Geliebte Suenderin
Kugel, um ihn zu töten.«
»Ja«, stimmte John zu und nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche Rum, die Will ihm gereicht hatte. »Eher eine Kano-nenkugel, was, Will?«
»Mehr als eine«, lachte Will.
»Ich wünschte, ihr würdet mit eurer Scherzerei aufhören«, sagte Sabrina besorgt.
»Wie ich schon sagte, Charlie: Mam wird sich um ihn kümmern, die einzige Sorge, die wir haben, ist, wie wir diese Guineen ausgeben sollen.«
Sabrina hörte ihm gar nicht zu. »Das ist das erste Mal, daß jemand auf uns geschossen hat. John hätte tot sein können!« rief sie.
Will rieb sich mit seinem großen Daumen die Nase. »Hab’ ja gesagt, daß ich diesem narbengesichtigen Herrn nicht traue.
Mußte ja seine Kutsche sein, die wir überfallen. Seine Blicke waren wie Dolche.«
»Ich hab’ ‘ne richtige Gänsehaut gekriegt«, lallte John. Der Rum zeigte schon seine Wirkung.
»Der dürstet nach Rache, Charlie. Und wenn er Sie mal in seiner Gewalt hat, dann geht’s Auge um Auge«, warnte Will.
»Sie hätten ihn nicht schlagen sollen.«
»Apropos Rechnungen, die zu begleichen sind«, versprach Sabrina mit einem Blick auf Johns Schulterwunde. »Ich habe eine mit unserem narbengesichtigen Freund zu begleichen.«
»Immer sachte, Charlie«, flehte Will sie an. »Er ist anders.
Wenn der uns in die Finger kriegen sollte, also, ich bin ja wirklich groß, aber sein Blick hat mir Kälteschauer über den Rücken gejagt.«
»Glaubt ihr etwa, ich habe Angst vor diesem Stadtschnösel?«
fragte Sabrina wütend.
»Sie sollten Angst haben, Charlie«, sagte Will ruhig.
Sabrina schob ihre Unterlippe vor, stemmte die Hände in die Hüften und schwor kampflustig: »Ich weiß nicht, wer er ist oder warum er hier ist, aber er wird bald wünschen, er hätte mich nie gesehen, und er wird es noch bereuen, ehe ich ihn ins Grab befördere.«
Will sah den kleinen Hitzkopf an, der die treibende Kraft hinter ihren Abenteuern war, und schüttelte traurig den Kopf.
Sie hatten sie in den letzten Jahren liebgewonnen, bewunderten ihren Mut, aber sie war eine zähe, sehr entschlossene kleine Lady, die stur ihren Willen durchsetzte, und er befürchtete, daß das ihr Untergang sein würde. Er hatte das Gefühl, auf einem Pulverfaß zu sitzen, während Charlie herumlief und Funken sprühte, ohne jede Angst vor irgend etwas oder irgend jemand.
Er schüttelte resigniert seinen strohgelben Schopf. Sie würden sicher noch am Galgen enden.
Es ist ein doppeltes Vergnügen,
den Täuscher zu täuschen.
Jean de la Fontaine
KAPITEL 4
Sabrina kletterte aus ihrem Einspänner. Jeder Beobachter könnte meinen, daß sie die gute Fee für weniger vom Glück gesegnete Nachbarn spielte, mit ihrem Korb voller hausgemachter Lecke-reien, vielleicht auch Brot und Suppe für den kranken Taylor-Sohn, der sich beim Holzhacken an der Schulter verletzt hatte.
Sabrina klopfte mehrmals an der Haustür und wartete in der schwülen, nach Lavendel und Kräuter duftenden Nachmittags-luft auf Einlaß. Stiefmütterchen mit traurigen Gesichtern schauten sie aus den Blumenbeeten an, und der laute Gesang einer Drossel ertönte von einem Kastanienbaum.
»Ah, Lady Sabrina, kommen Sie herein«, begrüßte sie Mrs.
Taylor und führte sie durch das kleine Bauernhaus. »Es macht Ihnen doch nichts aus, in die Küche zu kommen? Ich habe Brot im Ofen, und wenn ich nicht dabei bin, brennt es mir womöglich an.«
»Natürlich nicht. Ich mag die Küche am liebsten. Da ist es immer schön warm, und es riecht so gut.«
Mrs. Taylor lächelte. »Sie und die Jungs, ihr werdet nie erwachsen. Sie hoffen wohl auf ein Stück frisches Brot mit Butter, nicht wahr?« Sie lächelte fröhlich und zog einen Korbstuhl für Sabrina heraus.
Die große Küche des Bauernhauses war erfüllt vom Aroma frischen Brotes, das im Backsteinofen über dem Kamin gebacken wurde.
»Wie geht es John?« fragte Sabrina.
»Nun, er hat noch ein bißchen Fieber, aber das war nicht anders zu erwarten. Ich habe ihm Salbe auf die Wunde getan und sorge dafür, daß er viel Ruhe hat. So schnell kann man gar nicht schauen, wie der wieder gesund sein wird«, erwiderte Mrs. Taylor beschwichtigend. »Wie wär’s denn mit einer Tasse Kaffee?
Ich hab’ grade einen frischen gebrüht.«
»Ich hatte gehofft, daß Sie mir einen anbieten«, gab Sabrina zu.
»Der Duft ist so verlockend, er ist sicher frisch gemahlen, die Mühle riecht ja noch ganz stark.«
»Ihnen entgeht nicht viel, Lady Sabrina«, strahlte Mrs.
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