Geliebter Barbar
schüttelte den Kopf. »Ich habe zuviel von Winslows Mahlzeit gegessen«, flüsterte sie zurück. »Sie schmeckte furchtbar, aber ich hatte großen Hunger. Ich wünschte, er ließe mich aufstehen. Warum bist du hier?«
»Um dir Neuigkeiten von deinen Eltern zu berichten.«
»Nein, ich meine, warum du hier in den Highlands bist«, wollte Isabelle wissen.
»Meine Freundin, Frances Catherine, bat mich zu kommen«, erwiderte Judith. »Warum flüsterst du?«
Die hübsche Frau lächelte. Doch dann machte Winslow unabsichtlich ihre aufkommende gute Laune zunichte.
Iain hatte die Tür geöffnet, und Winslow trug den Gebärstuhl nach draußen. Isabelles Augen schwammen augenblicklich wieder in Tränen. Sie wartete, bis Iain die Tür hinter sich zugezogen hatte und fragte dann: »Frances Catherine hat auch Angst, nicht wahr?«
»Isabelle, jede Frau wird ein bißchen ängstlich, wenn die Geburt bevorsteht. Macht der Stuhl dir Sorgen?«
Isabelle nickte. »Ich benutze ihn bestimmt nicht.«
Sie erregte sich genauso, wie Frances Catherine es getan hatte, als sie von der vorstehenden Geburt erzählte. Judith kannte Isabelle kaum, sie tat ihr aber schon innig leid. Ihre Panik war offensichtlich.
»Der Stuhl ist kein Folterinstrument. Maude hat mir gesagt, daß gebärende Frauen sich glücklich schätzen können, es so bequem zu haben. Sei froh, daß es hier einen gibt.«
»Bequem?«
»Ja«, gab Judith zurück. »Maude sagt, der Stuhl ist so konstruiert, daß Beine und Rücken der Frauen bestens gestützt sind.«
»Wer ist Maude?«
»Eine Hebamme«, antwortete Judith.
»Was hat sie denn noch gesagt?« fragte Isabelle und hörte auf, den Zipfel der Decke zu verdrehen.
»Maude lebte für gut sechs Wochen bei uns«, erzählte Judith. »Sie hat mir viele gute Ratschläge für Frances Catherine mitgegeben.«
Das Durcheinander in der Hütte machte Judith unruhig, und so faltete sie die Kleidungsstücke zusammen und stapelte sie am Fußende des Bettes, während sie Isabelle von Maude erzählte. »Du solltest aufstehen und dich bewegen«, sagte Judith, als sie sich der Unordnung auf dem Tisch zuwandte. »Frische Luft und lange Spaziergänge sind mindestens genauso wichtig wie die innere Ruhe.«
»Winslow hat Angst, daß ich fallen könnte«, warf Isabelle ein.
»Dann bitte ihn doch, dich zu begleiten«, schlug Judith vor. »Die ganze Zeit in einem Haus eingepfercht zu sein würde mich wahnsinnig machen, Isabelle.«
Der Klang von Isabelle Lachen füllte den Raum. »Es macht mich ja wahnsinnig«, gab sie zu. Sie schlug die Decken zurück und schwang ihre Beine aus dem Bett.
»Bist du in England eine Hebamme?«
»Herr im Himmel, nein«, wehrte Judith ab. »Ich bin nicht einmal verheiratet. Ich wollte nur soviel Wissen wie möglich von erfahrenen Hebammen sammeln, daß ich meiner Freundin Frances Catherine helfen kann.«
»Willst du damit sagen, daß in England eine unverheiratete Frau offen über solche Dinge reden darf?« Isabelle klang so erstaunt, daß Judith lachen mußte. »Nay, überhaupt nicht, und meine Mutter wäre entsetzt, wenn sie gewußt hätte, was ich lernte.«
»Hätte sie dich bestraft?«
»Ja, natürlich!«
»Du hast das Risiko für deine Freundin auf dich genommen?«
»Sie hätte dasselbe für mich getan«, antwortete Judith.
Isabelle starrte Judith einen langen Moment an, dann nickte sie bedächtig. »Ich kenne solche Freundschaften zwischen Frauen nicht, aber ich beneide dich darum. Du nimmst ein Risiko auf dich und sagst mir, sie täte dasselbe für dich … Ja, ich beneide eine solche Treue wirklich.«
»Hattest du keine Freundinnen, als du klein warst?«
»Nur Verwandte«, antwortete Isabelle. »Und natürlich meine Mutter. Als ich älter war und ihr eine Hilfe sein konnte, war sie manchmal wie eine Freundin zu mir.«
Isabelle stand auf und griff nach ihrem Plaid. Sie war gut einen Kopf kleiner als Judith, aber ihre Körpermitte schien den doppelten Umfang zu haben.
»Hast du hier Freunde?«
»Winslow ist mein liebster Freund«, antwortete Isabelle. »Die Frauen sind nett zu mir, aber wir haben alle sehr viel mit unseren Pflichten zu tun, und es ist wenig Zeit, sich zu treffen und zu plaudern.«
Judith beobachtete erstaunt, wie die Frau geschickt den langen Stoffstreifen wieder und wieder um ihre Körper wand. Als sie fertig war, trug sie das Plaid vom Hals bis zu den Knöcheln, und exakte Falten öffneten sich über ihrem großen Bauch.
»Es tut gut, mit dir zu reden«, sagte Isabelle
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