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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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umgehend in seinem Adressenbüchlein nach, und ich schaute in meinem Adressenbüchlein nach - dieselbe Adresse, dieselbe Nummer! Was bedeutete dies also? Dies bedeutete, daß Myriam die Einladung an ihre alte Adresse bekommen hatte, denn die hatte er den zuständigen Regierungsstellen angegeben; von ihrer Übersiedlung oder gar von ihrer Verehelichung habe er nie was erfahren. Das wäre zwar an und für sich nicht weiter schlimm - falls man ihr die Einladung nachgeschickt hat. Was aber, wenn man, was ja denkbar wäre, vergessen hat, sie ihr nachzuschicken, oder sonst irgendwas dazwischengekommen ist?
    Da sprang ich auf, rief ziemlich erregt: 'Das werden wir gleich haben! Ich ruf' schnell einmal an!', und stürzte, ohne auf mein Essen zu achten, davon in Richtung Eingang, wo ich beim Hereingehen zufällig ein Telefon erspäht hatte. Ich sagte zu dem fürs Telefon offensichtlich zuständigen Schani in fragendem Tonfall: 'Kairo?', und als der daraufhin eine großzügige Handbewegung machte, hob ich den Hörer ab und wählte. Ich hoffte, daß sich Myriams Vater melden würde, aber meine Hoffnung wurde leider enttäuscht; es meldete sich eine weibliche Stimme, die auf keine der mir bekannten Sprachen reagierte. Verwirrt und entmutigt, legte ich wieder auf und eilte, ohne die Forderung des Schanis nach einem Bakschisch zu beachten, an den Tisch zurück, um Ruschdi das Ergebnis meiner Aktion mitzuteilen und ihn zu bitten, es doch selbst zu probieren, und zwar bitte sofort. Da erlebte ich zum ersten Mal, wie Ruschdi aus der Haut fuhr. Naja, ich verstand's eh; immerhin mutete ich ihm zu, mitten im Festmahl aufzuspringen und sich ohne Rücksicht auf Appetit oder Etikette mit lästigen Dingen herumzuschlagen. Andererseits: einem Reiseleiter wird sowas ständig zugemutet, und da kann man auch nicht immer aus der Haut fahren. Naja, das Aus-der-Haut-Fahren dauerte zum Glück nicht länger als eine oder höchstens zwei Sekunden, und dann hatte sich Ruschdi wieder voll in der Hand. Er lächelte etwas gequält, nickte kurz, erhob sich und stapfte davon in Richtung Telefon. Und ich? Setzte ich mich jetzt wieder auf meinen Platz, um seelenruhig weiterzuschmausen und zu schauen, daß das Essen nicht kalt wird? O nein! Woher hätte ich auch die Seelenruhe hernehmen sollen? Sondern ich zappelte Ruschdi hinterdrein und ließ ihn nicht aus den Augen und postierte mich, während er telefonierte, seitlich hinter ihm auf und hörte angespannt zu, was er da in die Muschel hineinredete, ohne doch ein Wort zu verstehen, und beobachtete, wie er von neuem aus der Haut fuhr und sichtlich verärgert den Hörer auf die Gabel schmiß.
    'Wer war's?' fragte ich ängstlich; ich befürchtete nämlich schon fast, daß jetzt eventuell fremde Leute in der Wohnung von Myriams Vater wohnten.
    'Ach, die Schwägerin!' polterte Ruschdi. 'Und die weiß von nichts!'
    'Die Schwägerin von Fräulein Girgis?' fragte ich mit einer gewissen Erleichterung.
    'Ja, ja, die Frau ihres Bruders! Und weißt du, sie hat nicht die geringste Ahnung von einer Einladung, weder, ob sie eine erhalten hat, noch, ob sie ihr nachgeschickt worden ist. Ist das nicht ärgerlich?'
    'Und ist sie allein in der Wohnung?'
    'Nur ihr kleines Kind sei noch bei ihr, behauptete sie. Ihr Mann und ihr Schwiegervater seien aus.'
    'Soso. Na, vielleicht hätte ihr kleines Kind mehr sagen können?'
    Mit meiner zugegebenermaßen etwas sarkastischen Bemerkung setzten wir uns wieder in Bewegung. Ruschdi vergaß übrigens trotz seiner Aufgebrachtheit nicht, dem Telefonschani das ihm gebührende Bakschisch zuzustecken. Naja, gelernt ist gelernt!
    Was war da zu tun? Ganz klar: hingehen - was sonst? Das heißt, vorausgesetzt, Myriam tauchte nicht vielleicht doch noch vor dem Ende der Lustbarkeit auf. Aber damit rechnete ich zu dem Zeitpunkt schon fast nicht mehr. Und wie es sich herausstellte, war meine Vermutung leider richtig. Myriam tauchte tatsächlich nicht mehr auf. Ihr Platz neben Lydia blieb leer. Trotzdem blieben wir bis zum Schluß, sozusagen bis zum bitteren Ende. Ich hätte mich nämlich am liebsten schon vorher auf französisch empfohlen, um mir das fürchterliche und mir diesmal ganz besonders unangenehme Getue zum Abschied zu ersparen. Aber wir blieben. Wir hielten durch. Wir nahmen das Getue zum Abschied auf uns. Es hätte ja sein können ... Nur bei Ruschdi empfand ich's nicht als Getue; bei ihm kam's mir vom Herzen und hatte ich das Gefühl, daß es ihm vom Herzen kam. Eins wurde mir jetzt aber

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