Geliebte Myriam, geliebte Lydia
sei; und sollte ich mit irgend etwas nicht völlig zufrieden sein, so solle ich ja nicht zögern, ihm das mitzuteilen, und er werde im Rahmen seiner Möglichkeiten für sofortige Abhilfe sorgen, damit ich seine Agentur bedenkenlos weiterempfehlen könne. Sodann schütteln er und Mister Ali mir freundlich die Hand, rufen 'Good-bye', springen in ihr Auto und brausen davon.
Auch die anderen waren inzwischen in ihr jeweiliges Gefährt eingestiegen, und man wartete offensichtlich nur mehr auf mich. Also stieg ich in den Autobus - und wurde mir im selben Augenblick eines Problems bewußt, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Ich war's ja gewohnt, als Reiseleiter auf dem Reiseleitersitz neben dem Chauffeur Platz zu nehmen. Aber der war offenkundig bereits besetzt - natürlich, ich war hier ja nicht der einzige Reiseleiter! Während ich noch blöd aus der Wäsche guckte, rief mir plötzlich mein einzelner mittelalterlicher Herr fröhlich zu, ich solle mich doch zu ihm setzen, er habe mir einen Platz in der ersten Reihe freigehalten. Da atmete ich, wahrscheinlich deutlich hörbar, auf, setzte mich neben ihn und hätte ihn am liebsten umarmt - aber ich glaube, das wäre vielleicht doch nicht gar so passend gewesen, und wer weiß, was sich die anderen dabei gedacht hätten! Außerdem ließ er mich gar nicht zum Überlegen kommen, denn er amüsierte sich in einem fort köstlich über meine bühnenreife Darbietung, wie er's nannte. Er meinte offenbar die Szene mit den Gepäckträgern von vorhin. Naja, er schien ein rechter Witzbold zu sein.
Da gab Salam, der Schwarm aller Frauen, wieder was von sich, und was er von sich gab, schien eine Frage an mich zu sein: nämlich, ob wir abfahren könnten. Ja verflixt! Das Allerwichtigste hätte ich über all dem fast vergessen: schauen, ob wir eh vollzählig sind! Also sprang ich augenblicklich wieder auf und zählte die Häupter meiner Lieben - und sieh! mir fehlte kein teures Haupt! Jawohl, wir waren vollzählig! Es konnte losgehen!
Nun hab' ich vorhin erwähnt, daß ich kein Wort Arabisch verstehe. Das stimmt nicht ganz. Natürlich - die Sprache als solche kann ich nicht, einer Konversation kann ich nicht folgen, ich kann nicht einmal die Schrift lesen. Aber ich hab' mir im Laufe meiner Vorbereitung ein paar wichtige Vokabeln eingeprägt. Und so sagte ich jetzt laut und deutlich auf arabisch, also direkt zum Chauffeur und ohne Umweg über Salam: 'Tamám!', das heißt, okay, in Ordnung, fahren wir, euer Gnaden! Darauf passierten zwei Dinge gleichzeitig: erstens, das Strahlen des salamischen Gesichts verdüsterte sich, wenn auch nur um einige Grade, und zweitens, der Chauffeur drehte seinen schwarzen Wuschelkopf um, wandte mir ein erstauntes Gesicht zu und entblößte dabei zwei Reihen sehr kräftiger und herrlich weißer Zähne. Dann zwinkerte er in höchst spaßiger Weise mit seinen Äuglein, drehte seinen Wuschelkopf wieder nach vorne und setzte sein Vehikel in Gang.
Nun ergriff Freund Salam mit unnachahmlicher Geste das Mikrophon, hielt es sich vor die elegant geschwungenen Lippen, blies ein paarmal kräftig hinein, daß die Lautsprecher nur so krachten, und begann, mit dem Mikrophon vor dem Mund, wieder was von sich zu geben, und zwar eine ganze Menge - aber was genau, das war jetzt mit Hilfe der Technik leider noch schwerer zu verstehen als schon bisher, aber dafür war's schön laut. Naja, wenn man sich sehr heftig an seine Lippen hängte, und das taten unsere Damen sicher mit Begeisterung, dann konnte man immerhin erkennen, daß er eben dabei war, uns den schwarzen Wuschelkopf von Chauffeur vorzustellen; er schien Machmút zu heißen; und außerdem machte er uns die umwerfende Mitteilung, daß wir uns jetzt auf dem Weg vom Flughafen zu unserem Hotel befänden. Dann nannte er noch ein paar Zahlen, nämlich daß Ägypten zirka 55 Millionen und seine Hauptstadt Kairo mindestens 14 Millionen Einwohner habe und daß es täglich mehr würden; weiters, daß die Landessprache Arabisch und die Staatsreligion der Islam sei; schließlich, daß die Landeswährung das ägyptische Pfund sei und daß ein Pfund in 100 Piaster zerfalle. Sodann schaltete er das Mikrophon ab, drehte sich um, setzte sich auf den Reiseleitersitz und versank in tiefes und, wie es sich zeigte, anhaltendes Schweigen, nur gelegentlich unterbrochen durch eine aufgebrachte oder auch nur temperamentvolle Diskussion mit dem Chauffeur - so genau was das nicht auszumachen.
War das alles, was er zu bieten hatte?
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