Geliebte Schwindlerin
dem Finger hob er ihr Kinn an und zwang sie, ihn anzusehen.
„Willst du mich heiraten, sobald ich von meiner Frau geschieden bin?“
Das Strahlen ihrer Augen, das sich über ihr ganzes Gesicht auszubreiten schien, verriet ihm mehr als Worte.
„Bist du ganz sicher“, begann sie zögernd, „daß du mich tatsächlich zur Frau willst und nicht zur … zu dem, was du vorgeschlagen hast?“
„Du hast es dir selbst zuzuschreiben, daß ich dich mit einem solchen Ansinnen beleidigt habe“, sagte er ernst. „Wie du jetzt weißt, war es bei mir Liebe auf den ersten Blick, die sich mit jeder Minute unseres Zusammenseins verstärkte. Doch hielt ich es für unmöglich, mein Liebling, eine Schauspielerin zu heiraten, außerdem kannst du dir sicher vorstellen, daß ich panische Angst davor hatte, einen zweiten Mißgriff zu begehen.“
„Wäre eine Heirat mit mir ein Mißgriff?“
Der Graf lächelte. „Ich habe gegen meine Liebe zu dir angekämpft“, fuhr er fort, „gegen meinen Instinkt, der mir bedeutete, daß du rein und unschuldig seist und nicht das, was du zu sein vorgabst.“
„Und jetzt?“
„Jetzt weiß ich, daß du die Frau bist, nach der ich mein Leben lang gesucht habe, um immer wieder verletzt, verraten und enttäuscht zu werden.“ Seine Stimme klang plötzlich hart, und sein düsterer Augenausdruck erschreckte Minella.
„Bitte, zweifle nicht an meiner Aufrichtigkeit“, bat sie ihn, „ich schwöre, daß ich dich niemals täuschen oder verletzen werde. Ich habe vielmehr den Wunsch, dich zu beschützen.“
Seine Lippen waren ihr ganz nahe, als er lächelnd bemerkte: „Ich dachte, das wäre eigentlich meine Aufgabe!“
„Vielleicht will jeder den Menschen, den er liebt, vor allen Widrigkeiten des Lebens schützen und verhindern, daß er körperlich oder seelisch verletzt wird.“
„Mein Gott, wie sehr ich dich liebe!“
Dann küßte er sie wieder, leidenschaftlich und mit verzehrender Glut, daß sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte und nur noch spürte, wie beglückend die strahlende Kraft war, die sie miteinander verband.
Sie waren einander schon so nahe, daß selbst das Sakrament der Ehe keine Steigerung mehr bringen konnte.
Lange Zeit später stellte der Graf zärtlich fest: „Du bist sicher müde, mein Liebling, und möchtest zu Bett gehen.“
Sie blickte fragend zu ihm auf, und er fuhr fort: „Du weißt, daß ich nichts tun würde, was dich kränken könnte, und wenn es mir noch so schwerfällt. Wir müssen warten, bis ich frei bin und wir heiraten können, um uns zu lieben, wie ich es mir ersehne.“
Minella seufzte vor Glück und lehnte den Kopf an seine Schulter, während er seinen Überlegungen Ausdruck verlieh:
„Es wäre sehr peinlich, den Kapitän um eine zweite Kabine bitten zu müssen, zumal er bereits erwähnte, daß das Schiff vollbesetzt ist. Ich kann bequem hier in den Sesseln schlafen und morgens vor Hayes’ Erscheinen in die Schlafkabine kommen.“
Minella blickte abschätzend auf die beiden Sessel, die man nicht aneinanderrücken konnte, damit Platz für seine langen Beine war, und sagte dann zögernd: „Ich hätte einen Vorschlag, der dich möglicherweise aber schockieren wird.“
„Nichts, was du sagst, mein Liebling, könnte mich schockieren“, versicherte er ihr lächelnd. „Ich lausche!“
„Papa hat mir einmal von einer eigenartigen Sitte in Schweden erzählt, die sie ‚Kuscheln’ nennen. Wenn es sehr kalt ist, dürfen sich verlobte Paare nebeneinander ins Bett legen, miteinander sprechen, aber sich auf keinen Fall … berühren.“
„Schlägst du etwa vor, wir sollen das nachmachen?“
„Wenn ich unter die Bettdecke krieche“, sagte Minella stockend, „und du dich auf die Decke legst und mit einem Federbett zudeckst oder einigen Wolldecken, die dich wärmen …“ Sie unterbrach sich errötend. „Vielleicht“, fuhr sie befangen fort, „hältst du meinen Vorschlag für unschicklich … aber ich möchte, daß du bequem schläfst.“
„Ich bete dich an“, sagte der Graf inbrünstig, „und ich liebe dich um so mehr, weil du soviel Sinn fürs Praktische hast und dir Sorgen um mein Wohlergehen machst.“
Sie blickte so ängstlich und forschend in sein Gesicht, weil sie fürchtete, er werde ihren Vorschlag doch insgeheim mißbilligen, daß er sie wieder und wieder küssen mußte, bis die Gefühle, die seine heißen Küsse in ihr weckten, all ihre Bedenken auslöschten.
Dann zog er sie aus dem Sessel hoch. „Geh jetzt“, bat er
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