Geliebte Myriam, geliebte Lydia
und sie zog uns, also Lydia und mich, richtiggehend in die Hotelhalle hinein, und dabei blieb uns natürlich nichts anderes übrig als uns zu trennen.
Sobald die Eingangstür hinter uns zugefallen war, sagte Myriam überrascht und besorgt: 'Aber Christian, warum bist du denn so naß? Du bist ja naß von Kopf bis Fuß!'
'Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt!' trällerte ich anstelle einer Antwort und schaute beide ganz verliebt an.
Lydia lächelte süß und sagte: 'Aber sag, wieso bist du wirklich so naß? Hat man dich so, wie du warst, unter die Dusche gestellt?'
'Unter die Dusche gestellt!' wiederholte ich entsetzt und spürte, wie ich von Kopf bis Fuß eine Gänsehaut bekam; aber vielleicht war das nur, weil ich zu frösteln anfing - eigentlich hatte ich schon längst gefröstelt, aber es wurde mir erst jetzt, wo ich im Haus herinnen stand, so richtig bewußt. 'Nein, nein, ich nicht! Das war ein anderer!'
'Ja, aber wieso bist du dann so waschelnaß?' beharrte Lydia. 'Du wirst dich noch verkühlen! Komm, geh dich schnell duschen und umziehen!'
Genau! Das war ein wahres Wort! Schnell duschen und umziehen, schnell essen und schnell abhauen! Und ich teilte ihnen in kurzen Worten mit, daß Ruschdi in Kürze mit meinem Paß kommen und mit uns zum Flughafen eilen werde und daß wir uns ganz schnell reisefertig machen sollten. Dann fiel mir wieder ein, daß sie ja eigentlich krank waren, und fragte sie, ob sie hoffentlich eh schon so weit wiederhergestellt seien, daß sie reisen könnten, aber es sei sehr dringend. Da waren sie klarerweise äußerst bestürzt, weil sie natürlich keine blasse Ahnung hatten, was geschehen war, daß wir so plötzlich abhauen mußten, und beantworteten meine Frage nach ihrem Gesundheitszustand überhaupt nicht.
Ich beantwortete aber ihre Frage auch nicht ordentlich, sondern sagte nur: 'Wegen der Polizei! Wir müssen sofort abhauen! Kommt! Außerdem bin ich schon halb verhungert.' Und gleichzeitig streckte ich beide Arme aus, packte sie an ihren Schultern und trieb sie gewissermaßen vor mir her Richtung Rezeption, um mir dort meinen Zimmerschlüssel geben zu lassen. Sie waren jetzt beide fürs erste vollkommen sprachlos. Erst als wir schon an der Rezeption standen und auf meinen Schlüssel warteten - es ist wirklich komisch: immer wenn man's am eiligsten hat, muß man am längsten warten -, da löste sich offenbar ihre Betroffenheit oder ihre Zunge, und Myriam schaute mich mit großen Augen an und sagte entsetzt: 'Wieso wegen der Polizei?', und fast gleichzeitig sagte Lydia: 'Aber wo bist du denn wirklich so naß geworden?' In diesem Augenblick hörte man hinter uns eine sonore Männerstimme; sie sprach Arabisch, und Myriam drehte sich blitzartig um und sprach dann ebenfalls Arabisch. Und zwar sprach sie mit zwei elegant europäisch gekleideten Herren und zeigte ein paarmal auf mich. Und dann wandte sie sich mir zu, zeigte auf die zwei Herren und sagte: 'Die sind vom ägyptischen Fernsehen. Denen haben wir heute schon ein ausführliches Interview gegeben. Jetzt möchten sie dich auch noch interviewen.'
Da dachte ich, mich trifft der Schlag; meine erste Sorge war nämlich, meine zwei Süßen könnten dabei unsere tolle Entdeckung ausgeplaudert haben, und jetzt würden sich Heerscharen von Grabräubern aufmachen, um das Grab vollends auszuplündern, ehe noch Ruschdi Gelegenheit hätte, für die Wissenschaft zu retten, was zu retten ist. Und ich antwortete ganz bestürzt: 'Was habt ihr denn denen erzählt?'
Aber ich hatte meine zwei Süßen sichtlich unterschätzt, denn Myriam verstand sofort, was ich meinte, winkte ab und sagte: 'Oh, nicht, was du glaubst! Keine Angst, wir haben nichts verraten! Und du wirst natürlich auch nichts verraten, gelt?' ('Gelt' sagte sie; das fiel mir auf; das hatte sie nämlich früher nie gesagt; das mußte sie inzwischen von Lydia und mir gelernt haben, die Süße!')
'O nein, ich werde nicht ein Sterbenswörtchen verraten!' erklärte ich mit Bestimmtheit. 'Ich werde ihnen nämlich überhaupt nichts erzählen! Wir haben ja nicht einmal Zeit für solche Späße. Sag ihnen, daß ich am Verhungern bin und zuerst was essen muß. Und nach dem Essen ... Aber bis dahin sind wir eh schon über alle Berge!'
Myriam nickte, drehte sich um und redete mit den zwei eleganten Herren wieder auf arabisch, worauf die, offensichtlich hochbefriedigt, von dannen zogen. Inzwischen hatte ich meinen Schlüssel bekommen, und während wir Richtung Lift wanderten, bemerkte
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