Geliebter Barbar
gelebt?« Er sah sie verwirrt an. »Drei Jahre«, gab er zur Antwort. »Er kam hierher, als seine Frau starb. Judith, die Kiste wird langsam schwer. Laßt mich vorbei.«
Er setzte sich in Bewegung, und sie hastete hinter ihm her. Sie überholte ihn, erreichte die Tür vor ihm und preßte sich mit dem Rücken dagegen, die Arme weit ausgebreitet. »Ich lasse Euch nicht gehen, Graham.«
Er war erstaunt über ihre Dreistigkeit. »Warum nicht?« verlangte er zu wissen.
Er klang verärgert, aber sie glaubte nicht, daß er es wirklich war. »Warum?« fragte sie.
»Ja, warum?« wiederholte er.
Gott mochte ihr helfen, aber ihr fiel einfach kein einziges logisches Argument ein. Also mußten es unlogische tun.
»Weil Ihr dann meine Gefühle verletzt.« Judith spürte, wie sie rot wurde. Sie fühlte sich wie eine Närrin. »Aye, das werdet Ihr«, bekräftigte sie mit einem Nicken.
»Was in Gottes Namen tut Ihr da, Judith?« rief Brodick vom Treppenabsatz herab. Judith bewegte sich nicht von der Tür weg, als sie hochschaute. Gelfrid und Brodick standen nebeneinander und starrten auf sie herunter.
»Ich lasse Gelfrid und Graham nicht gehen«, rief sie zurück. »Iain hat mich behalten, und ich behalte sie.«
Es war eine anmaßende und großspurige Behauptung, und der Effekt war sofort zerstört, als Iain die Türen von außen öffnete. Judith fiel nach hintenüber, und Iain konnte sie gerade noch auffangen. Gleichzeitig ließ Graham das Kästchen fallen und griff ebenfalls nach ihr. Plötzlich fand sie sich eingekeilt zwischen den beiden Männern wieder und wurde über ihre eigene Ungeschicktheit feuerrot.
»Judith, was machst du?« fragte Iain.
Lächerlich machte sie sich, aber das würde sie ihm natürlich nicht sagen. Im übrigen war sie ziemlich sicher, daß es ihm bereits aufgefallen war.
»Ich versuche Graham zu überreden«, erklärte sie. »Er und Gelfrid wollen ausziehen.«
»Sie läßt sie nicht!« rief Brodick.
Iain drückte Judiths Hand. »Wenn sie gehen möchten, solltest du nicht eingreifen«, sagte er.
»Willst du denn, daß sie gehen?« fragte sie.
Sie wandte den Kopf, um ihn anzusehen, und wartete auf seine Antwort. Er schüttelte den Kopf.
Judith lächelte. Dann drehte sie sich wieder zu Graham um.
»Ihr wart sehr grob, Graham.«
Er lächelte, aber Iain war entsetzt. »Du kannst nicht so mit einem Ratsmitglied sprechen«, schimpfte er.
»Und ich sollte ihre Gefühle nicht verletzen«, warf Graham mit einem Nicken ein. »Wenn es wichtig für Euch ist, Frau, dann werden Gelfrid und ich wohl bleiben.«
»Danke.«
Gelfrid war die Treppen hinuntergeeilt. Er wirkte ungemein erleichtert, versuchte aber dennoch, ihr einen finsteren Blick zuzuwerfen. Dabei versagte er jämmerlich, weil es ihm nicht gelingen wollte.
»Wir werden uns bestimmt streiten«, verkündete er.
Judith nickte. »Ja«, antwortete sie einfach.
»Ihr werdet nicht jedesmal auf meinem Rücken herumklopfen, wenn mich etwas im Hals kitzelt?«
»Nein.«
Er grunzte. »So sei es. Brodick, bring meine Sachen zurück. Ich bleibe.«
Gelfrid eilte wieder die Treppen hinauf. »Paß auf, was du tust, Junge. Ich will nicht, daß etwas fällt und kaputtgeht wie das da.« Er wies auf Grahams Kästchen, das auf dem Boden lag.
Iain wollte gerade die kleine Truhe des Älteren aufheben, als Graham seine Hand wegschob. »Ich bin noch nicht zu alt, um so etwas selbst zu erledigen«, erklärte er. Dann wurde seine Stimme weicher. »Sohn, deine Frau ist ein wenig aufbrausend. Sie hat sich gegen die Türen geworfen und solch einen Aufstand gemacht, daß Gelfrid und ich einlenken mußten.«
Endlich verstand Iain, was genau passiert war. »Ich schätze eure Bereitschaft einzulenken«, sagte er ernsthaft. »Judiths Anpassung an unser Leben wird sicher seine Zeit brauchen, und ich bin froh, wenn mich jemand dabei unterstützt.«
Graham nickte. »Sie ist herrschsüchtig.«
»Aye, das ist sie.«
»Gelfrid und ich können daran arbeiten.«
»Und ich auch«, sagte Iain.
Graham ging wieder auf die Treppen zu. »Ich weiß allerdings nicht, was du gegen ihre zarten Gefühle tun kannst. Ich glaube nicht, daß irgendeiner von uns daran arbeiten könnte.«
Judith stand neben Iain und sah Graham nach, bis dieser um die Ecke verschwunden war. Sie wußte, daß ihr Mann sie beobachtete. Nun war es wohl angebracht, ihm eine Erklärung für ihr seltsames Verhalten zu liefern.
Sie ergriff seine Hand und sah zu ihm hoch. »Es ist genauso ihr Zuhause wie
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