Geliebte Nanny
umgenietet hätte.
Es ist Sören. Er flucht und murmelt Beleidigungen unterhalb der Gürtellinie in meine Richtung. Dann wirft er seine angefangene Zigarettenkippe auf den Gehweg und reibt sich die schmerzende Wade, die ich großflächig mit den Vorderrädern erwischt habe.
Was zum Geier macht Sören denn hier?
Ich blicke mich kurz um und entsinne mich, dass Sören in dem Handyshop genau gegenüber arbeitet. Ja, ganz richtig – Sören ist Handyverkäufer. Und daran wird sich vermutlich auch bis zum Rentenalter nichts ändern, denn Sörens Tenorstimme ist leider zu miserabel, als dass er damit eine steile Karriere als Opernsänger starten und die Menschen bei diversen Casting - Shows zu Tränen rühren könnte.
Er muss gerade eine Raucherpause mitten auf der Ladenstraße eingelegt haben, in dem Moment, als ich mit ihm zusammenstieß. So ein Pech aber auch..., dass ich nicht mit einem größeren Fahrzeug unterwegs war!
Sören klopft sein Hosenbein ab und guckt mich wütend an.
»...Enßüüldigen vielmal...«, murmele ich möglichst undeutlich.
Gott sei Dank – er hat nicht den leisesten Schimmer, wer ich bin. Irgendwie habe ich ja schon immer vermutet, dass Sören an einer bemerkenswerten Form von Intelligenz - Allergie leidet.
Ich setze meinen Weg zügig fort, drehe mich aber dummerweise noch mal zu ihm um. Er verfolgt mich mit stutzigen Blicken. Ob er doch was gemerkt hat? Ach nein, gewiss nicht. Sören sieht normalerweise immer nur das Äußerliche, was Frauen angeht. Sofern eine Frau nicht gewisse Merkmale, wie eine Mindest - Körbchengröße von D aufweist oder aber mehr als 30% ihres Körpers mit Kleidung bedeckt sind, gibt er sich üblicherweise kaum die Mühe, sie weiter in Augenschein zu nehmen. Trotzdem bin ich nun etwas unsicher geworden.
Nach diesem Schrecken, der mir noch in allen Gliedern sitzt, muss ich mich erstmal beruhigen. Ich kaufe Gerald ein Rosinenbrötchen und versuche meine Gedanken von dem Vorfall mit Sören abzulenken. »Einkaufen macht glücklich«, rufe ich mir ins Gedächtnis und begebe mich auf die Suche nach den Dingen, die ich benötige.
In einem Modediscounter erstehe ich einen knöchellangen Leinenrock in pastellgelb, der sich für besonders heiße Tage eignet. Nun besitze ich endlich ein Lieblingskleidungsstück unter meinen unliebsamen türkische - Nanny - Klamotten. Auch Deo und Zahncreme sind schnell gekauft. Ich schlendere mit dem Kinderwagen in Richtung Königsallee. Als Melissa macht Einkaufen eindeutig mehr Spaß. Wo bleibt sie bloß? – diese innere Euphorie, die einen gewohntermaßen bei einem derart herrlichen Shoppingpanorama heimsucht. Ich betrete eines der großen Geschäfte in der Kö-Gallerie. Der Anblick der aktuellen Bademode trägt nicht gerade positiv zur Steigerung meiner Freude auf die Poolparty bei.
Wenn ich nur an den heutigen Abend denke, an dem ich mich mit meinem Burkini vor der gesamten Düsseldorfer High Society lächerlich machen werde.
Wir marschieren durch die Damenabteilung. Gerald hinterlässt dabei eine markante Spur aus Rosinenbrötchenkrümeln.
»Entschuldigung?!« Eine Verkäuferin in todschickem Hosenanzug und mit strenger Frisur rauscht heran. Sie hebt eine perfekt gezupfte Braue und mustert uns argwöhnisch.
»Ja?«
»Können Sie keine Schilder lesen? Der Verzehr von Lebensmitteln ist in diesem Kaufhaus verboten!«, raunzt sie und schnalzt missbilligend mit der Zunge. » Wir sind hier ja schließlich nicht auf einem Basar, wo es von Tauben wimmelt, die darauf warten, sich auf die Krümel zu stürzen! «
»Entschuldigung«, murmele ich und erwarte fast, dass sie mir jeden Moment einen Staubsauger in die Hand drückt. Ich fühle mich wie zwölf.
Hastig stopfe ich das Rosinenbrötchen in die Papiertüte zurück und schiebe den Buggy zügig weiter. Doch die Gassen zwischen den Kleiderstangen sind viel zu eng, um problemlos voranzukommen. Verfolgt von den strengen Blicken der Verkäuferin steuere ich den Wagen blindlings in einen Drehständer mit reduzierten Satin - Nachthemden hinein. Ich glaube, sie kollabiert gleich.
Bloß raus hier, denke ich und schwenke den Wagen in Richtung Ausgang. Ich passiere gerade den Unterwäschegang, als mir etwas wirklich Wundervolles ins Auge sticht. Ein Push - Up - BH, in violett mit schwarzer Spitze samt passendem Stringtanga. Ein Traum. Zwar nicht von Chanel, aber mindestens genauso teuer. Egal. So was findet man nicht alle Tage. Allein der Anblick dieser Dessous lässt mein Herz
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