Geliebte Nanny
höher schlagen. Ich muss sie einfach haben! Besonders da mein Selbstwertgefühl in den letzten Tagen ziemlich gelitten hat. Und der Preis spielt ja nun auch keine Rolle – Schwarzgeld sei Dank. Entzückt gehe ich mit der Wäsche zur Kasse. Die Verkäuferin (diesmal eine andere) mustert mich zuerst kritisch und schmunzelt dämlich. Soll sie doch. Meint sie etwa, dass ein Kopftuch und verhüllende Kleider automatisch das Tragen verführerischer Dessous ausschließt? Diese persistente Borniertheit nervt.
Ich verlasse das Geschäft. Also, dass Einkaufen als Kopftuchträgerin so unerfreulich ist, habe ich nicht erwartet. Na zumindest besitze ich jetzt neue Unterwäsche; wenigstens ein bisschen Balsam. Und das Beste daran ist, dass ich sie reinen Gewissens tragen kann. Die gute Klodia hat mir schließlich keine langen Unterhosen oder hautfarbene Oma - Büstenhalter vorgeschrieben. Sehen wird mich ja sowieso niemand darin. Nicht mal Sören. Schade eigentlich.
In der brütenden Mittagshitze fahren Gerald und ich zurück nach Hause. Dort angekommen ziehe ich sofort meinen neu erstandenen Leinenrock an. Darin fühle ich mich gleich viel zivilisierter, wobei ich mir bei diesem Wetter nichts mehr, als meinen weißen Lieblings - Jeansrock herbeisehne. Doch der liegt leider zu Hause in meinem Kleiderschrank und verrottet gerade. Mal sehen, ob ich wohl diesen Sommer noch Gelegenheit haben werde, ihn zu tragen.
»Im Film sind doch auch immer ein paar angesehene Ärzte unter den Partygästen. Wo sind die denn jetzt alle? «
Für eine Poolparty herrscht optimales Wetter.
Als ich mit Pauline am Mittag vom Kindergarten heimkomme, sind die Vorbereitungen für die Party in vollem Gange. Wie gewohnt lege ich Gerald in sein Bettchen. Ohne seinen Mittagsschlaf ist er beinahe so unausstehlich wie seine weiblichen Familienangehörigen.
Pauline hat ebenfalls einen neuen Bikini von ihrer Mutter bekommen. So einen mit niedlichen Katzenköpfen drauf und rosa Rüschen.
Sie pfeffert ihre heißgeliebte Handtasche in die Ecke ihres Kinderzimmers und schlüpft in den Bikini.
»Kommst du auch mit schwimmen, Mel?«
»Ja«, antworte ich und nicke.
»Zeigst du mir deinen Bikini?« Erwartungsvoll schaut sie mich an.
»Oh ähm...ich habe keinen Bikini, Pauline.«
»Dann eben deinen Badeanzug, du Dummi!«
»Hab ich leider auch nicht. Aber dafür habe ich einen tollen Burkini«, gebe ich zur Antwort, nicht ohne ein wenig Zynismus mitschwingen zu lassen.
»Was ist das?«
»Ein sauhässlicher, orientalischer Tarnanzug!«, liegt mir auf der Zunge.
»Ein Schwimmanzug für muslimische Frauen wie mich…«, definiere ich stattdessen.
»…einer, der alle Teile des Körpers und auch meine Haare bedeckt.«
»Wie geht das denn?«
»Das wirst du ja später sehen, Pauline. Jetzt sei nicht so neugierig«, sage ich und wuschele ihr durch die Lockenmähne. Ein wenig eingeschnappt schlägt sie meine Hand beiseite.
»Lass das! Du ruinierst meine Frisur!«
O Mann. Ich glaube, mir steht noch jede Menge harte Arbeit mit diesem Kind bevor.
Es ist so weit. Die Stunde der Wahrheit.
In meiner (für arabische Verhältnisse) super - stylischen Ganzkörper - Bademontur, gleiche ich vielmehr jemandem, der im Hochsicherheitstrakt eines wissenschaftlichen Genlabors, tödliche Viren zu testen beabsichtigt, anstatt in den Pool zu springen. Das sehen einige beunruhigte Partygäste genauso. Eine ältere Dame fragt mich ganz indiskret, ob sie sich nun hinsichtlich der Ansteckungsgefahr Sorgen machen müsse, angesichts meines akuten Zustandes. Also wirklich! Giulia Brockstett kriegt sich kaum ein vor Lachen. Arndt hingegen mustert mich von Kopf bis Fuß und runzelt die Stirn. Er kommt mir ein wenig verstört vor. Verständlich! In diesen Kreisen, bin ich definitiv ein verstörender Anblick. Und ich spüre, dass er nicht weiß, wie er sich mir gegenüber verhalten soll.
»Ziemlich heiß heute...?«, druckst er verlegen.
»Was Sie nicht sagen!«, erwidere ich mild lächelnd.
Ich entdecke Sarita und Mae unter einem der gespannten Sonnenschirme. Sarita ist mit ihrem Ehemann Albert und dessen Sohn aus erster Ehe gekommen. Der Sohn steht mit dem Rücken zu mir und hält Händchen mit einer kleinen Frau in senfgelbem Badeanzug. Ihr opulentes Hinterteil und die grauenhafte Sauerkrautfrisur kommen mir bekannt vor. Sie schlürft an einem Schirmchen - Cocktail. Als die beiden sich umdrehen, trifft mich fast der Schlag.
Saritas Stiefsohn
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