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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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plötzlich mit einem Schlag bewußt: daß er mir und natürlich auch der Lydia die ganze Zeit unentwegt von 'unserem' Grab erzählt hatte und von seinen Aktivitäten in ihm und den Freuden und Leiden der Registrierung, Konservierung, Restaurierung und Bergung von dessen zahllosen Schätzen und seinem Kampf mit den Elementen, der Bürokratie und den Medienheinis - und ich hatte nur mit einem Ohr zugehört, wenn überhaupt! Das ärgerte mich jetzt zusätzlich, denn das hätte mich ja an und für sich alles brennend interessiert. Und der Lydia war's, wie es sich herausstellte, nicht anders ergangen. Ja, und nun war's zu spät! Nun schüttelte uns Ruschdi die Hand und hatte es plötzlich sehr eilig, was ja in Anbetracht der zahlreichen erlauchten Gäste nicht weiter zu verwundern war. Er versprach uns, uns weiterhin fleißig an unsere gemeinsame neue Adresse zu schreiben und uns über den Fortgang seiner Arbeit auf dem laufenden zu halten, bat uns, ihm Myriams neue Adresse, sobald wir sie eruiert hätten, umgehend mitzuteilen, damit er sich mit ihr in Verbindung setzen könne, und hoffte auf ein Wiedersehen mit uns und auch mit Myriam spätestens zur Eröffnung der nächsten Ausstellung mit Schätzen aus 'unserem' Grab; so nannte er's tatsächlich. Und dann hatte er uns auch schon den Rücken gekehrt und mußte sich jetzt, wie zur Strafe, mühsam durch die sattgefressene und dementsprechend freudestrahlende Menge hindurcharbeiten.
    Während ich ihm so nachblickte, fiel mir auf einmal doch eine wichtige Einzelheit aus seinen Erzählungen ein, daß nämlich jetzt feststehe, daß es sich bei 'unserem' Grab um kein Königsgrab handle, sondern 'lediglich' um das Grab eines hohen Adeligen. Darum enthalte es auch relativ wenig erstrangige Schätze. Naja, es ist alles relativ, dachte ich mir im stillen und mußte an 'unsere' Hauen denken. Und dabei fiel mir ein, daß ich mich nicht einmal nach deren Verbleib erkundigt hatte und auch nicht danach, was mit dem Inspektor der Altertümer oder mit unserem vermeintlichen Freund und Helfer, dem Oberterroristen, weiter geschehen war.
    Aber eigentlich war das alles absolut nebensächlich, ganz besonders die beiden letzten Fragen. Wichtig war nur das eine ... Nun, wir warteten geduldig, bis sich der Saal geleert hatte, nur, um ganz sicher zu gehen, und erst dann nickten wir uns wie zwei Verschwörer zu, erhoben uns von unseren Sitzen und verkrümelten uns. Ich überlegte noch kurz, ob ich vorher vielleicht noch einmal anrufen solle, aber das wollte ich mir, ehrlich gesagt, kein zweites Mal antun. Außerdem würden wir jetzt sowieso schnurstracks hinmarschieren, und so weit war's ja nicht.
    Ja, wir marschierten also schnurstracks zum Haus von Myriams Papa. Der Weg war uns ja noch bestens bekannt, während wir uns bei den städtischen Bussen nicht auskannten. Aber ein bißchen Bewegung würde uns in unserem erregten Zustand sowieso nur gut tun. Eins fiel uns übrigens sofort auf: am Verkehrschaos konnte es nicht liegen. Das war nämlich heute gar nicht so arg, oder vielmehr: eigentlich herrschte gar kein Verkehrschaos, falls man darunter Verkehrsstauungen versteht; denn ein Chaos war der Verkehr natürlich auch ohne Stauungen. Und dann fiel uns auch der wahrscheinliche Grund für dieses auffällige Fehlen von Stauungen ein: heute war ja einer der drei Feiertage, mit denen das Ende des Ramadans gefeiert wird.
    Eine knappe Dreiviertelstunde später standen wir vor der uns beiden so vertrauten Wohnungstür der Familie Girgis und drückten mit laut klopfendem Herzen auf die Klingel. Nach geraumer Zeit hörten wir von innen schlurfende Schritte, und dann drehte sich der Schlüssel im Schloß, die Tür ging einen Spalt auf, und dahinter wurde das hübsche Puppengesicht von Myriams Schwägerin sichtbar. Sie schien uns auch wiederzuerkennen, denn sie machte ein entsprechendes Gesicht und sagte irgendwas; aber weder wirkte ihr Gesicht übermäßig erfreut noch klang das, was sie sagte, übertrieben freudig, jedenfalls im Vergleich zu unserem relativ freudigen 'Hallo!', mit dem wir sie begrüßten, obwohl wir etwas enttäuscht waren, daß sie und nicht Myriams Vater die Tür geöffnet hatte; naja, wer weiß, vielleicht hat sie uns die Enttäuschung an der Nase angesehen. Nach einer direkt unhöflich langen Bedenkzeit überwand sie sich schließlich und deutete uns, wir mögen eintreten. Nun, das taten wir und ließen uns anschließend in das Zimmer führen, in dem vor einem Jahr noch Myriam gewohnt

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