Geliebte Suenderin
ihr. »Zu eng? Ich wünschte, die Contessa würde sich mit ihrer Toilette beeilen, so daß die Zofen uns auch helfen können. Ich fürchte, ich kann das nicht so gut«, entschuldigte sich Mary.
»Du machst das wunderbar, Mary. So, jetzt hilf mir mit dem Reifrock.« Mary hielt den Reifrock, so daß Sabrina hineinsteigen konnte. Es folgte ein schwarzer Unterrock, dessen feine Seide mit Silberfäden durchwirkt war, darüber kam ein weißes Satin-kleid mit schwarzer und silberner Stickerei, schwarzen Spitzenrüschen an den Ellbogen, vorne geöffnet, damit der Unterrock zu sehen war.
»Exquisit, Sabrina«, sagte Mary andächtig, während Sabrina sich weiße, silberbestickte Seidenschuhe mit hohen, schmalen Absätzen anzog.
»Ziemlich auffällig«, erwiderte Sabrina amüsiert, »aber das ist ja wohl im Sinne des Marquis.« Sie befestigte eiskalte Diaman-tentropfen an ihren Ohren und legte eine Kette mit Diamant-anhänger an.
»Du zuerst«, sagte sie zu Mary und zeigte auf die kleinen Samtpflästerchen in der Schachtel vor sich. Mary klebte sich ein kleines schwarzes Samtfleckchen auf die Wange und prüfte den Effekt im Spiegel.
»Irgendwie bin ich das nicht, glaube ich«, sagte sie, nahm es lachend wieder ab und beließ ihre Wangen einfach glatt und rosa.
Ihr Kleid aus weißem Seidendamast, über und über mit Blumen und Vögeln bestickt, raschelte, als sie sich vom Spiegel abwandte.
Sabrina nahm ein kleines, herzförmiges Schönheitspflästerchen und plazierte es vorsichtig neben dem Mundwinkel, dann nahm sie ein kleines Tröpfchen mit Rouge und rötete sich die Lippen. Eine Fremde schaute sie mit einem Mal aus dem Spiegel an. Ihr schwarzes Haar war unter einer dicken weißen Puder-schicht verschwunden, und darauf funkelte ein Zweig mit Diamanten, wenn sie den Kopf bewegte.
»Du siehst wunderschön aus, Rina«, sagte Mary. Sie selbst hatte ihr rotes Haar auch weiß gepudert und mit goldenen Haar-nadeln hochgesteckt. Um den Hals trug sie ein kleines, goldenes Medaillon mit den dazu passenden Ohrringen, und um die Taille hatte sie einen Gürtel, der von einer goldenen Spange mit Perlen gehalten wurde. »Es war nett von der Contessa, dir ein paar von ihren Diamanten zu leihen«, sagte Mary.
»Nett?« erwiderte Sabrina zweifelnd, dann erhob sie sich, streifte ihre nach Moschus duftenden, langen Handschuhe über, nahm ihren Fächer und ihr Täschchen und wandte sich zu Mary.
»Gehen wir?«
Der Marquis und die Contessa erwarteten sie im Salon. Der Marquis trug einen cremefarbenen, bordeauxrot bestickten Sei-denanzug, und die Contessa glänzte in burgunderrotem Damast, mit einem Collier aus blutroten Rubinen um den Hals.
»Belle«, flüsterte die Contessa. Sie war von den beiden Schwe-stern hingerissen, und ihre Augen strahlten vor Freude über das Ergebnis ihrer Arbeit.
»Mein Gott, ich hatte keine Ahnung, daß der Kontrast zwischen euch beiden so eklatant ist«, sagte der Marquis und klatschte begeistert in die Hände. Alle Ungeduld war angesichts seiner beiden bildschönen Töchter vergessen. »Das ist wunderbar. Ich bin äußerst zufrieden, aber jetzt werdet ihr, um die Sache etwas geheimnisvoller zu gestalten, diese Masken anlegen«, sagte er und reichte ihnen schwarzsamtene Halbmasken. »Sie sind ganz en vogue.«
Sabrina band ihre um, sah in den Spiegel und fing an zu lachen.
Sie drehte sich zu Mary, die zuerst erschrak, aber dann auch lachen mußte.
Der Marquis runzelte drohend die Stirn. »Was ist denn daran so komisch?« fragte er verärgert.
»Ich hab’ mich immer gefragt, was für ein Gefühl das ist, Rina«, sagte Mary, nervös kichernd.
»Welche Ironie, daß ich zu meinem ersten Ball mit einer Maske gehe«, kicherte Sabrina und rückte die Maske auf ihrer kleinen Nase zurecht.
»Ich will verdammt sein, wenn ich weiß, was ihr zwei da redet«, schimpfte der Marquis. Die Contessa schwieg, starrte aber Sabrinas maskiertes Gesicht sehr nachdenklich an.
»Da ist irgendwie so etwas Vertrautes ...«, sagte sie leise, mit verwundertem Gesicht.
»Kommt, wir müssen los«, unterbrach der Marquis. »Hier, die sind grade von der Schneiderin angekommen.« Er reichte ihnen einen Schal, um ihre Schultern zu bedecken; Marys war aus weißem Samt und Sabrinas aus hauchdünner Gaze, der wie eine silberne Wolke um ihrer Schulter lag.
Sie fuhren schweigend durch Londons Straßen, das Rattern der Räder auf den Pflastersteinen war das einzige Geräusch auf ihrem Weg zum Berkeley Square, bis der Lärm anderer
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