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Geliebte Nanny

Geliebte Nanny

Titel: Geliebte Nanny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Schlueter
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Er glaubt, mich nicht ansprechen zu dürfen, ohne mit den unerfreulichen Kontinuitäten meines »totalitären« Vaters Bekanntschaft zu machen. Hält er mich etwa ernsthaft für eine sechsundzwanzig jährige Jungfrau?
    3. Er kann mit Kopftuchträgerinnen grundsätzlich nichts anfangen. Was schlicht und einfach bedeutet, dass er keinen Sinn darin sieht, sich mit mir abzugeben. Was ja wohl ziemlich intolerant mir gegenüber ist.
     
    Also falls 2. zutrifft, sollte ich ihm bei passender Gelegenheit klarmachen, dass mein Vater gar nicht sooo schlimm ist, wie er befürchtet; er also ruhig mit mir sprechen darf. Andererseits…, warum sollte David überhaupt Interesse daran haben, mit mir zu reden? Ich bin doch nur ein unbedeutendes türkisches Kindermädchen. Und er ist der Geschäftsführer einer einflussreichen Schmuckmanufaktur mit Tausenden von Angestellten. Was hätte er schon großartig mit einer wie mir zu bequatschen?
     
    ***
     
    Am Sonntagmorgen sitzen David, Arndt und Klodia beim Frühstück. Ein Anblick, beinahe so selten wie ein Langzeitarbeitsloser – morgens, vor zehn – bei der ARGE. Es ist das erste Mal, dass ich mit David an einem Tisch sitze. Üblicherweise esse ich mit den Kindern allein. Einzig Howard leistet uns jedes Mal Gesellschaft, indem er stillschweigend mit seiner Servierplatte stramm neben dem Esstisch steht und darauf wartet, das Geschirr abzuräumen. Nur manchmal, entfährt ihm ein verdrießliches, leises Zungenschnalzen, beispielsweise wenn jemand das blütenweiße Tischtuch bekleckert. Oder wenn Pauline ihn mit den Rosinen ihres Müslis beschießt. Alles in Allem trägt seine Anwesenheit nicht gerade zur Steigerung der Heiterkeit bei. Ich wette Howard könnte sich mühelos bei der Buckingham - Palast - Garde bewerben. Die würden ihn mit offenen Armen empfangen.
    Klodias strammer Tagesablauf sieht in der Regel keine Mahlzeiten vor, zumindest keine an ihrem eigenen Esstisch. Außerdem macht sie gerade eine spezielle Diät, die ihr anscheinend die Aufnahme fester Nahrungsmittel verbietet. Wenn sie sich, sofern es ihr Zeitplan überhaupt erlaubt, zu uns an den Esstisch setzt, dann lediglich mit einem Glas Rotwein und ihrem unabkömmlichen BlackBerry.
     »Merhaba!«, sage ich, wie immer wenn Arndt anwesend ist. David hebt kurz irritiert den Kopf, widmet sich jedoch gleich darauf wieder seinem Wirtschaftsblatt.
    Pauline hat heute Morgen gute Laune. Sie ist zu einem Picknick mit Klara verabredet, die wieder vollkommen gesund aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Ich bin übrigens auch eingeladen. Gestern rief mich Klaras Mutter, Mona, tatsächlich persönlich an und bat mich zu kommen. Als Dankeschön, für die Rettung ihrer Tochter. Natürlich habe ich mich wahnsinnig darüber gefreut und die Einladung angenommen. Fundamental gesehen ist dies der erste Schritt in Richtung Anerkennung, die ich mir als Melek Yildiz erkämpft habe. Nun gilt es also darauf aufzubauen.
    In Gedanken versunken schmiere ich mir ein Brötchen und will gerade genüsslich hineinbeißen.
     »HALT, MELEK!«, schreit Arndt plötzlich mit weitaufgerissenen Augen. Sein markerschütternder Aufschrei erschreckt mich fast zu Tode. »Nicht da rein beißen!« Das Brötchen gleitet aus meiner Hand und landet auf dem Frühstücksteller. Verdutzt starre ich den entsetzten Arndt an. Dann das Brötchen. Auch David und Klodia wechseln rätselnde Blicke.
     »Warum nicht?«, frage ich, meine Stimme vibriert vor lauter Beunruhigung, den Blick immer noch starr auf das Brötchen gerichtet. Will mich etwa jemand damit vergiften? Mittlerweile hat Arndt seine Beherrschung zurück erlangt.
     »Melek, Sie hätten fast gegen die Regeln ihres Glaubens verstoßen«, antwortet er todernst. »Sie haben Fleischwurst vom Schwein auf Ihrem Brötchen.«
      Bitte?
    Wegen Fleischwurst vom Schwein macht er diesen Aufstand und versetzt mich in Angst und Schrecken? Was für ein Trottel! Dabei liebe ich frische Brötchen mit Schweinefleischwurst, was Arndt ja dummerweise nicht wissen kann.
     »Du hast Recht!«, räumt Klodia nickend ein. »Antoine soll in Zukunft darauf achten, keine Produkte vom Schwein mehr für Melek zuzubereiten.« Dann sagt sie, an mich gewandt: »Er soll unbedingt ein paar Geflügelwurstsorten für Sie besorgen. Oder wie wär’s mit Kalbleberwurst?«
     »O nein, Klodia . Das ist doch wirklich nicht nötig!«, protestiere ich völlig unüberlegt. Postwendend ernte ich einen tiefen, eisblauen Blick aus ihrer Richtung, mit dem sie

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