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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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ausgestattet haben, das liegt, soweit ich's beurteilen kann, einfach daran, daß erst die Pharaonen späterer Dynastien ihre Gräber auf diese Weise schmücken ließen, aber die Pharaonen der 4. Dynastie eben noch nicht. Und aus demselben Grund gibt's hier vermutlich eben auch noch keine Hieroglypheninschriften. Die frühesten Pyramidentexte haben wir ja heute gesehen; sie gehören dem Unas, dem letzten Pharao der 5. Dynastie. Aber sogar dessen Sarkophag hat, wie wir gesehen haben, noch immer keine Inschriften oder Reliefbilder. Wenn Sie bemängeln, Herr Heuberger, daß auf den Wänden der Sargkammer keinerlei gemalte Darstellungen aus dem Leben des Verstorbenen zu finden sind, wie sie auf den Wänden jedes anderen Grabes in Ägypten üblich sind und wie sie uns heute in zwei anderen Gräbern begegnet sind ...'
    An dieser Stelle unterbrach mich der Herr Heuberger mit dem Zwischenruf: 'Bitte, nicht ich bemängle das, sondern die Pyramidenforscher, deren Bücher ich gelesen habe!'
    'Soso, die Pyramidenforscher bemängeln das?' erwiderte ich. 'Na, damit beweisen die nur, daß sie vom Tuten und Blasen keine Ahnung haben!'
    'Was?' rief er erstaunt aus.
    'Na klar! Diese Aussage enthält zwei grundlegende Fehler: erstens schon wieder einen chronologischen. Denn es stimmt absolut nicht, daß auf den Wänden jedes anderen Grabes in Ägypten gemalte Darstellungen üblich sind. Üblich wurde diese Sitte erst ab der 5. Dynastie, also erst nach der Zeit des Cheops. Und zweitens: auch später, als alle Königsgräber wirklich verschwenderisch mit Wandmalereien ausgestattet wurden - dieses Erlebnis steht uns ja in Theben noch bevor, nicht wahr -, enthielten sie, soviel ich weiß, niemals Szenen aus dem Leben des Verstorbenen. Ja, gewöhnliche Sterbliche, egal, ob Adelige oder einfache Bürger, ließen die Wände ihrer Gräber mit Szenen aus dem täglichen Leben schmücken, die die irdischen Vergnügungen darstellten, die sie im Jenseits zu genießen hofften. Sie konnten sich offenbar keine andere Daseinsform vorstellen, sondern sich nur eine Vollendung der irdischen Freuden denken, also erfolgreiche Jagden und Fischfänge, ertragreiche Ernten und gesicherte Versorgung mit den guten Dingen des Lebens. Nicht so der Pharao. Da er selber ein Gott und Sohn eines Gottes ist, braucht er sein irdisches Leben nicht noch einmal zu leben. Die Wände der oft irrsinnig langen Gänge in den späteren Königsgräbern sind daher, wie schon gesagt, nicht mit Szenen aus dem täglichen Leben bedeckt, sondern mit Malereien, die einem der sogenannten Totenbücher entnommen sind. Das sind Zauberbücher, in denen die Zauberformeln niedergelegt sind, die der Tote vor dem Totengericht zu sprechen hat. Kennt er die, so kann er in die seligen Gefilde eingehen; kennt er sie aber nicht, so verschlingt ihn das Höllentier, ein krokodilköpfiges Mischwesen mit weitem Rachen.'
    'Na, wenn das stimmt ...' bemerkte Herr Heuberger nachdenklich, ohne den Satz zu vollenden. Aber dann stößt er trotzig nach: 'Eins kann aber niemand leugnen, daß man nie eine Mumie oder irgendwelche Grabbeigaben gefunden hat - ich meine: in der Cheopspyramide!'
    'Nein', antwortete ich, 'das kann niemand leugnen. Aber etwas anderes kann auch niemand leugnen. Wissen Sie, Herr Heuberger, welches in Ägypten der älteste Beruf ist ... ich meine, der älteste männliche Beruf? Na, vielleicht nicht der älteste, aber auf jeden Fall einer der ältesten?'
    'N-nein?'
    'Der des Grabräubers.'
    'Des Grabräubers?'
    'Jawohl. Wir haben ja gestern im Museum erlebt, was für eine unerhörte Ansammlung von purem Gold und kostbarsten Schätzen ein ägyptisches Königsgrab darstellte. Dabei war dies das Grab eines relativ unbedeutenden Königs, der noch dazu als Teenager gestorben ist. Sie können sich also sicher lebhaft vorstellen, welche ungeheure Verlockung das für die in der Nähe Wohnenden gewesen sein muß. Daher muß es eine der wichtigsten Aufgaben eines ägyptischen Königsgrabes gewesen sein, die königliche Mumie und die reichen und unglaublich wertvollen Grabbeigaben vor der Begehrlichkeit der Lebenden wirksam zu schützen. Zu diesem Zweck bestattete man den Pharao im Alten Reich eben in oder unter einer gigantischen Pyramide, im Mittleren Reich in einem ausgeklügelten Gangsystem, einem richtigen Labyrinth, unter einer bescheideneren Pyramide und im Neuen Reich in tief im Berg versteckt angelegten Grabkammern; wir werden sie ja in Kürze erleben. Aber alle diese Sicherungssysteme versagten

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