Geliebte Nanny
Millionärsfamilie zu werden und die auf ehrliche Weise (na ja, fast) ihr Geld verdienen möchte. Und das hat gefälligst jeder zu billigen, ohne mich schief anzugucken. Basta.
»Diese blöde Kuh wird auch zur Party kommen? Mir reicht es schon, wenn ich ihre dämliche, aufgedonnerte Visage im Krabbelclub ertragen muss. «
Gedankenverloren mache ich mich für den Tag bereit. Ich dusche ausgiebig und wähle die luftigste Kleidung heraus, die meine türkische Garderobe zu bieten hat. Die Farbzusammenstellung ist wieder mal äußerst schrill und gewöhnungsbedürftig. Aber egal. Hauptsache ich schwitze nicht wieder so schrecklich wie gestern. Es fällt mir sogar schon viel leichter, roten Grobstrick mit babyblauem Satin zu kombinieren. Auf diese oberflächliche Schiene, der versnobten Krabbelclub - Tussis, lasse ich mich jedenfalls nicht herab. Und von deren dämlichen Bemerkungen lasse ich mich erst Recht nicht einschüchtern.
Auf dem Weg zu Paulines Kinderzimmer begegnet mir Klodia.
»Guten Morgen«, begrüße ich sie.
»Guten Morgen…äh –«, ihr irritierter Blick verrät mir sofort, dass sie sich nicht an meinen Namen erinnern kann.
»Nennen Sie mich einfach Mel.«
»Ach ja, genau, Melek. Haben Sie gut geschlafen?«
»Danke, sehr gut«, antworte ich, was im Grunde nicht im Geringsten der Wahrheit entspricht. Aber ich will sie nicht mit meinen Alpträumen belästigen.
»Ach, bevor ich’s vergesse«, verkündet Klodia, »Morgen Nachmittag gebe ich eine Party. Genauer gesagt eine Poolparty. Sie nehmen natürlich auch daran teil Melek. Schließlich muss ja jemand aufpassen, dass die Kinder nicht ins Wasser fallen.« Sie lacht herzhaft über ihren makaberen Scherz. »Kommen Sie doch bitte nach dem Frühstück in mein Büro. Ich hab da was für Sie besorgt, deshalb wurde es gestern Abend auch später als geplant. Sie werden staunen. Außerdem müssen wir noch einiges besprechen.«
Sie hat ja ausgezeichnete Laune heute Morgen. Das beruhigt mich ungemein. Der heutige Tag wird alle Mal angenehmer als der gestrige werden. Da bin ich ziemlich optimistisch.
Gerald lutscht an seinen nackten Füßen. Ich nehme den Kleinen aus seinem Gitterbett. Nachdem ich ihn angezogen habe (dieses Kind besitzt tatsächlich nur Edelmarken - Klamotten), begebe ich mich nach nebenan in Paulines Zimmer. Sie ist bereits aufgestanden und spielt mit ihren Barbiepuppen.
»Merhaba«, begrüße ich sie. »Das heißt hallo auf Türkisch«, kommentiere ich in besonders freundlichem Ton, damit sie Vertrauen zu mir fasst. Doch sie ignoriert mich einfach. Ich wende mich ab und suche in ihrem Schrank nach passender Kleidung. Aber Pauline hat, wie ich ja bereits erwähnte, einen Hang zum Exaltierten. Die Sachen, die ich aussuche, passen dem hochwohlgeborenen Fräulein nicht im Mindesten. Es ist ein Kampf, sie zum Anziehen zu bewegen. Nach einer knappen halben Stunde kapituliere ich Widerstandslos. Soll sie doch von mir aus rosa Wollstrickstulpen anziehen. Sie wird schon sehen, wie sich das bei 30 Grad im Schatten anfühlt.
Endlich können wir zum Frühstück gehen. Arndt und Klodia sitzen am Tisch. Sie schweigen sich an. Irgendetwas sagt mir, dass Klodias Laune zwischenzeitlich gründlich in den Keller gesunken ist. Die winzige Zornesfalte zwischen ihren Augenbrauen ist jetzt viel deutlicher zu erkennen als vorhin, als sie mir im Korridor begegnete. Howard schenkt mir Kaffee ein.
»Du weißt, was ich davon halte«, grummelt Arndt nach einiger Zeit in Klodias Richtung.
»Und du weißt, dass ich es für nötig halte!«, faucht sie zurück. »Er ist mein Bruder.«
»Halbbruder«, dementiert Arndt. »Ich kann doch nicht so einfach das ganze Management durcheinander werfen, Claudia. Wie stellst du dir das vor?«
»Als du angefangen hast, hat mein Vater für dich genau dasselbe getan, erinnerst du dich?«
»Ja schon…aber das waren andere Zeiten.«
»Das ist Quatsch, Arndt. David ist exzellent vorbereitet. Er ist immerhin der beste Harvard - Absolvent dieses Jahres, genau wie du damals.«
Arndt seufzt: »Okay, ich schaue, was ich machen kann.«
Lethargisch rühre ich in meiner Kaffeetasse. Die ganze Zeit habe ich die undefinierbare Diskussion der beiden verfolgt, bin jedoch nicht schlauer als zuvor.
Klodia schenkt ihrem Ehemann ein kurzes zufriedenes Lächeln und beißt genüsslich in ihr Croissant.
»Vergiss bitte nicht die Party morgen«, sagt sie kauend, was sich ja eigentlich nicht für eine Dame ihres
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