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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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abzubringen: 'Na, vielleicht nicht?' Und er begann zu rezitieren: 'Christus, höre uns! Christus, erhöre uns! Herr, erbarme dich unser! Christus, erbarme dich unser! Herr, erbarme dich unser! Na, wenn das keine Beschwörungen sind, dann fress' ich einen Besen. Und diese lächerlichen Zeremonien beim Gottesdienst!'
    Der Tumult, der jetzt an unserem Tisch ausbrach, ist äußerst schwierig zu beschreiben. Nicht nur die Frau Heuberger, sondern vor allem unsere vier älteren Damen begannen schlagartig zu kreischen und den armen Clemens anzuschreien, und der Herr Heuberger redete mit bitterbösem Gesicht auf ihn ein, und Clemens selber hatte einen hochroten Kopf bekommen und schaute ganz betroffen drein und hätte sich wahrscheinlich am liebsten in einem Mauseloch verkrochen. Zum Glück waren die meisten gerade dabei, mit der Hauptspeise fertig zu werden, und so wurde es allmählich Zeit, aufzustehen und sich am Buffet die Nachspeise zu holen, und da die Gier des Menschen noch immer größer ist als seine Empörung über solche lästerlichen Aussagen, verzog sich das Unwetter über dem Haupt des armen Clemens wieder relativ rasch, und um die Wogen des Unmuts zusätzlich zu glätten beziehungsweise gar nicht mehr hochgehen zu lassen, kündigte ich mehrere Male an, nach dem Essen würde ich noch einen letzten Spaziergang zu den Pyramiden unternehmen, und damit ich nicht ganz alleine gehen müsse, seien alle herzlich eingeladen, mich dabei zu begleiten. Und um außerdem den Herrn Heuberger noch ein bißchen zu trösten, sagte ich, wir könnten dabei ausprobieren, ob das von vielen Pyramidenmystikern beschworene Kraftfeld der Cheopspyramide auf uns irgendeine Wirkung ausübe.
    Damit war der Friede wieder halbwegs hergestellt, auch wenn in der Folge noch manches Kopfschütteln zu registrieren war. Die Einladung zum Verdauungsspaziergang zur Cheopspyramide nahmen die meisten sehr gerne an, nur zwei von den älteren Damen, und zwar die, die sich vorher am meisten alteriert hatten, erklärten unisono, für einen Marsch jetzt schon zu müde zu sein, und überhaupt seien sie über diese Frechheit und Ehrfurchtslosigkeit der heutigen Jugend, wie sie sich ausdrückten, immer noch so empört, daß sie nicht mitgehen könnten. Wie das zusammenhing, kapierte ich zwar nicht ganz, aber bitte!

    6. Teil

    Allwissend bin ich nicht, doch ist mir viel bewußt

(GOETHE)

    Und so brachen wir, sobald alle hungrigen Mägen restlos gestillt waren, eben ohne diese zwei auf, und zwar auf allgemeinen Wunsch sofort, obwohl es mir, ehrlich gesagt, lieber gewesen wäre, wenn Lydia vorher noch ihren Minirock gegen irgendwas Züchtigeres ausgewechselt hätte. Nicht, daß mein Entzücken über die miniberockte Lydia plötzlich nachgelassen hätte - beileibe nicht! -, aber ich mußte halt an die Szenen vor der Cheopspyramide am ersten Abend denken, als Götzi und ich Lydia und Babsi vor einer Horde wildgewordener Ägypter retten mußten. Auch diesmal war die Straße und der Platz rund um die Cheopspyramide wieder voll von ausgelassen feiernden Mannsbildern, und viele von ihnen oder vielleicht sogar die meisten schauten uns neugierig und unserer Lydia vermutlich nur gierig nach, aber das war auch alles. Offenbar drohte ihr doch keine Gefahr, solange sie schön brav in unserer Gruppe oder zumindest in der Nähe ihres Reiseleiters blieb. Und Clemens? Na, der hielt sich deutlich abseits von seinen lieben Eltern und ließ immer noch den Kopf hängen. Aber er war nicht allein und bedurfte allem Anschein nach doch nicht des reiseleiterlichen Trostes, wie ich eigentlich gedacht hatte. Zu seiner Linken trottete nämlich sein kleines Brüderlein dahin und schaute ehrfürchtig zu ihm auf, und zu seiner Rechten trippelte Klein-Barbara und schaute bewundernd zu ihm auf. Na also! Vielleicht ließ er also doch nicht den Kopf hängen, sondern sonnte sich nur in der ehrfürchtigen Bewunderung der beiden und besonders wahrscheinlich von Klein-Barbara, die, bei Licht betrachtet, so klein nun auch wieder nicht war.
    Während wir dann andächtig im Schatten der Cheopspyramide standen - 'im Schatten' ist keineswegs ganz unpassend, denn der schon fast volle Mond stand hell leuchtend am südlichen Himmel und tauchte diese urtümliche Landschaft in ein unheimliches und zugleich höchst romantisches Licht, so daß ich jedesmal, wenn ich einen schüchternen Blick auf unsere süße, miniberockte Lydia riskierte, direkt von romantischen Gefühlen übermannt wurde; und hie und da traf

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