Geliebte Schwindlerin
könnten deine Gebete unerhört verhallen!“ sagte der Graf bewegt.
Hastig wischte Minella sich die Tränen ab und sah auch schon den Union Jack vor sich am Gebäude des britischen Konsulats, auf das die Kutschpferde zutrabten.
Später an diesem Abend lag Minella in ihrer Betthälfte und hatte auf dem Nachttisch neben sich ein Licht brennen, als der Graf wie schon am Abend zuvor die Kabine betrat, sich zu ihr auf die Bettkante setzte und ihre Hand nahm.
Als sie ihn im milden Licht der Kerze betrachtete, war sie sicher, noch nie einen glücklicheren Mann gesehen zu haben als ihn in diesem Augenblick, und außerdem spürte sie seine beunruhigende männliche Ausstrahlung so stark wie nie zuvor.
Weil ihr bewußt war, daß an diesem Abend alles anders sein würde, schoß ihr brennende Röte in die Wangen.
Sie war sehr befangen gewesen, als sie aufs Schiff zurückgekehrt waren und der Graf sie allein gelassen hatte, um mit dem Kapitän zu reden.
Er war ziemlich lange weg gewesen, und Minella war unruhig in der Kabine auf und ab gegangen, hatte gespürt, wie das Schiff mit stampfenden Motoren ausgelaufen war und Kurs nach Ägypten nahm.
Sie hatte das Kleid, das sie an Land getragen hatte, gegen eine entzückende Robe ausgetauscht, die zweifellos zu Lady Sybils schönsten Kleidern gehörte.
Es war ein Traum aus Chiffon mit zarten, die Knöchel umspielenden Volants und einem engsitzenden Mieder, das ihre schmale Taille reizvoll zur Geltung brachte. Die weiße Farbe hielt sie für dem Ereignis angemessen.
Farbtupfer bildeten eine rosa Schärpe und die rosa Rosen und die sternförmigen Orchideen, die der Graf körbeweise an Bord bringen ließ.
„Du trugst Orchideen im Haar, als ich dich das erste Mal sah“, sagte er. „Sie blinkten wie Sterne in deinem Haar und schienen dich in ein überirdisches Licht zu tauchen, das mich verzauberte.“
Um ihm eine Freude zu machen, nahm Minella einige Orchideen als Bukett in die Hand und befestigte ein Sträußchen rosa Rosen an der Taille ihres Kleides.
Als der Graf zusammen mit dem Kapitän die Kabine betrat, las sie von seinen aufleuchtenden Augen ab, wie sehr er sie liebte.
Ihr war nicht bewußt, daß ihr eigenes Gesicht vor Glück strahlte und das Jauchzen in ihrer Seele widerspiegelte.
Der Kapitän schloß die Tür sorgfältig hinter sich, bevor er in feierlichem Ernst erklärte: „Seine Lordschaft hat mich von Ihrem Mißgeschick unterrichtet, Mylady, und ich rechne es mir zur Ehre an, Ihnen dienlich sein zu können.“
„Danke, das … das ist sehr freundlich von Ihnen, Käpt’n“, stieß Minella hervor.
„Darf ich Ihnen versichern, daß es mir eine Ehre und besondere Auszeichnung ist, die Trauung vornehmen zu dürfen“, fuhr der Kapitän fort, „und Sie können versichert sein, daß ich kein Sterbenswort darüber verlauten lassen werde, es sei denn, es ist aus rechtlichen Gründen erforderlich.“
„Meine Frau dankt Ihnen ebenso herzlich dafür wie ich, Käpt’n, daß Sie uns aus der Verlegenheit helfen wollen“, sagte der Graf, „denn das, was wir auf dem britischen Konsulat erfahren mußten, hat sie doch ziemlich schockiert.“
„Das verstehe ich nur zu gut“, versicherte der Kapitän. „Wenn Sie jetzt bitte beide vor mich hintreten wollen, kann ich Sie beide kraft meines Amtes rechtmäßig miteinander vermählen.“
Er öffnete die Bibel, die er in der Hand hielt, und sprach die Trauungsformel.
Der Graf hielt Minellas Hand, als sie ihren Willen bekräftigten, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Als er ihr den Ehering an den Finger steckte, hatte sie das Gefühl, ein himmlischer Chor stimme ein jubelndes Halleluja an.
Sie war sicher, daß ihr Vater bei ihr war und sie ihrem Mann übergab, wie er es getan hätte, wenn er noch leben würde.
Sie spürte seine Nähe so deutlich wie die des Grafen und wußte, daß er ihr auch bei zukünftigen Schwierigkeiten und Sorgen zur Seite stehen und sie beschützen würde.
„Kraft meines Amtes als Kapitän des Schiffes Victorious im Dienste Ihrer Majestät, der Königin Viktoria, erkläre ich Sie für Mann und Frau“, verkündete der Kapitän, als die Trauungszeremonie beendet war. „Gottes Segen für Ihren Bund fürs Leben.“
Es herrschte eine Weile feierliche Stille, als er sein Gebetbuch zugeklappt hatte. Dann sagte der Graf ernst: „Danke. Meine Frau und ich sind Ihnen außerordentlich dankbar.“
„Ich finde, Mylord“, sagte der Kapitän, „das muß gefeiert werden. Ich habe bereits eine
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