Geliebte Nanny
mit in sein Arbeitszimmer zu nehmen und ihn danach sogar ins Bett zu bringen, kann ich schon früher als geplant, mit den Vorbereitungen in der Küche beginnen. Klodia ist seit Stunden beim Yoga und ich wette, sie kommt erst kurz vor dem Essen zurück. Wie immer.
»Ob ich mit dem Gedanken gespielt habe, mich anzupassen, um als Mensch akzeptiert zu werden?«
Bis jetzt war der Abend die reinste Katastrophe. Dabei ist das Essen noch nicht mal serviert. Aber das ist es ja gerade. Das Essen! Gibt es eigentlich eine spezielle Versicherung für Hobbyköche? Ich habe jedenfalls keine und deswegen traue ich mich jetzt gar nicht da raus. Ins Esszimmer, meine ich. Aber Arndt sieht mich und mein servierfertiges Essen so erwartungsvoll an. Hoffentlich sind er und seine Gäste wenigstens gut versichert. Ach Menno, ich hätte mich nie darauf einlassen sollen, dieses blöde Essen zu kochen, wobei Kochen ja nicht gerade der richtige Ausdruck für das ist, was ich da heute Abend in der Küche fabriziert habe, aber ganz von vorn:
Ich marschierte also in die Küche, um mich frisch ans Werk zu machen. Antoine, der Koch, hatte schon einige Töpfe und Pfannen bereitgestellt. Dann fing er an, mir seine sechsundvierzig totalitären Küchenregeln aufzuzählen, die noch aus dem Mittelalter zu stammen scheinen. Außerdem erklärte er mir bis ins Detail sämtliche seiner hochmodernen Küchengeräte, sodass ich mich plötzlich fühlte, als käme ich aus dem Mittelalter. Zum Abschluss präsentierte er mir den Gewürzschrank und den Inhalt der Gefriertruhe.
»Und dass isch morgen früh vorfinde alles wieder an seine gewohnte Platz, verstanden Madame?!«, mahnte er mich mit drohendem Zeigefinger und schlechtem Deutsch. »Also, viel Erfolg!« Sein Unterton triefte vor Sarkasmus.
»Schönen Feierabend…«, wünschte ich und hoffte innerlich, seine Frau würde ihn heute Abend zum Spülen verdonnern, da der Geschirrspüler soeben seinen Geist aufgegeben hatte.
Dann war ich allein. Endlich. Als ich auf die Arbeitsplatte mit meinen ausgebreiteten Zutaten herabblickte, wollte ich am liebsten weglaufen. Es war wohl ein bisschen naiv von mir zu glauben, dass es reicht, schon mal was Türkisches gegessen zu haben, um es dann aus lauter dubiosen Zutaten selbst herstellen zu können. Wie mir scheint, muss wohl auch eine ordentliche Portion von Sörens ständiger Selbstüberschätzung auf mich abgefärbt haben. Wie ich schon sagte, so eine lange Beziehung geht nun mal nicht spurlos an einem vorüber.
Aber zurück zum Essen: Ich konnte natürlich nicht garantieren, dass das Essen für fünf Personen ausreichte. Und ob es schmecken würde schon gar nicht. Ich hatte ja weder ein türkisches Kochbuch noch irgendein türkisches Rezept zur Hand. Ich überlegte einen Augenblick lang. So schwer konnte das doch gar nicht sein. Immerhin handelte es sich nur um ein Essen und nicht um ein hochkompliziertes NASA - Raumshuttle, welches ich ohne Gebrauchsanweisung zusammenbauen sollte. Also los.
Es war ratsam, mit der Vorspeise zu beginnen – den gefüllten Blättern, bei denen es sich laut Packungsaufschrift um eingelegte Weinblätter handelte. Ich wusste gar nicht, dass so was essbar ist.
Danach würde ich mich an die Hackfleischspieße machen und irgendwo dazwischen müsste ich natürlich auch noch das Fladenbrot backen und mir überlegen, was sich wohl Orientalisches aus der Ente kreieren ließe.
Herrjemine, das Fladenbrot!?
Ich eilte zum Kühlschrank. Ich erinnerte mich daran, dass mir letztens, beim Herausnehmen der Colaflasche, ein Vorratskarton mit fertigem Pizzateig ins Auge gefallen war. Ich riss die gigantische Kühlschranktür auf und durchstöberte den Inhalt.
Volltreffer. Drei Kilo Pizzafertigteig. Erleichtert drückte ich den Karton an mein Herz. Ich war gerettet. Eilig fing ich an den Teig durchzukneten und formte dann fünf kleine Fladen daraus. Ein bisschen Kümmel drüber. Fertig. Kam dem Original sehr nah.
Die Weinblätter mit Fleisch - Reis - Füllung bereiteten mir erheblich mehr Probleme. Ich griff zu meinem Handy in meiner Rocktasche und wählte Yasemins Nummer. Nach unendlich langem Tuten, schaltete sich die Mailbox ein. Verdammter Mist.
Das war ja klar, es war immerhin Freitagabend und Yasemin hatte, wie’s aussah, nur noch ihren Cengiz im Sinn.
Ich versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, wie die Dinger bei Yasemins Mutter immer aussahen und wie die Füllung zusammengesetzt war.
Auf gut Glück begann ich, eine größere
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