Geliebte Nanny
Bullenköttel – wie meiner Meinung nach die korrekte deutsche Übersetzung dafür lautet. Ich brachte es letztendlich auch nicht über mich, davon zu probieren.
Mein selbstgebackenes Fladenbrot war nun auch fertig. Die Entenbrüste hatte ich in kleine Würfel geschnittenen und mit den verschiedenen Gemüsesorten vom Markt vermengt. Außerdem entdeckte ich im Vorratsschrank zufällig eine Konserve Sojasprossen, die ich auch noch dazu gab. Mein Blick in die Schüssel stellte mich sehr zufrieden. Ich warf alles in die Pfanne und begann, es zu braten. Hm, aber wie machte man daraus jetzt was Türkisches?
Prompt hatte ich die grandiose Idee. Ich halbierte die Fladenbrote und schnitt sie noch einmal quer auf. Dann gab ich die Entenfleisch - Gemüse - Mischung in die Brottaschen hinein, goss etwas von der Knoblauch - Joghurtsoße darüber und garnierte den Tellerrand mit einer Zitronenscheibe und den restlichen Sojasprossen. Fertig war mein Hauptgericht.
Voilà der…äh…Peking - Döner!
Zuversichtlich betrachtete ich meine Kreationen.
Im nächsten Moment steckte Arndt seinen Kopf durch die Küchentür und schnupperte. Er kam näher und staunte.
»Das duftet einfach köstlich, Melek«, lobte er mich.
»Zeigen Sie mal, was Sie da tolles gezaubert haben.«
Stolz präsentierte ich ihm einen Döner - Teller.
»Oh... Döner?«, stellte Arndt fest.
»Äh...ja, genau, Döner. Kann ich am besten!«
***
An dieser Stelle war mir eigentlich längst klar, dass dieser Abend der reinste Reinfall werden würde. Ich meine, Fladenbrot aus Pizzateig, scharfe Matschröllchen mit Bindfaden, Frikadellen die aussehen, wie das Endprodukt eines männlichen Wiederkäuers und Enten - Döner mit Sojasprossengarnitur. Mal ehrlich, wer würde sich nicht verarscht vorkommen?
Verderben, nimm deinen Lauf. Irgendwann muss ich Arndt und seinen Gästen das Essen servieren.
Mein multikulturelles Menü steht servierbereit auf der Küchenanrichte. Klodia ist mittlerweile auch zu Hause. Doch ihre Laune ist außerordentlich mies. Ihr Tag sei grauenvoll und stressig gewesen und zu allem Überfluss plage sie nun auch noch heftigste Migräne. Und Appetit habe sie schon gar nicht. Klodias »werte« Gesellschaft bleibt mir für heute Abend also erspart. Danke lieber Gott (oder besser: lieber Allah). Und auch Arndt wirkt gleich viel zwangloser.
»Sind Sie soweit Melek? David und sein Gast sind jetzt auch da. Die beiden sind schon ganz gespannt und hungrig.« Er nickt mir zu und deutet ein Zwinkern an. Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Hoffentlich geht das gut.
Arndt hilft mir kavaliersmäßig die Teller mit der Vorspeise, Weinblätter - Frühlingsrollen und Bullenköttel mit Knoblauchsoße, zu servieren. Ich betrete das Esszimmer. Dort sitzen David und eine weitere Person am großzügigen Esstisch. Sie plaudern.
Beim Anblick des Gastes sucht mich blitzartig eine temporäre Lähmung heim, sodass mir fast die Teller aus den steifen Händen fallen.
Was zum Teufel hat die Schmalzlocke hier zu suchen?
Das kann ja heiter werden. Hoffentlich erkennt er mich nicht als Melissa. David sitzt auf seinem Platz und beobachtet, wie Arndt und ich die Teller auf den Tisch stellen.
»Voilà«, sagt Arndt in die kleine Runde. »Melek hat den ganzen Abend in der Küche gestanden, um uns zu bekochen. Und nun können wir gespannt sein, welche Köstlichkeiten uns erwarten.«
Der gute Arndt meint es besonders gut mit mir, doch seine Huldigung verursacht mir Bauchschmerzen. Und das, bevor wir überhaupt angefangen haben zu essen. Was, wenn er mich zu voreilig in den Himmel gelobt hat? Immerhin sitzt hier ein waschechter türkischer Kritiker am Tisch, der mich gleich ziemlich arg in die Bredouille bringen könnte.
Arndt greift zu einer bereitstehenden Weinflasche und öffnet sie. Er fordert David auf, uns mit seinem Freund bekannt zu machen. Währenddessen stehe ich immer noch stocksteif am Kopf des Tisches und schaue abwechselnd von David zu Cengiz.
»Arndt…«, setzt David an, »…das ist mein bester Freund Cengiz Erdogan. Er ist Rechtsanwalt. Hat unter anderem in Oxford studiert – Cengiz, mein Schwager, Arndt.«
Kurze Pause.
»Und das ist Melek, die so freundlich ist uns heute in die Genussfreuden der türkischen Küche zu entführen. Ausnahmsweise. Normalerweise ist Melek nämlich das Kindermädchen meiner Nichte und meines Neffen.« Er streift mich mit einem kurzen Blick. Schmalzlocke mustert mich eifrig und lächelt mich breit
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