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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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meistens im Ausland keine Federbetten, sondern nur so ein Deckengewurstel -, und für mein promptes Aus-den-Federn-Springen gab's gleich zwei triftige Gründe auf einmal: erstens strahlend blauen Himmel und herrlichen Sonnenschein; und zweitens schoß mir sofort beim Aufwachen durch den Kopf: Ha! Neuer Reiseleiter! Und gleichzeitig wurde mir bewußt, daß ich von Salam geträumt hatte und daß das ein Alptraum gewesen war. Und heute also sollten wir einen neuen Reiseleiter kriegen! Na, ich war ja schon so gespannt! Und dann war ich ebenso neugierig, ob wir wirklich, wie ich's gewünscht hatte, um acht Uhr abfahren würden.
    Also dann rasch hinein in die Klamotten und hinunter zum Frühstück! Ich hatte mir vorgenommen, spätestens um dreiviertel acht vor dem Hoteleingang auf der Lauer zu liegen. Nun, ich hatte mich so sehr beeilt, daß es erst halb acht war, als ich aus dem Frühstücksraum wieder herausmarschiert kam, und ich marschierte gerade, halbwegs gesättigt und voll der guten Hoffnung, in Richtung Ausgang an der Rezeption vorbei, da fiel mir auf einmal eine dunkelhaarige und dunkeläugige Schönheit auf, die an der Rezeption lehnte und mit aufmerksamen Blicken herumschaute. Sie erinnerte mich sofort an die rassige Schönheit, die ich am Vorabend beim Bauchtanz so bewundert hatte. Aber nein, sie war's nicht. Sie war auch bei weitem nicht so schön. Trotzdem hätte ich mich jetzt fast schon wieder verschaut. Na bitte, ich hab' doch jetzt keine Zeit für solche Späße!
    Ich versuchte mich innerlich von diesem absolut faszinierenden Anblick loszureißen und eilte weiter. Wie ich aber gerade an ihr vorbeieilte, höre ich zu meiner größten Überraschung, wie sie mich anspricht, diese dunkelhaarige und dunkeläugige Schönheit, und zwar, was mich mindestens ebenso überraschte, in fehlerfreiem Deutsch. Ich bin dermaßen verblüfft, daß ich gar nicht gleich kapiere, was sie da daherflötet; denn noch etwas wird mir jetzt bewußt, nämlich daß diese dunkelhaarige und dunkeläugige Schönheit, die mich da in fehlerfreiem Deutsch anspricht, eine höchst angenehme, direkt samtene Stimme hat. Ja, nur den Sinn ihrer Frage ... eine Frage war's nämlich, so viel hab' ich mitgekriegt. Wahrscheinlich schaue ich sie so blöd an ... jedenfalls wiederholt sie freundlicherweise ihre Frage, und jetzt begreife ich endlich ihren Sinn. Ob ich der Reiseleiter der österreichischen Gruppe sei? 'Ja ... das bin ich!' stammle ich als Antwort, noch immer ziemlich perplex. Das wird doch nicht ... Nein, ausgeschlossen! Hm? Was sagt sie da in akzentfreiem Deutsch und wohlgesetzten Worten? 'Dann bin ich Ihre neue Führerin. Herr Mohammed hat mich gestern abend davon informiert, daß ich ab heute in Vertretung von Herrn Salam Ihre Gruppe führen soll und daß um acht Uhr Abfahrt ist. Mein Name ist Myriam.' Und zugleich streckt sie mir ihre Hand entgegen und lächelt dabei ein derart bezauberndes Lächeln, daß ... na, mit einem Wort, ich bin fassungslos. Ich bin total von den Socken. Und dann überkommt mich mit einemmal ein ungeheures Glücksgefühl, und ich möchte am liebsten einen Luftsprung machen oder einen Purzelbaum schlagen, und ich ergreife ihre Hand, und dabei fällt mir als erstes auf, wie zart, ja direkt zerbrechlich ihre Hand ist und wie weich und wie angenehm sie sich anfühlt. Ich ergreife also ihre Hand und drücke sie vorsichtig und begrüße diese dunkelhaarige und dunkeläugige Schönheit vor mir überschwenglich und erkläre, wie sehr ich mich freue und daß ich Christian heiße.
    'Oh, Christian?' flötet sie zurück. 'Welch schöner christlicher Name! Aber meiner ist ebenfalls christlich; er bedeutet Maria.'
    'Ja, ich weiß. Aber ... sind Sie denn Christin?'
    Statt einer Antwort zieht sie den langen Ärmel ihrer Bluse ein Stück hinauf und hält mir lächelnd den Unterarm hin. Und auf diesem, fast noch auf dem Handgelenk, prangt jetzt, deutlich sichtbar, ein eintätowiertes Kreuz mit gleich langen Balken. Sie weist mit dem Zeigefinger der anderen Hand darauf und sagt: 'Das ist das Erkennungszeichen aller ägyptischen Christen.'
    'Oh, das freut mich aber ganz besonders!' rufe ich mit ehrlicher Erleichterung aus. 'Herr Salam scheint nämlich gegen alles Christliche irgendwelche Vorurteile zu haben, und unter denen haben wir gestern ziemlich gelitten!'
    Da erstirbt plötzlich ihr bezauberndes Lächeln, und sie sagt mit auffallend leiser Stimme: 'So? Nimmt er sich nicht einmal vor den Touristen ein Blatt vor den

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