Geliebte Nanny
Selbstverständlich spreche ich deutsch«, erkläre ich eilig nickend und versuche meine Verlegenheit mit einem Lächeln zu übertönen. Davids Gesichtsausdruck entspannt sich etwas. Und Klodia schielt auf ihre Uhr. Ihrem Wink nachgehend verkünde ich: »Dann gehe ich jetzt mal rauf und beziehe Ihr Bett.«
Überschwänglich drehe ich mich auf dem Absatz um. Hätte ich vorher gewusst, dass ich mich dabei mit den Füßen in meinem überlangen Rock verfange, ins Stauchen gerate und mich beinahe unmittelbar vor Davids Nase auf die Schnauze lege, hätte ich mich, wie jeder normale Mensch, in Bewegung gesetzt. Im letzen Moment greift David mir von hinten unter die Arme und fängt mich auf.
»Hoppla…« Er schiebt mich zurück in eine Position, in der ich mich wieder selbstständig fortbewegen kann. Dann schnappt er sich seinen Rollkoffer und folgt mir zu seinem Zimmer, als sei nichts passiert.
Ich gebe zu, es gibt Dinge, die ich lieber tue, als Betten zu beziehen. Vor allem, wenn es sich um Betten mit derart ausgefallenen Sondermaßen handelt wie dieses. Da könnte ja ganz Monaco drin übernachten.
Ich mache so was nicht jeden Tag, aber es kann doch nicht so schwer sein, ein Federbett dazu zu bewegen, dieses überaus praktische Bündnis mit dem beschissenen Bettbezug einzugehen! Ich stehe kurz vorm Kollaps. Noch dazu schwitze ich wie ein Schwein.
Aus den Augenwinkeln heraus erhasche ich einen Blick auf David, der bereits seinen Koffer ausgepackt und alles mit größter Sorgfalt in die Schränke, Kommoden und Schubladen geräumt hat. Nun sitzt er auf einem Stuhl und trommelt ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Ich habe das Gefühl er will, dass ich verschwinde. Von mir aus. Soll er doch dieses Monster von einem Bett selbst beziehen.
»Also, ich will ja nicht unverschämt sein«, tritt er aus heiterem Himmel an mich heran. »Frau – ähm, wie war doch gleich Ihr Name?« Er ist von seinem Stuhl aufgestanden und bewegt sich zielsicher auf mich zu.
»Yildiz. Melek Yildiz. Aber Sie können auch Mel zu mir sagen.«
»Also, Frau Yildiz...«, sagt er und greift beherzt zu dem zerknautschten Bettbezug in meinen Händen.
»Wie mir scheint, haben Sie ein Problem. Ich behaupte mal, das liegt an Ihrer suboptimalen Verfahrensweise. Sie müssen den Bezug auf links drehen. Geben Sie mal her!«
Sprachlos schaue ich zu, wie David den Bettbezug in Windeseile umkrempelt und dann, mit ein paar gezielten Handgriffen, über das Oberbett streift. Dann faltet er es ordentlich und streicht zum Abschluss jede noch so kleine Unebenheit glatt. Meiner Ansicht nach gibt es nur zwei Sorten Männer, die so etwas zustande bringen: Männer, die schwul sind und Männer, die länger als ein Jahr bei der Bundeswehr verbracht haben. Also, Sören, als überzeugter Wehrdienstverweigerer zum Beispiel, weiß nicht mal wie man Bettbezug buchstabiert.
Selbstverständlich weiß ich, wie man Betten bezieht! Keine Ahnung warum es diesmal nicht hingehauen hat. Ich war wohl irgendwie abgelenkt.
Pff…Suboptimale Verfahrensweise! Dieser Klugscheißer macht sich wohl lustig über mich.
Ich schnappe mir das Kopfkissen und den dazugehörigen Bezug und imitiere Davids ach-so-tolle Bettbezieh - Technik.
Na bitte. Klappt doch!
Der schrille Klang meines Mobiltelefons bringt meinen Tatendrang unerwartet zum Erliegen. Das Kopfkissen plumpst zu Boden. David kräuselt die Lippen.
»Origineller Klingelton…!« Sein vorwitziger Unterton ist nicht zu überhören.
»Sie entschuldigen...«, erwidere ich unwirsch, greife in meine Rocktasche und schaue auf’s Display.
Auch das noch. Sören!
Ich stopfe das Handy zurück, doch Tarkan trällert noch eine ganze Weile. Verwunderung zeichnet sich in Davids honigfarbenen Augen ab. Mannomann, hat der Wimpern. So dicht und lang, dass sie glatt mit Klodias gefälschten Wimpern konkurrieren könnten.
»Jemand Unerfreuliches?«
»Oh, ähm ja...« Ich denke scharf nach. »…mein Vater«, schwindele ich fix. »…er kontrolliert mich ständig. Er ist sehr streng, wissen Sie.« Ich könnte mir selbst auf die Schulter klopfen für diese äußerst schlagfertige Reaktion.
»Kenn’ ich«, antwortet David. »Ich habe auch einige türkische Bekannte, die sich mit so einem Vater herumschlagen müssen.«
»Ach wirklich?«
Er nickt.
»Manche sind so streng, dass sie ihren Töchtern sogar verbieten, mit fremden Männern zu reden. Ich kannte einen, dessen Schwester war von Geburt an,
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