Geliebte Schwindlerin
über ihren Schultern.
Niemals durfte sie erfahren, welche Absicht ihn in jener Nacht in ihr Schlaf gemach geführt hatte. In ihrer Arglosigkeit hatte sie nicht im entferntesten an so etwas gedacht.
Insgeheim hatte er schon da geahnt, daß er sie nicht besitzen durfte, ohne daß sie seine Frau war und ihr eigenes Kind an die Brust drücken konnte.
Er trat ans Bett und stellte dabei fest, daß Minella befangen war, daß sie ängstlich vermied, ihm in die Augen zu sehen und bei seinem Erscheinen errötend die Lider gesenkt hatte.
„Ich habe ein Keilkissen in die Mitte gelegt“, sagte sie stockend, „wie sie es in Schweden auch machen. Das ist vielleicht angenehmer für dich.“
Ein Lächeln zuckte um seine Lippen, aber er sagte nichts, sondern setzte sich auf die Bettkante und griff nach ihrer Hand.
„Du weißt, wie sehr ich dich liebe, und eines Tages werde ich dich ganz besitzen dürfen. Das wird für uns beide die Vollendung sein, etwas Heiliges, an das wir uns ein Leben lang erinnern werden.“
Er sagte das in feierlichem Ernst und spürte, wie sich der Druck ihrer Finger verstärkte.
„Ich … ich fürchte“, sagte sie, „ich bin sehr unerfahren auf diesem Gebiet, denn Mama hat mich nie aufgeklärt, aber wenn es so berauschend ist wie deine Küsse es sind, dann muß es die herrlichste Gabe sein, die der liebe Gott uns geschenkt hat.“
„So ist es“, sagte der Graf, „und nun gute Nacht, mein Liebling. Träum schön von mir.“
„Es wird einfach unmöglich sein, es nicht zu tun“, erwiderte sie mit glücklichem Lachen.
Er küßte ihre Hand, ging dann um das Bett herum und nahm die Lampe mit. Als er sich auf die Decken legte, spürte er das Keilkissen, das Minella in die Mitte geschoben hatte. Er deckte sich mit dem Federbett und einer zusätzlichen Wolldecke zu.
„Ist es auch warm genug für dich?“ fragte Minella besorgt.
Der Graf, der den Morgenrock nicht abgelegt hatte, erwiderte: „Mach dir um mich keine Sorgen. Bei der Armee haben wir oft auf dem Fußboden geschlafen, was ich morgen auch tun werde, falls du meine Gegenwart in deinem Bett lästig findest.“
„Es ist schön, dich bei mir zu haben“, sagte Minella. „Ich fühle mich in deiner Nähe so sicher und kein bißchen nervös. Und ich habe auch keine Angst mehr, irgend etwas falsch zu machen, was dich erzürnen könnte.“
„Dir könnte ich nie böse sein“, entgegnete der Graf.
„Nellie sagte, du seist ihr manchmal direkt unheimlich, und ähnlich habe ich auch empfunden, als ich dich das erste Mal sah.“
„Und jetzt?“ fragte der Graf, der das Licht gelöscht hatte.
„Ich finde dich einfach wundervoll! Ich werde Gott dafür danken, daß du mir deine Liebe geschenkt hast.“
„Dann solltest du sofort einschlafen“, sagte der Graf leise. „Gute Nacht, mein Liebling.“
„Gute Nacht“, sagte Minella verträumt. Sie begann zu beten, schlief darüber aber vor Müdigkeit ein.
Der Graf lag noch lange neben ihr wach und lauschte ihren leisen Atemzügen.
Obwohl er sich dessen nicht würdig fühlte, glaubte er, durch Gottes Gnade ein Geschenk des Himmels empfangen zu haben.
7
Als sie den Golf von Biskaya erreichten, begann das Schiff zu rollen und zu stampfen, und Minella war froh, in der Nacht den Grafen an ihrer Seite zu wissen.
Ihr war aufgefallen, daß er sie, wenn sie nebeneinander im Bett lagen, nicht mehr anrührte und ihr auch vorher, wenn sie sich eine gute Nacht wünschten, nur die Hand küßte.
Sie verstand seine Zurückhaltung nicht und deutete sie als Zeichen seiner Ehrerbietung seiner zukünftigen Gemahlin gegenüber.
Da sie ihn jedoch mit jedem Augenblick ihres Zusammenseins lieber gewann, sehnte sie sich nach seinen Küssen. Sobald sie im Salon allein waren, schmiegte sie sich in seine Arme und gab sich dem berauschenden Gefühl seiner erregenden Nähe und seinen heißen Küssen hin.
Die heftige Bewegung des Schiffes, wobei der ganze Rumpf zu erzittern schien, die immer stürmischer werdende See, all das ängstigte Minella, obwohl sie zum Glück nicht seekrank wurde.
Bei der Überquerung des Ärmelkanals war das Meer ganz ruhig gewesen, doch bereits am heutigen Abend hatte sie während des Diners mit dem Kapitän und einigen Schiffsoffizieren bemerkt, daß der Wind an Stärke zunahm.
„Sind Sie seefest, Mylady?“ hatte der Kapitän sich erkundigt.
„Das hoffe ich“, erwiderte Minella, „denn es ist meine erste Seefahrt.“
„Dann müssen wir uns alle Mühe geben zu
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