitzen erhoben, unmutig auf ein Wandregal zustapften und diesem verschiedene Gegenstände entnahmen: einen großen hölzernen Karteikasten, einen Fotoapparat, und was weiß ich noch alles. Da schwante mir gleich, was die mit mir vorhatten: allem Anschein nach sollte ich in die ägyptische Verbrecherkartei aufgenommen werden. Na, ohne mich! dachte ich erbittert und schwor mir innerlich, passiven Widerstand zu üben - frei nach dem Motto: macht euren Dreck alleine!
    Nun, ich konnte sie nicht daran hindern, von mir die berühmten Verbrecherfotos zu machen - ihr wißt schon: eines von vorn, eines von links und eines von rechts. Ich konnte sie auch nicht daran hindern, erneut in meiner Tasche herumzuwühlen und aus ihr meinen Paß herauszufischen. Aber ich konnte sehr wohl das nun folgende Verhör, oder wie ich das nennen soll, boykottieren und auf ihre Fragen beharrlich schweigen. Und zwar machten sie das so: einer saß, mit einem Kuli in der Hand, am Schreibtisch und schrieb, oder vielmehr: lauerte darauf, meine Antworten niederschreiben zu können, einer saß daneben und stellte - vergeblich - die Fragen, und der Touristenpolizist saß auf der anderen Seite des Schreibers und übersetzte mir die Fragen und sollte vermutlich ebenso meine Antworten ihnen übersetzen. Vorläufig blätterte er nur meinen Paß

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