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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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sagen! Dabei ist das sonst gar nicht ihre Art, gewalttätig zu sein. Sie war auch nicht etwa eifersüchtig. Nein, gelangweilt hat sie sich halt, und vernachlässigt hat sie sich gefühlt, und drum hat sie vor lauter Ärger nicht einschlafen können. Wahrscheinlich hat sie gedacht: Jetzt mach' ich ihm extra die Freude und fahr' mit ihm allein in dieses öde Hotel, und dann schläft er nicht einmal mit mir, dieser Versager! Oder so ähnlich. Gesagt hat sie dabei übrigens kein Wort, und danach hat sie sich einfach im Bett umgedreht und geschmollt und vermutlich darauf gewartet, daß ich jetzt zu Kreuze gekrochen komme und sie um Vergebung anflehe und es ihr zur Versöhnung besonders gut mache - wer weiß. Falls sie darauf gewartet hat, so war's ein großer Irrtum. Denn die Ohrfeigen müssen in mir irgendwas gelockert oder ausgelöst haben. Ich hab' zwar auch nicht ein Wort von mir gegeben und wahrscheinlich nicht einmal einen Schmerzens- oder Entsetzenslaut oder sowas, sondern bin weiterhin stumm und bewegungslos vor ihr gekniet und hab ihren Hinterkopf angeschaut. Nach einiger Zeit bin ich wortlos aufgestanden und ins Badezimmer gegangen, hab' mich ausgezogen und ins Bett gelegt und hab' versucht zu schlafen. Das ist mir zwar nicht gelungen, aber ich hab' gemerkt, wie's in mir rumort - nicht im Bauch, wohlgemerkt, sondern in der Brust - und wie meine ganze Süchtigkeit, meine Hörigkeit, meine abgöttische Liebe zum Mäuschen locker wird, abbröckelt, zu Staub wird. Und dort und damals hab' ich mir geschworen, in den Semesterferien ohne mein Mäuschen nach Ägypten zu fahren und vielleicht eine kennenzulernen, eine, die mich nicht ständig demütigt, eine, die nicht nur meine Sexualität liebt, sondern auch meine Person als solche.'
    Götzi verstummte. Offenbar war alles gesagt, was zu sagen war. Um den Eindruck zu vermeiden, als ob ich gar nicht zugehört hätte, sagte ich nach einiger Zeit: 'Naja, das war ja von allem Anfang eine arge Zumutung, von dir zu verlangen, sie mit einem zweiten Mann quasi zu teilen, nicht wahr? Ich meine, die seelische Demütigung begann doch nicht erst zu dem Zeitpunkt, als sich bei dir das Versagen einstellte, sondern sie demütigte dich doch schon allein damit, daß sie sich diesen zweiten Mann in deiner Gegenwart in ihre Wohnung einlud - hab' ich nicht recht?'
    Und als er sich weiterhin in Schweigen hüllte, wiederholte ich: 'Hab' ich nicht recht?'
    Und erst daraufhin murmelte er zögernd: 'Hm ... Na, weißt du, Christian, du glaubst ja gar nicht, an was sich der Mensch alles so gewöhnen kann!'
    'O nein!' widersprach ich. 'Glaube ja nicht, daß du dich an diesen Zustand gewöhnt hast! Sonst hättest du vorhin nicht so heftig auf meinen Vorschlag reagiert, mit der Lydia und mit der Babsi zu flirten! Und mir ist auch nicht die Erregung verborgen geblieben, mit der du das erzählt hast, woran du dich angeblich gewöhnt hast. Nein, nein, du hast dich nie daran gewöhnt und warst immer unglücklich und hast dich die ganze Zeit nach einer gesehnt, die wie ist?'
    'Liebevoll, zärtlich, geduldig und einfühlsam.'
    'Stimmt's?'
    'Mhm, dürfte stimmen.'
    'Siehst du, und jetzt bietet sich dir die Chance, eine solche kennenzulernen. Denn inzwischen bin ich überzeugt, daß alle beide liebevoll, zärtlich, geduldig und einfühlsam sind. Und schau nur nicht zu sehr aufs Äußere! Das sagt gar nichts.'
    'Damit dürftest du absolut recht haben. Mein Mäuschen hat nämlich beispielsweise eine Superfigur und ein ausgesprochen hübsches Lärvchen ...'
    'Siehst du? Und trotzdem warst du mit ihr nie glücklich!'
    'Ja, ja', murmelte Götzi und versank erneut in brütendes Schweigen. Und jetzt fühlte ich mich nicht mehr verpflichtet, meinerseits was zu sagen, und da ich ohnehin schon längere Zeit mit dem Schlaf gekämpft hatte, dürfte ich jetzt, ohne es zu merken, blitzartig in Morpheus' Arme gesunken sein. Warum heißt er eigentlich Morpheus? Ganz einfach, weil er die Traumgestalten schickt, und 'Gestalt' heißt auf griechisch 'morphé'. Und hat er mir wieder Traumgestalten geschickt? Na, und ob! Nur, was die alles getrieben haben, das hab' ich mir leider nicht so genau gemerkt. Ich weiß nur so viel, daß ich wieder von meiner Maria träumte und dann auch von Salam, und Salam hat mich irgendwie gedemütigt; und dann war ich der Götzi, und ich, der Götzi, war wieder in der Ötscherhöhle gemeinsam mit meiner Maria und dazu noch mit Lydia oder Babsi, das weiß ich nicht mehr, und ich konnte mich nicht

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