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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Stich. Und passiert letzteres - und das passiert öfter, als mir lieb ist -, oh, was glaubst du, wie sie dann höhnisch sein kann - höhnisch, verletzend und eben demütigend. Dabei meint sie das wahrscheinlich gar nicht so, aber gerade dadurch wirkt's umso demütigender. Und sie ist dabei überhaupt nicht gehässig oder so, o nein! Sie zischt nicht etwa: Ach, du Versager, du kannst mir den den Buckel hinunterrutschen! oder ähnliche schöne Dinge, wie du dir das vielleicht erwartet hättest. Nein, nein, ganz mild und sanft ist sie und schnurrt wie ein Schmeichelkätzchen und gibt in den allerzärtlichsten Tönen Dinge von sich wie zum Beispiel folgendes: Ja, was macht denn unser lieber Kleiner heute? Was hat er denn schon wieder? Warum mag er denn nicht groß und stark werden, wie sich's gehört? Na, zum Glück hab' ich da ja noch einen anderen ... Und so weiter. Und sobald sie ausgeschnurrt hat, wendet sie sich eben dem anderen zu, und ich ... ja, ich darf dann eben zuschauen oder zuhören, je nachdem. Und dabei zerreißt's mich innerlich fast vor ... vor ... naja, vor seelischem Schmerz eben, und oft genug hock' ich daneben, und mir rinnen die Tränen übers Gesicht. Und in diesen Momenten ist sie mir so fremd ... so fremd, daß ich mir denke: Was mach' ich denn da überhaupt? Warum bleib' ich nicht alleine zuhaus? Da würde ich mich nicht kränken, da müßte ich nicht heulen wie ein Schloßhund, da müßte ich mir keine Demütigungen gefallen lassen! Und dann wieder hab' ich gute Lust, alle zwei, wie sie da vor meinen Augen hingebungsvoll bumsen oder vor meinen Ohren lustvoll stöhnen oder schreien - sie stöhnt nämlich meistens nicht, sondern schreit wie am Spieß -, also alle beide zu packen und erbarmungslos zu verprügeln oder noch Schlimmeres - jawohl, noch Schlimmeres! Aber es bleibt immer nur bei der Phantasie. Weder werde ich gewalttätig noch packe ich meine Sachen und geh' nach Haus. Und warum nicht, wirst du fragen? Weil ich ... weil ich nicht kann. Weil ich süchtig bin nach ihr. Weil ich ihr einfach hörig bin. Weil ich sie abgöttisch liebe ... geliebt habe.'
    Er verstummte urplötzlich und verfiel in nachdenkliches Schweigen. Mehr um ihn zu trösten, warf ich ein: 'Also hast du dich in der Zwischenzeit von ihr endlich lösen können?' Und erst nach geraumer Zeit antwortete er: 'Ja, Gott sei Dank! Aber der Anlaß ... Also das war so: nach langem Zureden war's mir diesmal gelungen, sie zu überreden, Silvester mit mir allein zu verbringen ...'
    'Aha!'
    'Nix aha! Eh nicht ganz allein, sondern innerhalb einer Reisegruppe. Es war eine organisierte Silvesterfeier in einem Hotel in Budapest bei gutem ungarischem Essen und gutem ungarischem Wein und viel Tamtam. Aber offenbar war's doch nicht ganz das Richtige für sie, entweder weil zuviel alte Leute mit waren oder ganz einfach, weil sie sich im Gegensatz zu mir aus so einem Tamtam nichts macht. Na, jedenfalls war ihr fad, und zusätzlich war sie angeblich furchtbar müd, und sie wollte schlafen gehen. Na gut, sagte ich zu ihr, dann geh eben schlafen! Aber ich möchte noch gern bis Mitternacht aufbleiben. Man kann ja ohnehin nicht schlafen, solang die Krachmacher aktiv sind! Und so ist sie halt schlafen gegangen, und ich hab' noch weitergefeiert bis Mitternacht, und weil's so lustig war, noch weit über Mitternacht hinaus. Es war mindestens zwei, wie ich in unser Zimmer zurückgekommen bin. Na, so schleich' ich mich halt ins Zimmer hinein und versuche ja keinen Lärm zu machen, um sie nicht aufzuwecken; nicht einmal das Licht knipse ich an. Aber diese Vorsichtsmaßnahmen erwiesen sich als völlig unnötig, denn nachdem ich zur Genüge herumgestolpert war, höre ich plötzlich ihre Stimme, und die klingt weder verschlafen noch übertrieben zärtlich; sie klingt unheilschwanger: „Na, bist du endlich da!?“ Wie ich merke, daß sie munter ist, stürze ich mit einem Aufschrei der Erleichterung auf sie zu, werfe mich vor ihr auf die Knie, schlinge meine Arme um ihren Kopf, flüstere ihr einige Koseworte ins Ohr und versuche sie schließlich auf den Mund zu küssen. Doch sie dreht ihren Mund weg, richtet sich dann gegen meinen Widerstand auf, knipst das Licht an, wirft mir einen bitterbösen Blick zu ... ja, und dann schlägt sie mir mit beiden Händen ins Gesicht ...'
    'Was!' rief ich überrascht und entsetzt aus und war mit einemmal wieder hellwach. 'Ohrfeigen hast du einstecken müssen?'
    'Ja, und die waren nicht von schlechten Eltern, das kann ich dir

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