Geliebte Rebellin
die Augen. »Ich möchte bezweifeln, dass Ihnen die volle Bedeutung dieses Wortes heute schon bekannt ist, Sir.«
»Man hat mir gesagt, ich bewegte mich in ausgefahrenen Gleisen. Es wurde angedeutet, ich solle mein Leben etwas aufregender gestalten. Ich hoffe sehr, dass mir dieser Posten die Gelegenheit bieten wird, mein Leben um das Element der Spannung zu bereichern.«
Marcle riss besorgt die Augen auf. »Wollen Sie damit etwa sagen, dass Sie etwas Aufregendes suchen?«
»Ja, allerdings, Sir. Ein Mann meines Schlages bekommt im Normalfall nur sehr wenig von den spannenden Seiten des Lebens mit.« Baxter hoffte, dass er nicht zu dick auftrug. »Ich habe bisher immer ein ruhiges Leben geführt.«
Eigentlich müsste noch gesagt werden, dass er sein friedliches Dasein jeglicher Aufregung bei weitem vorzog. Dieser abscheuliche Auftrag, zu dessen Ausführung ihn seine Tante mit ihren flehentlichen Bitten überredet hatte, stellte für ihn eine unliebsame Störung dar, die ihn aus seinem ruhigen Alltagstrott herausriss.
Er hatte sich nur deshalb dazu beschwatzen lassen, weil er Rosalind sehr gut kannte. Sie besaß zwar einen Hang zum Dramatischen - nichts anderes bedauerte sie so sehr wie den Umstand, dass sie nie zur Bühne gegangen war -, doch sie neigte nicht zu dummen Hirngespinsten und fieberhaften Wahnvorstellungen.
Rosalind machte sich ernstliche Sorgen, was die näheren Begleitumstände der Ermordung ihrer Freundin Drusilla Heskett anging. Die Behörden hatten sich darauf versteift, die Frau sei von einem Einbrecher erschossen worden. Rosalind hegte jedoch den Verdacht, dass es sich bei der Mörderin um niemand anderen als Charlotte Arkendale handelte.
Baxter hatte eingewilligt, sich die Situation einmal näher anzusehen, um seiner Tante einen Gefallen zu tun.
Diskrete Nachforschungen hatten die Information ans Licht gebracht, dass die geheimnisvolle Miss Arkendale zufällig gerade einen neuen Sekretär einstellen wollte. Baxter hatte nicht lange gezögert und beschlossen, sich für den Posten zu bewerben.
Er war überzeugt, dass, wenn es ihm gelänge, durch seine Überredungskünste an diese Anstellung zu kommen, dann sei das für ihn der ideale Ausgangspunkt für weitere Nachforschungen. Mit etwas Glück würde er die ganze Angelegenheit innerhalb von kürzester Zeit geklärt haben und könnte sich dann wieder ungestört in sein ruhiges Laboratorium zurückziehen.
Marcle seufzte. »Es stimmt schon, dass die Arbeit für Miss Arkendale manchmal das Element der Spannung mit sich bringen kann, aber ich bin mir trotzdem nicht ganz sicher, ob es sich dabei um die Art von Spannung handelt, die Ihnen zusagen würde, Mr. St. Ives.«
»Darüber werde ich mir selbst ein Urteil bilden.«
»Glauben Sie mir, Sir, wenn Sie danach lechzen, etwas Aufregendes zu erleben, dann täten Sie besser daran, in eine Spielhölle zu gehen.«
»Ich habe keinen Spaß an Glücksspielen.«
Marcle schnitt eine Grimasse. »Ich versichere Ihnen, eine Spielhölle, in der es lebhaft zugeht, ist nicht annähernd so nervenaufreibend wie die Verwicklungen, auf die man sich einlässt, wenn man sich mit Miss Arkendales Angelegenheiten befasst«
Baxter hatte bisher noch nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen, Charlotte Arkendale könnte eine Anwärterin fürs Irrenhaus sein. »Sie halten sie für verrückt?«
»Wie viele Damen in Ihrem Bekanntenkreis haben Bedarf an einem Sekretär, der außerdem auch noch die Aufgaben eines Leibwächters zu übernehmen hat, Sir?«
Eine ausgezeichnete Frage, dachte Baxter kläglich. Die ganze Angelegenheit schien mit jeder Sekunde bizarrer zu werden. »Ich möchte mich trotz allem um den Posten bewerben. Die Gründe dafür, dass sie einen neuen Sekretär braucht, liegen auf der Hand. Schließlich gehen Sie in den Ruhestand, und Miss Arkendale braucht daher einen Ersatz für Sie. Aber vielleicht wären Sie so freundlich, mir zu erklären, warum Miss Arkendale so dringend einen Leibwächter benötigt?«
»Woher, zum Teufel, sollte ich die Antwort auf diese Frage kennen?« Marcle warf seinen Federhalter auf den Tisch. »Miss Arkendale ist eine sehr eigenartige Frau. Seit dem Tod von Lord Winterbourne, ihrem Stiefvater, habe ich als ihr Sekretär in ihren Diensten gestanden. Ich kann Ihnen versichern, dass diese letzten fünf Jahre die längsten fünf Jahre meines ganzen Lebens waren.«
Baxter musterte ihn neugierig. »Wenn Sie eine solche Abneigung gegen Ihren Posten gehabt haben, warum haben Sie dann
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