Geliebte Nanny
mir unwiderruflich zu verstehen gibt, dass ich gefälligst keinen Widerstand zu leisten habe. Sie hat natürlich Recht. Arndt und auch David könnten immerhin misstrauisch werden, wenn die türkische Nanny ihre fundierten Ernährungsgewohnheiten, so mir nichts dir nichts, durch den Konsum von Schweinefleisch rationalisiert.
»O toll, heißt das, es gibt in Zukunft einmal die Woche Döner? Ich liebe ja Schafskäse!«, bemerkt David trocken.
Zu meiner Unzufriedenheit, kann ich in seinem Gesicht nicht ablesen, ob er sich gerade lustig macht oder es ernst meint. Für den Bruchteil einer Sekunde fixiert er mich.
»Und Ayran auch«, setzt er nach, bevor er sich eine Cocktailtomate in den Mund schiebt.
»Och ja…ich hätte auch so richtig Appetit auf was Orientalisches«, schwärmt nun auch Arndt. »Melek, Sie sind zwar als Nanny bei uns beschäftigt und nicht als Köchin. Aber würde es Ihnen etwas ausmachen, trotzdem mal was Türkisches für uns zu kochen?« Er guckt mich mit einem erwartungsvollen Hundeblick an. Es war also kein Scherz.
Meine Augen blinzeln unauffällig zu Klodia, die mir mit einer drastischen Kopfbewegung reglementiert, ihm eine bejahende Antwort zu geben.
»Oh, äh…ja, klar koche ich etwas für Sie…«, stammle ich. »Aber ich muss Sie warnen. Ich bin eine ausgesprochen schlechte Köchin!«
»Ach nun seien Sie mal nicht so bescheiden, Mel. Sie kriegen das mit Sicherheit hervorragend hin. Das liegt Ihnen doch bestimmt im Blut.« Seinen Zuspruch unterstreicht er mit einem Augenzwinkern und krönt diese ganze tragikomische Szenerie am Frühstückstisch, mit einem genießerischen Bissen in sein frisches, knackiges Brötchen mit Schweinefleischwurst. Grrr…!
Ich suche nach etwas passendem zum Anziehen für das bevorstehende Picknick. Da fällt mir ein, dass ich meine frische Wäsche noch nicht abgeholt habe. Ich mache mich also auf den Weg zum Hauswirtschaftsraum, der im Keller des Hauses liegt.
Ich sortiere meine gewaschenen Sachen aus und marschiere, mit einem gewaltigen Stapel Wäsche vorm Gesicht, zurück zu meinem Zimmer. Nichtsahnend wanke ich durch den Flur und als ich gerade um die letzte Ecke biege, da passiert es: Mit voller Wucht kollidiert mein Wäschestapel mit jemandem. Ich stoße einen Schreckensschrei aus, gleichzeitig schnellen meine Hände reflexmäßig in die Höhe, sodass die ganze Wäsche in hohem Bogen durch die Luft geschleudert wird.
David von Degenhausen steht mir mit weit aufgerissenen Augen gegenüber. Dann wandert sein Blick zum Fußboden, der übersät ist mit meinen Kleidungsstücken. Dazwischen liegt ein Wirtschaftsmagazin, was ihm vor Schreck aus der Hand gefallen sein muss.
»Oh, das tut mir leid. Ich habe Sie gar nicht kommen sehen. Ich war so vertieft in diese Lektüre.« Er deutet auf das Heft.
»Nein, meine Schuld. Ich hatte keinen Durchblick, mit dieser ganzen Wäsche vor Augen!«, entschuldige ich mich. David bückt sich. Was hat er denn nun vor?
Ach du Schande!
»Oh nein!«, rufe ich entsetzt. Mein Blick haftet auf meiner kürzlich erstandenen violetten Unterwäsche mit schwarzer Spitze. Geistesgegenwärtig stürze ich mich auf die Knie, um ihn tunlichst davon abzuhalten, sie aufzuheben. »Lassen Sie nur. Ich mach das schon...!«
Zu spät! David hat schon den Stringtanga in der Hand. Hätte ich in diesem Augenblick übernatürliche Fähigkeiten, wie Steven King’s Carrie White , ich würde sämtliche Glühbirnen zerplatzen lassen oder noch besser, den gesamten Wäscheberg in Flammen aufgehen lassen. Doch leider funktioniert trotz größter Gedankenanstrengung nichts dergleichen. Stattdessen greift David – noch dazu bei sensationeller Festtagsbeleuchtung – zum dazugehörigen Push - Up - BH. Für einen Moment wirkt er etwas stutzig, doch dann richtet er sich auf und legt alles in meine ausgebreiteten Arme. Ganz oben drauf die Spitzendessous, sichtlich bemüht, hartnäckig an mir vorbeizuschauen. Ich spüre genau, dass es ihm peinlich ist, doch er versucht, sich nichts anmerken zu lassen.
Ich bedanke mich mit hinfälliger Stimme und knallroter Birne. Er bückt sich noch einmal und klaubt die restlichen Sachen auf. Zuletzt sein Magazin.
»Ich helfe Ihnen, die Sachen ins Zimmer zu tragen«, sagt er pragmatisch.
Ich gehe voraus. David folgt mir mit der anderen Hälfte meiner Wäsche. Ich spüre seine Blicke im Rücken. Was er wohl denkt? Ob er überhaupt was denkt? Vielleicht bilde ich mir auch nur ein, dass er irgendetwas
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