Geliebte Nanny
lächelt glücklich. »In dem marineblauen kommt mein neues Dekolleté richtig gut zur Geltung. Arndt hat bis jetzt noch keine passende Gelegenheit gehabt, es zu bewundern.« Während sie diese Sachlage so ungehemmt ausplaudert, schiebt sie automatisch ihre neuen, falschen Möpse ein Stück nach oben.
»...und Giulia übrigens auch nicht«, wirft sie noch schnell hinterher.
»So, das wäre dann geklärt. Dann kommen wir nun zu Ihnen, Mel.« Sie greift zu der goldenen Tüte mit der schwarzen Schrift. Mein Herz fängt unbewusst an, schneller zu schlagen. Ich habe eine leise Vorahnung. Unwillkürlich steigt Freude in mir auf. Wartet da eventuell auch ein Designer - Bikini auf mich?
Meine Augen starren wie gebannt auf die Einkaufstasche. Klodia macht es spannend. Das beherrscht sie gut. Dann endlich fischt sie etwas aus der Tüte, das aussieht wie…
…ein Astronautenanzug!?
Ich wusste gar nicht, dass die so was bei Chanel führen.
Nein im Ernst, was zum Teufel soll das sein???
Klodia strahlt mich an: »Ich musste stundenlang suchen, bis ich diesen stylischen Burkini in einer arabischen Edelboutique gefunden habe. Billig war der nicht! Aber es ist schließlich das neuste Modell.« Sie wedelt mit dem komischen Teil, aus cremefarbenem Polyester, vor meinem Gesicht herum.
So was soll ich zum Schwimmen anziehen? Das ist ja wohl ein Scherz. Ich blicke mich um und suche verbissen nach den versteckten Kameras. Das muss ein Scherz sein!
»Äh...danke«, sage ich, als nach einer halben Minute noch immer kein Showmoderator unter dem Schreibtisch hervorspringt, um diese irre Sache endlich aufzulösen. Irgendwie bedanke ich mich immer automatisch. Sogar für Dinge, die ich gar nicht haben will…wie diesen Burkini. Oder für die elektrische Heizdecke, die mir meine Mutter vor Jahren mal vom Trödelmarkt mitgebracht hat, die erstens genauso moderig roch, wie der Keller im denkmalgeschützten Löhringer Rathaus, das wir in der elften Klasse während einer Studienfahrt ins mittlere Neckartal besichtigt haben; und zweitens für ein nächtliches Großaufgebot der städtischen Feuerwehr vor meinem Schlafzimmerfenster sorgte.
»Damit können Sie ruhigen Gewissens schwimmen gehen, Melek. Man hat mir versichert, dass dieser Burkini mit integrierter Kopfbedeckung voll und ganz den Anforderungen des Hidschab entspricht. Sie wissen schon…«
Des was…? Nix weiß ich.
Ist sie jetzt völlig übergeschnappt?
Sie hat offenbar vergessen, dass ich die Rolle der frommen Muslimin nur spiele. Kaum zu glauben, bin ich etwa so überzeugend?
Der Burkini baumelt immer noch vor meiner Nase. Gerald krabbelt unter dem Schreibtisch hervor und beginnt mit meinen Schuhen zu spielen. Er ruft meinen Namen und versucht an meinem Bein hochzuklettern. Ich bücke mich und nehme ihn auf den Arm.
»Ich glaube wir gehen dann mal besser los. Pauline wartet bestimmt schon«, sage ich, und schaue auf meine imaginäre Armbanduhr. Mal im Ernst, über so etwas Praktisches wie eine kleine (oder auch etwas größere) Armbanduhr hätte ich mich wesentlich mehr begeistern können, als für diesen blöden Burkini.
»Und...danke noch mal für den hübschen Burkini.« Frieren werde ich darin mit Sicherheit nicht! Nicht mal beim Schlittschuhlaufen! »Ich werde ihn später anprobieren, wenn ich zurück bin«, versichere ich ihr mit einem fingierten Lächeln. Mit Gerald an der einen und dem Burkini in der anderen Hand, verlasse ich Klodias Büro. Diese Sache ist so was von unglaublich, da kann man nur mit dem Kopf schütteln.
Ich werfe den Burkini auf’s Bett, welches sich in meiner Fantasie in einen brennenden Kamin transformiert, dessen lechzende Flammen das blöde Ding mitsamt der integrierten Kopfbedeckung einfach verschlingen. Kurze Zeit später mache ich mich mit Gerald und Pauline auf den Weg zum Kindergarten. Bei dem Gedanken, danach wieder in diesen dämlichen Krabbelclub gehen zu müssen, wird mir ganz mulmig.
»Na dann, auf in den Kampf!«, sage ich mir als ich die Tür zum Clubraum öffne. Blitzartig drehen sich die teuer frisierten Köpfe der Krabbelclubmuttis zu mir um, die sich alle im Stuhlkreis versammelt haben.
»Merhaba!«, bringe ich höflich hervor und trete mit Gerald ein. Garstige Blicke treffen mich, als würde es sich bei mir um eine ungebetene Häretikerin handeln, die es gewagt hat, ins Allerheiligste vorzudringen. Mein Kopf, der unter meinem Seidentuch ohnehin schon überhitzt ist, fängt jetzt buchstäblich an zu
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